Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
auf einen Mann, der neben der Tür stand und das Geschehen aus wachen, hellblauen Augen verfolgte. »Drendik wünscht euch an Deck zu sehen.«
Die Fardohnjer, beide jüngere, schlankere Ebenbilder Drendiks, und der Blauäugige zwängten sich an Mandah, Tarjanian und R'shiel vorüber in den dunklen Gang.
»Woher wissen wir, ob wir ihnen trauen dürfen?«, wandte sich Hari an Mandah, sobald die Seeleute die Kajüte verlassen hatten.
»Ich habe mein Wort gegeben«, erklärte Tarjanian.
»Glaubst du etwa, das Wort eines Hüters, zumal eines, der bereits den Treueschwur des Heers gebrochen hat, eigne sich, um uns Beruhigung einzuflößen?«, fragte Padric.
»Mich kümmert's wenig, was du denkst, Alter. Ich habe meine Hilfe zugesagt und erweise sie euch, soweit ich dazu imstande bin. Aber versucht nicht, mich für eure Sache zu gewinnen, und spart es euch, mir edelmütige Beweggründe anzudichten, denn solche gibt's nicht. Mandah hat uns geholfen, und darum, in ihrem Namen, helfe ich euch. Mehr hat es damit nicht auf sich.«
»Gesprochen wie der besoldete Mörder, als der er auf Erden wandelt«, höhnte Jarn. »Wozu brauchen wir ihn überhaupt?«
»Zu dem Zweck«, antwortete R'shiel mit stahlharter Entschlossenheit in der Stimme, »um euch zielstrebig zu verschwören und Frohinia Tenragan sowie die Schwesternschaft des Schwertes von der Macht zu vertreiben.«
Ihre Äußerung jagte selbst den Heiden ein solches Erschrecken ein, dass sie schwiegen wie vom Donner gerührt.
Als Erster fand Ghari die Sprache wieder. »Wir könnten in Medalon sogar die alten Bräuche und Sitten erneuern.«
Tarjanian starrte R'shiel ins Gesicht. Er klappte den Mund auf, um Einwände vorzutragen und entschieden klarzustellen, dass er nie versprochen hatte, sich auf so etwas einzulassen. Gewiss würde er Wort halten und den Heiden zeigen, wie sie sich verteidigen konnten. Es fiel ihm nicht schwer, ihnen die Regeln zu erläutern, nach denen sich das Denken und Handeln der Hüter richteten. Auch konnte er sie vor den Maßnahmen warnen, die das Hüter-Heer gegen sie anwenden mochte. Aber er hatte nicht eingewilligt, die Schwesternschaft zu zerschlagen. Schon gar nicht hatte er zugestimmt, Medalon ins Heidentum zurückzuwerfen. R'shiels Gesicht war zu einer wilden Fratze verzerrt. Den gesamten Winter lang hatte sie, wie er wusste, ihren Groll genährt, während sie sich gleichmütig gegeben hatte. Diese Heiden boten ihr die Aussicht auf Vergeltung, eine Gelegenheit, um Frohinia Schaden in bisher beispiellosem Maße zuzufügen. Und sie griff mit beiden Händen zu.
»Es ist allerhöchste Zeit, dass die Erste Schwester das Fürchten lernt.«
Die Heiden, offenkundig aufgewühlt durch R'shiels schwelenden Zorn, schauten sich gegenseitig an. Tarjanian dagegen betrachtete sie voller Besorgnis. Sie nahm keinen Anteil am Schicksal der Heiden oder ihrem Anliegen. R'shiel hatte nichts anderes vor, als Frohinia -allen Schwestern - zwanzig Jahre der Lügen und Irreführung heimzuzahlen. Sie wollte Rache.
19
Nachdem Mandah ihn und die Brüder an Deck geschickt hatte, damit sie dem Capitan beim Ablegen zur Hand gingen, begab sich Brakandaran zum Bug der Barke und löste das Tauwerk vom Anlegesteg. Nicht das erste Mal, seit er sich der Mannschaft angeschlossen hatte, gewährte Drendik flüchtigen Heiden Beistand. Da der Fardohnjer außerdem Schmuggel betrieb, grenzte es an ein Wunder, dass ihm überhaupt noch Zeit oder Laderaum für rechtmäßigen Handel blieb. Aber das Paar, das zuletzt an Bord gekommen war, verursachte Brakandaran Besorgnis. Sie ähnelten keineswegs den von Haus und Hof vertriebenen Heiden, denen Drendik sonst half und die aus lauter Furcht dankbar waren für die geringste Unterstützung. Diese zwei beschworen Gefahr geradezu herauf: die ausgerissenen Sprösslinge der Ersten Schwester, nach denen das gesamte Hüter-Heer fahndete und auf deren Ergreifung man eine Belohnung ausgesetzt hatte.
Brakandaran legte, wegen der neuen Fahrgäste von Beunruhigung geplagt, noch das dicke Tau zusammen, da erschien ihm plötzlich die Flussgöttin, zeigte sich auf den Umrissen eines Ballens Markburger Wolle. Ihre Miene sollte, vermutete Brakandaran, reizvoll und verführerisch sein. Leider übten derlei Bemühungen Maeras eher die gegenteilige Wirkung aus.
Einer der Nachteile, wenn man Gottheit war, selbst eine Haupt-Gottheit, dachte Brakandaran bei sich, bestand darin, dass man sich unweigerlich durch die Eigenschaften auszeichnete, die die
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