Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Anbetracht der Gelegenheit, Euch dingfest zu machen, dürften sie über einen gewöhnlichen Heidenkult hinwegsehen. Daher schützt uns Jelanna, indem sie Euch zu uns geleitet hat.«
Unwillkürlich wandte sich Tarjanian um und sah, dass Ghari und die übrigen Dörfler ihn mit offen stehendem Munde anglotzten.
»Ihr seid Tarjanian Tenragan?«, fragte Ghari in einem Ton, der an offene Heldenverehrung grenzte.
»Ich bin ein Niemand«, sagte Tarjanian. »Von mir aus bleibt in eurem Kaff, so ihr es unbedingt wollt, und stellt euch den Hütern entgegen. Wir ziehen unseres Wegs. Ihr solltet es ebenso halten, es sei denn, eure Göttin hätte euch wider blanken Stahl gefeit.«
»Wir können Euch behilflich sein«, äußerte die junge Frau, »wenn Ihr uns helft.«
Fest umfasste Tarjanian den Schwertgriff, während er ihren Blick erwiderte. »Euch helfen? Wie du vorhin bemerkt hast - und vielleicht mit vollem Recht -, lenkt unsere Gegenwart die Aufmerksamkeit der Hüter von eurem Kult ab. Haben wir damit nicht genug für euch getan?«
Sie trat näher und schaute ihm ins Gesicht. »Was Ihr hier miterlebt habt, war nichts Außergewöhnliches, Hauptmann. Ähnliches geschieht jeden Abend in Ortschaften ganz Medalons. Menschen finden den Tod. Eure Landsleute. Heiden ebenso wie Nichtgläubige.
Und was habt Ihr und Eure Schwester im Sinn? Vielleicht in den Süden zu reiten und in Hythria oder Fardohnja ein süßes Leben zu genießen? Während Eure Volksgenossen auf Geheiß einer Frau abgeschlachtet werden, die nur aus einem einzigen Grund morden lässt, nämlich um ihre Macht zu festigen?«
Nun musterte Tarjanian die junge Frau aufmerksamer. Er fragte sich, wie ein einfältiges Dorfmädchen anhand bloßer Gerüchte und reinen Hörensagens solche Rückschlüsse zu ziehen verstand.
»Ich war einmal Novizin der Schwesternschaft«, erklärte sie, als erahnte sie seine unausgesprochene Frage. »Einige Zeit lang. Bis ich erkannte, was es in Wahrheit mit der Schwesternschaft auf sich hat. Zwei Jahre war ich dir voraus, R'shiel.«
Tarjanian sah R'shiel an, die knapp nickte. »Ich erinnere mich. Du bist ausgestoßen worden.«
»Und ich habe mich auf den alten Glauben besonnen.«
»Was erwartet ihr denn eigentlich von uns?«, erkundigte sich Tarjanian.
»Lehrt uns das Kämpfen«, rief Ghari voller Begeisterung.
Die junge Frau hob die Hand, um ihren Bruder zur Zurückhaltung zu mahnen. »Ghari, du plapperst zu viel.«
»Aber Mandah ...!«
»Stünden mir auch hundert Jahre zur Verfügung, ich könnte euch heidnische Bauern niemals lehren, so zu kämpfen wie die Hüter.«
»Unsere Mehrheit verspürt gar keinen Drang zum Kämpfen, Hauptmann«, beteuerte Mandah. »Aber Ihr kennt die Hüter und R'shiel die Schwesternschaft. Ihr wisst über sie Bescheid, versteht ihr Denken und Handeln. Dank solcher Kenntnisse wäre es uns möglich, Selbstschutz zu leisten.«
»Ihr fordert uns zum Verrat auf«, murrte Tarjanian.
»Ihr habt Fahnenflucht begangen und vorhin gemeinsam mit Eurer Schwester drei Hüter getötet«, stellte Ghari fest. »Meine Ansicht ist, Ihr habt den letzten Schritt zum endgültigen Verrat längst unwiderruflich getan.«
Tarjanian schüttelte den Kopf. »Wenn ihr Kämpfe bestehen wollt, müsst ihr sie selbst austragen.«
Verständnisvoll nickte Mandah und trat beiseite, als Tarjanian sich anschickte, die Satteltaschen an sich zu nehmen. R'shiel zögerte kurz und sah die junge Frau an, bevor sie ihm zum Ausgang folgte. Mandah schwieg. Tarjanian stieß mit einem Tritt einen zerborstenen Stuhl fort. Erst als er die Tür aufgeschwungen hatte, brachte Mandahs Stimme ihn und R'shiel noch einmal zum Stehen.
»Hauptmann! R'shiel ...!«
Über die Schulter schaute sich Tarjanian um. Erwartungsvoll lauschten die übrigen Männer und Frauen dem Wortwechsel.
»Was denn?«
»Die Säuberung, die den Untergang der Harshini bewirkte, kostete tausend Männer, Frauen und Kinder das Leben. Sie dauerte etwas über zehn Jahre. Die jetzige Säuberung ist seit drei Monaten in Gang, und es sind schon über tausend Tote zu beklagen. Die dafür verantwortliche Frau ist Eure Mutter. Ich wünsche Euch eine angenehme Nachtruhe.«
»Meine Mutter ist sie nicht«, stellte R'shiel klar.
Als sie die Herberge verließen, knallte Tarjanian hinter ihnen die Tür zu.
18
Der Weg nach Mündelhausen war mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden gewesen. Nun umgekehrt aus dem Dorf zu gelangen, erwies sich als durchaus heikle Herausforderung. Auf dem
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