Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Ehe er überhaupt dazu Gelegenheit hatte, darüber nachzudenken, was er eigentlich tat, war er mit den Hütern in einen Kampf verwickelt. Sein erster Widersacher stürzte nieder, nachdem Tarjanian ihm mit voller Wucht, sodass die Knochen krachten, den Ellbogen ins Gesicht gestoßen und Knochensplitter ins Gehirn gebohrt hatte, die ihn augenblicklich töteten. Er entwand der Faust des Toten das Schwert und warf es quer durch die Stube einem Jüngling zu, der soeben Anstalten machte, sich mit nichts als einem Brotmesser und bloßem Mut mit zwei Hütern anzulegen. Geschickt fing der Bursche das Schwert auf und fuchtelte damit wild durch die Luft; seine Unberechenbarkeit glich die fehlende Erfahrung im Umgang mit dem Schwert aus. Doch gleich darauf bekam Tarjanian es mit den restlichen Hütern zu tun.
Vorübergehend beherrschte Erstaunen Tarjanians nächsten Gegner, den Sergeanten der Streifschar, als er plötzlich erkannte, wen er vor sich hatte. Während des Augenblicks allerhöchster Anspannung, für dessen Dauer die zwei Männer inmitten des Wirrwarrs eine Insel der Stille zu verkörpern schienen, schwante dem Sergeanten, dass er vor jemand Überlegenem stand. Diese Einsicht aber verhinderte nicht, dass er auf Tarjanian eindrang. Ebenso wenig bewahrte sie ihn vor der Niederlage. Tarjanian wehrte seinen ersten Schwertstreich ab und führte unverzüglich mit solcher Mühelosigkeit einen tödlichen Stoß, dass er sich unversehens fragte, ob bei den Hütern inzwischen die Maßstäbe der Schwertkunst gesunken sein mochten. Dieser Mann hätte nie Sergeant werden dürfen. Nun sollte er es nicht mehr zum Hauptmann bringen.
Bis dahin hatte die Auseinandersetzung nur wenig Zeit beansprucht, und der Sergeant der Streifschar war klug genug, den Rückzug anzuordnen, ehe das Blutvergießen überhand nahm. Den Sergeanten kannte Tarjanian. Der im Kampf gestählte Veteran blickte auf mehr Scharmützel zurück, als der soeben getötete Sergeant an Lebensjahren gezählt hatte.
Die Enge der Schankstube, der Aufruhr der Dörfler sowie die Tatsache, dass es diesen Leuten anscheinend einerlei war, ob sie lebten oder starben, ließen die Hüter scheitern. Darum erstritten sie sich, sobald der Sergeant den Befehl erteilt hatte, den Weg zum Ausgang und mussten sich dabei sowohl die Männer vom Hals halten, die auf sie eindroschen, wie auch die Frauen, die sie unter schrillem Geheul mit Krügen, Tellern, Bechern und sonstigen Wurfgeschossen angriffen. Als der letzte Hüter aus der Schankstube geflohen war, senkte Tarjanian das Schwert. Schwer stützte er sich auf die Waffe und holte tief Luft, während er sich die blutige Stätte besah, die ihn umgab. Von nun an brauchten er und R'shiel keine Gnade mehr zu erhoffen. R'shiel raffte sich in der Nähe der Küchentür auf; sie wirkte verbittert. Der Groll, den sie gegen Frohinia hegte - und alles, was mit ihr zusammenhing -, war in alter Stärke wieder erwacht und loderte auf zu heftiger Wut.
»Habt ihr gesehen, wie sie gelaufen sind?«, rief der junge Mann, der das Schwert aufgefangen hatte. Er stand auf einem der wenigen noch unversehrten Tische und schwang die Klinge. Die gedankenschwere Einsicht würde später kommen, wusste Tarjanian, wenn sein Blut sich abgekühlt hatte und er sich auf die eigene Sterblichkeit besann. »Wir haben sie verscheucht.«
»Sie sind abgezogen, weil sie sich aufgrund der Umstände im Nachteil befanden«, sagte Tarjanian und wischte das Schwert sauber, ehe er es in die Scheide steckte. »Wenn du ein wenig Grips hast, suchst auch du ohne Aufschub das Heil in der Flucht. Sie kehren wieder, und dann sind sie auf euren Widerstand vorbereitet.«
»Einmal hab ich sie heute vertrieben«, prahlte der junge Mann. »Beim nächsten Mal ...«
»Ghari, du törichter Tropf, das nächste Mal schneiden sie dir die Gurgel durch«, unterbrach ihn raubeinig der Gastwirt. Er kauerte auf dem Fußboden, während ihm Tränen übers Gesicht rannen, und hatte den Kopf des erstochenen Jungen in den Schoß gebettet. Aus bitterer Miene sah er Tarjanian an. »Ich danke für Euer Eingreifen, Herr, doch befürchte ich, Ihr habt dadurch unser Los nur verschlimmert. Die Hüter kehren bestimmt zurück.«
Tarjanian ging neben dem älteren Mann in die Hocke. »Wenn ihr nichts getan habt, das euch schuldig macht, dann werden sich die Hüter umgänglich zeigen.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Da kennt Ihr sie schlecht, Herr. Es mag eine Zeit gegeben haben, als es sich so verhielt, aber
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