Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
umher, während sie näher trat. Da sie anscheinend nicht entdeckte, wen oder was sie suchte, wandte sie sich an Fohli.
»Hast du Songard Hoffsommer gesehen?«, fragte sie.
»Wird sie gesucht?«, lautete die gleichgültige Gegenfrage des Korporals.
»Sie sollte sich vor einer Stunde im Haus des Feldhauptmanns melden. Sie wird versetzt.«
»Dann wird sie bestimmt noch erscheinen. Court'esa sind zu schlau, um so 'ne Gelegenheit zu versäumen. Denk an dich, du handelst dir Schelte ein, wenn du nicht vor Anbruch der Dunkelheit im Haus bist.«
»Schickst du sie herüber, wenn du sie siehst?«, fragte R'shiel und ließ erneut den Blick umherschweifen. »Sie ist ungefähr so groß und hat blondes Haar.«
»Gewiss doch«, versprach Fohli. Der Korporal scheute kein Versprechen, solange es ihm keine Mühe abforderte, es zu halten.
Ein gelblicher Lichtkegel fiel aus der Küchenpforte, und Schwester Unwin, das Gesicht von der Hitze der Öfen gerötet, kam ins Freie, um die Warteschlangen der Sträflinge zu mustern. Sie erspähte R'shiel und eilte unverzüglich herbei, stellte sich vor sie und stemmte die Fäuste in die Hüften. Ihr blauer Kittel war mit einer feinen Mehlschicht bestäubt, und am Kinn hatte sie einen Rußstreifen.
»Was treibst du hier, Liebchen? Weiß die Feldhauptmannsgattin, dass du um diese Stunde noch in der Stadt umherläufst und mit Aufsehern schäkerst?«
»Sie selbst hat mich damit beauftragt, nach ihrer neuen Näherin zu suchen.«
»Hier ist sie nicht. Scher dich fort und lass dich kein zweites Mal dabei erwischen, vor meiner Küche zu faulenzen.« Als Nächstes richtete Unwin ihren Unmut gegen Fohli. »Du bringst sie zum Oberaufseher und teilst ihm mit, wobei sie hier ertappt worden ist.« Dann rauschte sie zurück ins Küchengebäude.
Damit war Fohli in eine Zwickmühle geraten. Weder konnte er seine beiden Abfallsammler unbeaufsichtigt lassen, noch durfte er dem unmittelbaren Geheiß einer Schwester den Gehorsam versagen. Mit einem Schulterzucken heftete er den Blick auf Tarjanian und Zac.
»Also kommt, wie's ausschaut, müssen wir vor dem Abendessen noch einen kurzen Gang tun.«
Müde rafften die beiden Sträflinge sich auf und folgten Fohli zum Tor. Die Wächter ließen sie und R'shiel hinaus, und sie überquerten den Vorplatz in die Richtung zum Wohnsitz des Bannschaft-Oberaufsehers. Fohli erübrigte für die zusätzliche Pflicht, die ihm Schwester Unwin aufgebürdet hatte, nicht den geringsten Eifer: Zac an seiner Seite, latschte er saumselig des Wegs. R'shiel schritt in ihrer Wut erheblich schneller als die Männer aus. Tarjanian gab sich Mühe, sich nicht zu auffällig zu verhalten, beschleunigte seine Schritte und holte sie bald ein. Als sie den Vorplatz hinter sich ließen, war es nahezu völlig dunkel geworden.
Unheilvoll grollten die dräuenden Wolken, als das Viergespann auf die Hauptstraße abbog. R'shiel schaute Tarjanian an, sobald er neben ihr erschien, aber behielt ihr Schweigen bei.
»Was will Crisabelle Cortanen von Songard?«, erkundigte er sich. Fohli und Zac folgten in hinlänglich großem Abstand, sodass sie das Gespräch unmöglich belauschen konnten.
»Crisabelle legt Wert auf eine neue Ausstattung an Kleidern, bevor sie im Frühling die Zitadelle besucht. Songard soll beim Nähen helfen.«
»Kann sie denn überhaupt nähen?«, fragte Tarjanian verdutzt. Soweit er Songard kannte, verstand sie sich mit großer Vortrefflichkeit nur auf eine Sache, und das war keinesfalls das Nähen.
»Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Aber Loclon hat sie abermals zusammengeschlagen, und ich war der Ansicht, für die Zukunft dagegen vorbeugen zu müssen. Gewissermaßen ist es nämlich meine Schuld, dass sie so oft Prügel von ihm einzustecken hat.« Schwermütig seufzte R'shiel. »Ich bin der Überzeugung, es liegt jedes Mal an mir, wenn er sie verdrischt.«
Also hat er jemand anderes gefunden, den er unter seiner Bosheit leiden lassen kann , dachte Tarjanian grimmig. Diese Erkenntnis bereitete ihm eine gewisse Erleichterung. Demnach war nämlich R'shiel gegenwärtig vor Loclon sicher. Längst hatte Tarjanian bei sich geschworen, Loclon zu töten. Es mangelte ihm nur an der Gelegenheit. Eine Waffe brauchte er nicht. Ihn mit bloßen Händen zu erwürgen sollte ihm schon die Hälfte der Genugtuung bedeuten.
»Sie wird sich ohne Zweifel noch melden. Fohli hat Recht. Songard ist nicht dumm. Einer Anweisung des Feldhauptmanns wird sich Songard gewiss nicht
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