Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
die gesamten Besonderheiten des Cortanenschen Haushalts. Noch bevor sie ihr Mahl verzehrt hatte - das beste Essen seit Wochen -, erzählte er ihr alles über Wilem, Crisabelle und Mahina sowie sämtliche sonstigen Personen der Bannschaft, die er als erwähnenswert erachtete.
»Sicherlich bezweifle ich nicht, dass der Feldhauptmann sie einst geliebt hat«, beteuerte Teggert nach vielfältig verschlungenen Darlegungen. »Aber was man an einem jungen Mädel als köstlich genießt, empfindet man bei einer Frau über vierzig bloß noch als peinlich.«
»Ich verstehe vollkommen, was Ihr meint, Meister«, sagte R'shiel, der es angeraten schien, den Mann nicht zu verstimmen, der in den vielen künftigen Monaten die Verantwortung für ihre Ernährung tragen sollte.
»Gewiss, der arme Feldhauptmann weiß, dass sie sich von der Ehe mehr versprochen hat«, erklärte Teggert. »Immerhin ist's ja so, dass für eine Frau, die nicht der Schwesternschaft angehört oder eigenes Vermögen besitzt, die Verheiratung mit einem Ranginhaber des Hüter-Heers als überaus vorteilhafte Bindung gelten darf. Der Haken an der Sache ist jedoch, dass Crisabelle stets nur die schmucken Waffenröcke, die stolzen Aufmärsehe und farbenfrohen Fahnen gesehen hatte. Glaub mir, jahrelang in Grimmfelden zu hausen, das war keinesfalls ihr Streben. Selbst L'rin, die Gastwirtin, steht hier im Kaff allgemein in höherem Ansehen als Crisabelle.«
Während des Plauderns entnahm Teggert dem Backofen den für die Abendmahlzeit bestimmten Braten, bei dessen Duft R'shiel das Wasser im Mund zusammenlief. Wohl darüber froh, eine neue Zuhörerin zu haben, setzte er das Erzählen munter fort und begoss unterdessen den Braten mit Fett. »Durch Schwester Mahina wird alles noch ärger«, klagte er. »Der Ruhestand bekommt ihr nicht im Mindesten, und dass ihre Schwiegertochter ihr schlicht und einfach ein Gräuel ist und sie von ihr wenig Gutes hält, ist jedermann offenkundig. Ach, der arme Wilem, ich glaube, unter uns gesagt, er grollt ihr gewaltig. Wäre nicht ihr jäher Sturz erfolgt, hätte er Crisabelle alle Wünsche erfüllen können. Aber er kann schwerlich die eigene Mutter fortjagen, oder? Jeder weiß ja längst, dass er auf Dauer in Grimmfelden bleiben wird, ein Sachverhalt, der sich umso schwieriger gestaltet, als auch Crisabelle es inzwischen in gewissem Umfang ahnt.« Teggert schob den Braten in den Ofen zurück, setzte sich R'shiel gegenüber an die Tafel, schenkte sich einen Becher Tee ein und ergänzte seine bisherigen Auslassungen.
»Für Crisabelle nimmt die eigene Bedeutsamkeit die allererste Stelle ein«, sagte er. »Als sie Wilem ehelichte, war seine Mutter Herrin der Erleuchtung, Mitglied des Quorums und Anwärterin aufs Amt der Ersten Schwester. Zur Verwandten der Ersten Schwester zu werden hielt sie zweifelsfrei für eine begehrenswerte Stellung.«
R'shiel nickte. Teggert ahnte nicht, mit welchem Nachdruck sie seine Einschätzung hätte bestätigen können. »Und dass schon mehr als ein höherer Hüter im Grimmfelden seine Court'esa nach Verbüßung ihrer Strafe zum Eheweib genommen hat, ist ein Umstand, der zusätzlichen Missmut verursacht. Allem Anschein nach findet Mahina, sehr zu Crisabelles Leidwesen, am Umgang mit diesen Weibern Vergnügen. Sie lädt sie sogar zum gemeinsamen Teetrinken ein. Es gibt Tage, glaub ich, an denen Wilem die Sträflinge beneidet...«
»Das klingt ... als wären die Verhältnisse nicht ganz einfach«, äußerte R'shiel, obwohl sie unsicher war, ob Teggert überhaupt ihrerseits irgendwelche Bemerkungen wünschte oder bloß sich selbst gern reden hörte.
»O ja, das hast du völlig Recht, Kindchen. Aber wenn du dich gut führst und nichts anstellst, brauchst du keine Misshelligkeiten zu befürchten. Für wie lange bist du verbannt worden?«
»Zehn Jahre.«
»Oho! Dann musst du allerdings ein sehr unartiges Mädchen gewesen sein. Dann bleibst du also länger bei uns.«
Nicht, wenn ich irgendwann noch mitreden kann , erwiderte R'shiel in Gedanken.
Am späteren Abend ließ der Feldhauptmann R'shiel zu sich rufen. Mahina bekam sie nicht zu sehen, denn Teggert brachte ihr eine gesonderte Holzplatte voller Gerichte, bevor er Wilem und Crisabelle die Speisen auftrug, und daher wusste R'shiel, dass die Alte im Haus weilte. Sie betrat Wilem Cortanens Amtsstube mit gesenktem Kopf und hoffte, dass er sie nicht erkannte.
Schließlich war sie lediglich Seminaristin gewesen, er dagegen diente mit hohem Rang im
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