Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
bemüht, ihm ernstere Beeinträchtigungen beizubringen. Er drehte ihren Kopf und stierte ihr ins Gesicht. »Ich frage mich, was es wohl braucht, bis du um Gnade flehst?«
Da er sie in rohem Griff behielt, konnte R'shiel kaum mehr tun, als ihm ebenfalls ins Gesicht zu blicken. Die schwielige Haut seiner Narbe widerte sie an und flößte ihr doch gleichzeitig Trost ein: Tarja war es gewesen, der sie ihm zugefügt hatte.
»Lieber wollte ich Heidin werden und auf einem karischen Altar lebendigen Leibes als Ketzerin verbrannt werden, als Euch um irgendetwas anzuflehen.«
Wie sie es erwartet hatte, steigerte diese Entgegnung seine Erbitterung. Er schwang die Faust, um sie ein zweites Mal zu schlagen, aber sie kam ihm zuvor, kratzte ihm übers Gesicht und hinterließ auf der rechten Wange blutige Schrammen. Loclon schrie auf, packte ihr Handgelenk und drehte ihr grob den Arm auf den Rücken. Wild stemmte sich R'shiel dagegen, aber er bog den Arm so weit aufwärts, dass sie befürchtete, er könnte ihn brechen. Dann schleuderte er sie auf sein Lager und atmete schwer, während die Wut immer stärker in ihm empor kochte. Sie trat nach ihm, aber zu unbeherrscht, sodass sie nur seinen Oberschenkel traf. Er drosch ihr Bein beiseite, und einen Augenblick später lag er auf ihr. Seine schlanke Gestalt entfaltete überraschend große Kräfte und drückte sie nieder. Unvermittelt verfiel er in kaltes, boshaftes Gelächter.
»Nur zu, schrei! Schrei, so laut du kannst! Ich will, dass dein Bankertbruder dich hört. Er soll wissen, was ich mit dir tu. Jeden Abend soll er einschlafen und dich schreien hören, so wie ich jeden Morgen erwache und sehe, was er mir angetan hat.«
R'shiel biss sich auf die Lippen und verweigerte jeden Aufschrei. Sie stellte die Gegenwehr ein, lag still und reglos da, starrte an ihm vorüber und versagte ihm die Genugtuung, irgendwelche Anzeichen von Schmerz oder Furcht zu zeigen, während er ihr die Leinenbluse hochschob. Sein Wunsch, dass sie in Geschrei ausbrechen sollte, stärkte ihre Willenskraft. Lass dich niemals
von irgendjemandem in den Staub zwingen . Ihre äußerliche Ruhe versetzte ihn nachgerade in Tobsucht. Er schlug sie mitten ins Gesicht, sodass es ihr vor den Augen flimmerte.
R'shiel schloss die Lider. Sie verkniff sich die Schreie, die er ihr so verzweifelt zu entlocken versuchte, und für einen flüchtigen Augenblick überkam sie ein Gefühl wundervoller, rauschhafter Wonne, die sie zu umfangen suchte, um eins mit ihr zu werden. Sie wollte hineinsinken, den Quell dieser Kraft finden, aber Loclon hieb immerzu auf sie ein, und die unvertrauten, seltsamen Eindrücke schwanden, überließen sie der grausamen Wirklichkeit.
Bis zum Morgen war es noch lang.
Als R'shiel im ersten Morgengrauen zu den Frauen zurückkehren durfte, empfing allen voran Songard sie, aber sie schwieg zu ihren zerschlagenen Gesichtszügen. Songard wies die übrigen Frauen ab und versuchte ausnahmsweise einmal nicht, das Schweigen mit Geschnatter zu füllen. Still saß R'shiel da, während man als Morgenmahl eine wässrige Gemüsesuppe austeilte.
Wenig später wurde der Marsch fortgesetzt. Loclon schnauzte seinen Untergebenen Befehle zu, er befand sich deutlich in übler Laune. Hüter streiften R'shiel im Vorbeireiten mit verstohlenen Blicken, weil sie sich wohl über die Kratzer im Gesicht ihres Hauptmanns wunderten, doch sie enthielten sich jeder Bemerkung. Aber sie sahen sie und stellten dazu Gedanken an. Tarja gelangte nie in R'shiels Nähe, jedoch erkannte sie auch aus der Entfernung, dass er sich in eine wahrhaft mörderische Gemütsverfassung hineingesteigert hatte. Wäre Loclon so dumm, sich in seine Reichweite zu trauen, brächte Tarja ihn um.
In den drei nachfolgenden Nächten wiederholte sich jedes Mal das Gleiche, und jeden Morgen trat Loclon, nachdem R'shiel zurück zu den Frauen geführt worden war, in umso wütigerer Stimmung aus seinem Zelt.
Am vierten Abend ließ der Hauptmann Songard holen, die sich fügsam darin schickte, ihrem gewohnten Gewerbe nachzugehen. Songard kannte die Tatsachen des Lebens außerhalb der Zitadelle. Sie wusste, dass es ihr, war sie ihm willfährig, nach der Ankunft in Grimmfelden das Dasein angenehmer machen würde. Kurz blickte R'shiel ihr nach, ehe sie sich auf dem Untergrund einrollte. Sie hatte gewonnen.
Am Ende hatte Loclon aufgegeben. Nicht einen einzigen Schrei, ja nicht einmal ein Wimmern - überhaupt nichts -, hatte Loclon ihr abnötigen können. Fest presste
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