Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
wohlgelaunt nickte. »Nun denn, dann ist alles geklärt. Wann brechen wir auf?«
Dass Dacendaran sich selbst zum Begleiter bestimmte, löste bei Brakandaran keine große Begeisterung aus. »War es dein Ernst, was die Unruhe unter den Zwangsarbeitern im Bergwerk anbelangt?«
»Ich bin der Gott der Diebe, nicht der Lügenbolde. Selbstverständlich ist es wahr.«
»Dann werden wir diesen Umstand ausnutzen. Sobald sie handeln, wollen auch wir zum Handeln schreiten.«
»Was wird aus Tarjanian?«
»Was schon? Mich kümmert ausschließlich R'shiel. Sie ist gegenwärtig das allerwichtigste Lebewesen der gesamten Welt.«
»Kalianah dürfte erzürnt sein, wenn du ihn nicht mitnimmst.«
»Um Kalianah gräme ich mich nicht.«
Dacendaran wirkte wenig überzeugt. »Wenn du mich fragst, an deiner Stelle würd ich's nicht wagen, ihren Groll herauszufordern.«
»Deine Fürsorglichkeit rührt mich zutiefst, o Göttlicher.«
Der Gott legte die Stirn in Falten. »In der Tat, Brakandaran, bisweilen kann ich mich ganz und gar nicht des Gefühls erwehren, dass du die Götter in keinem hohen Ansehen hältst.«
»Wie kommst du denn auf diesen Einfall?«, fragte Brakandaran.
38
Tarjanian kippte einen Haufen Gemüsereste und sonstigen, nicht mehr unterscheidbaren Unrat auf den mit einem Maultier bespannten Abfallkarren und bemühte sich unterdessen, den Brechreiz zu missachten. Der Dreck des Gasthofs Zur Verlorenen Hoffnung sowie der Ladengeschäfte Grimmfeldens wurde nach keinen festgelegten Regeln eingesammelt, sondern wann es Sergeant Lycren beliebte. Da inzwischen fast ein Monat verstrichen war, seit Lycren entsprechende Lust verspürt hatte, befanden sich die Überbleibsel mittlerweile im Zustand eines fauligen, stinkigen, von Ungeziefer durch wimmelten Matschs. Kaum hatte Tarjanian das schwere Fass geleert und vom Karren geschwungen, hob er, weil er sich beobachtet fühlte, die Augen. Am Eingang zum Weinkeller des Gasthofs lungerte ein blonder Bursche und schaute ihm angelegentlich zu. Der junge Flegel hatte Tarjanian schon oft Anlass zum Nachdenken gegeben. Unerwartet sah man ihn an allen möglichen Ecken und Orten.
»Keine Müdigkeit vortäuschen, Tenragan«, rief Lycren. »Sich regen bringt Segen.«
Tarjanian warf dem Burschen einen missfälligen Blick zu. Er ließ sich ungern angaffen. Erneut drohte sein nur vom Überlebenswillen unterdrückter Zorn auszubrechen. Bislang hatte er seiner Wut lediglich ein einziges Mal freien Lauf gewährt. Die Auspeitschung, die seine Unbeherrschtheit ihm eingetragen hatte, war wenig geeignet gewesen, ihn einzuschüchtern, jedoch insofern lehrreich, als er seither seine Gefühle strenger im Zaum hielt. Der Schmerz hatte ihn weniger als die Einsicht gemartert, dass ihn ein Holzkopf dermaßen zur Unbesonnenheit hatte herausfordern können.
Während er dem Karren vom Gasthaus zur Schmiede nachschlurfte, beschäftigten sich Tarjanians Gedanken noch immer mit dem Burschen. Man konnte nicht ausschließen, dass er Verbindung zu den Rebellen pflegte. Grimmfelden war voller verbannter Heiden, echter und vorgeblicher Anhänger der Heidengötter. War er wohl zum Auskundschaften geschickt worden? Um herauszufinden, ob er noch lebte? Bisweilen fragte sich Tarjanian, wie gut die Rebellen wohl beherzigten, was er sie zu lehren versucht hatte. Zu den erstrangigen Geboten zählte der Grundsatz, einen Verräter nie - niemals! -unbestraft zu lassen.
Den gesamten Winter hindurch hatte er jedes Mal, wenn er sich inmitten anderer Sträflinge aufhielt, halb erwartet, im nächsten Augenblick ein Messer im Rücken zu spüren. Lycren sorgte dafür, dass er die meiste Zeit von den übrigen Verbannten getrennt blieb, aber er wusste, dass er besonders bei den Mahlzeiten in erhöhter Gefahr schwebte. Tarjanian war insgeheim erstaunt, überhaupt so lang das liebe Leben bewahrt zu haben. Seine Befürchtung war es gewesen, schon auf dem Weg nach Grimmfelden auf der Strecke zu bleiben.
Tarjanians Überlegungen wandten sich seinen einstigen Gefährten unter den Rebellen zu. Dem greisen Padric, den die vielen Jahre des Kampfs gegen die übermächtige Knute der Schwesternschaft verschlissen und ausgelaugt hatten. Mandah mit ihrem inbrünstigen Götterglauben. Dem jungen, leidenschaftlich aufsässigen Ghari. Wo mochte er jetzt sein? Begehrte er noch auf? War er in einem Scharmützel gegen die Hüter umgekommen? Oder hatte er aufgegeben und war zum Gehöft seiner Mutter im Tiefland heimgekehrt? Stand sein Name auf
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