Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Frohinias niederträchtiger Todesliste?
Die Gedanken an die Rebellen vertieften Tarjanians Verbitterung umso mehr. Er vergeudete hier seine Zeit. Und solange er die Abfallfässer und Sickergruben Grimmfeldens leeren musste, bestand keine Aussicht, dass er irgendetwas Sinnvolles verrichten konnte. Jeden Tag, den er in der Bannschaft zu verbringen hatte, schwand ihm ein wenig Hoffnung. Tarjanian war sich vollauf darüber im Klaren, dass es galt, etwas zu unternehmen, bevor sie vollends erlosch.
Einer der wenigen Vorteile seiner Betätigung - vielleicht der einzige Vorteil - war es, dass Tarjanian, im Gegensatz zu den Erzgruben-Zwangsarbeitern, die dieses Vorrecht nur einmal in der Woche genossen, täglich baden durfte. Den Gestank verdorbener Nahrungsreste und anderer verfaulter Ekelhaftigkeiten abwaschen zu können war das Einzige, was ihm das Tagewerk erträglich machte. Oft hatte er sich gewünscht, von Wilem Cortanen ins Bergwerk geschickt worden zu sein, wo es ihm möglich gewesen wäre, mit einem Vorschlaghammer seine Wut am Fels auszutoben. In der kühlen Abenddämmerung schlotterte er vor sich hin, zumal das eiskalte Wasser ihm eine Gänsehaut verursachte, während er sich mit einem groben Tuch abtrocknete und hinauf zum Himmel schaute. Finstergraue, blutrot angehauchte Gewitterwolken ballten sich um die Sonne, die hinter dem Vorgebirge sank und schließlich dem Abenddunkel wich. Tarjanian kleidete sich in die raue Sträflingskluft und heftete den Blick auf Zac, der sich den zottig-nassen Schopf mit einem viel zu feuchten Lappen abtupfte.
»Heute Nacht wird's regnen«, merkte Tarjanian an.
»Vermutlich«, stimmte Zac zu.
Tarjanian konnte sich nicht daran entsinnen, dass Zac binnen zweier Monate jemals mehr als zwei Wörter hintereinander gesprochen hätte. Der große, wortkarge Doppelmörder war der geeignetste Gefährte für jemanden, der keine Fragen zu beantworten wünschte. Gemeinsam gingen sie zum Außentor der Unterkunftsgebäude, wo Fohli, Sergeant Lycrens Korporal, auf sie wartete. Er verrammelte hinter ihnen das Tor und begleitete die beiden Männer zur Küche. Die Dreckfuhre erhielt das Abendessen stets als Letzte, und aus Gewohnheit hockten sich Tarjanian und Zac, da es noch eine Weile dauern sollte, bis sie an die Reihe kamen, auf den Boden. In der Abenddämmerung standen die Sträflinge aus den Minen und verschiedenen Werkstätten in langen Warteschlangen vor dem Küchengebäude an. Gleichmütig beobachtete Tarjanian sie, ohne für irgendwen besondere Aufmerksamkeit zu erübrigen - bis er plötzlich R'shiel erblickte, die sich zum Schutz gegen die Kälte straff einen grauen Schal um die Schultern geschlungen hatte und ihre Schritte zielstrebig über das Gelände der Männer-Unterkünfte zur Küche lenkte.
R'shiels Anblick erinnerte ihn umso schmerzlicher daran, in welchem Umfang sie beide ihr Leben verpfuscht hatten. Sie gehörte nicht nach Grimmfelden, unter den Abschaum Medalons, wo sie dem Schicksal einer Court'esa nur dank reinen Glücks hatte entrinnen können. Seit der Ankunft in der Bannschaft hatte er nur wenige Male ein paar Worte mit ihr gewechselt, zudem jedes Mal im Beisein Zacs oder eines Aufsehers. Falls sie nicht zufällig den Hinterhof betrat, wenn er und Zac den Abfall abholten, sah er sie manchmal die ganze Woche lang nicht. Gern hätte er gewusst, wie es ihr erging. Er musste sich dessen vergewissern, dass sie während der Beförderung nach Grimmfelden nicht den Mut verloren hatte. Was ihn betraf, so fraß die Bitterkeit stetig an seinem Gemüt, ständig kostete sein Gaumen ihren schalen Geschmack.
Er sah R'shiel auf sich zukommen und fragte sich, ob sie über ihre Schönheit Bescheid wusste. Ihr Gebaren verriet, dass ihr unbewusst war, wie sie auf Männer wirkte. Früher hatte Tarjanian stets angenommen, gegen ihre verlockenden Reize gefeit zu sein, doch jedes Mal, wenn er sie erblickte, und war es bloß von fern, verblüffte ihn die starke Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte. Dann regte sich in ihm eine sonderbare Empfindung, die er nicht zu beschreiben wusste. Verlangen war es nicht, auch keine gewöhnliche Lust. Er hatte ganz einfach den höchst seltsamen Eindruck, dass es über die Maßen schön sein musste, in ihrer Nähe zu weilen, von ihr beachtet zu werden. Seit der Nacht im Weinberg ließ diese stille Sehnsucht ihn nicht mehr los. Trotz allem, was sich inzwischen ereignet hatte, blieb für R'shiel immerzu Platz in seinem Denken und Fühlen.
R'shiel blickte
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