Dämonenkind 01 - Kind der Magie.pdf
Abend, ehe sie Testra erreichten, wandte sich Brakandaran an Mandah und äußerte die Bitte, sich der Rebellion anschließen zu können. Wenn sie tatsächlich doch das Dämonenkind sein sollte, durfte er sie nicht aus den Augen lassen. Die junge Frau gab ihm freudig ihr Einverständnis, denn sie zweifelte nicht im Geringsten an seiner Entscheidung für die gemeinsame Sache. R'shiel wölbte die Brauen, aber trug, so wenig wie Padric und die übrigen Männer, keine Bedenken vor. Brakandaran zählte zu Drendiks Besatzung, das genügte ihnen, um ihm zu vertrauen. Nur Tarjanian musterte ihn aus verdüsterter Miene und versonnenen Blicks. Obwohl er am anderen Ende saß, konnte Brakandaran seinen Argwohn spüren. Er ließ sich davon nicht aufhalten. Von ihm aus sollte Tarjanian tun und lassen, was ihm beliebte. Für Brakandaran gab nur eines den Ausschlag: Er hatte, wie er hoffte, das Dämonenkind gefunden.
Nun brauchte er Mandah nur noch vor dem närrischen Überschwang ihrer Begleitung zu schützen, damit sie lebend ins Sanktuarium gelangte. Aber da R'shiel Tenragan fortwährend ihre Umgebung aufwiegelte, die Waffen gegen die Schwesternschaft zu erheben, hatte Brakandaran eine Ahnung, dass es gar nicht leicht werden sollte, diese Absicht zu verwirklichen.
20
Während DER Frühling zum Sommer aufblühte, gab die Neuigkeit über die heidnische Erhebung den Hauptgegenstand jeglicher Unterhaltungen in allen Schänken Medalons ab. Selbst Brakandaran musste zugestehen, dass sich die Rebellen dank Tarjanian Tenragans Hilfe allmählich zu einer echten Gefahr auswuchsen. Der ehemalige Hüter-Hauptmann war ein geborener Führer. Es zog die Leute zu ihm, fast ohne dass sie es merkten. Wenn Tarjanian einen Befehl erteilte, gehorchte man ihm, ohne zu zögern. Brakandaran vermutete, dass Frohinia Tenragan nicht einmal in ihren ärgsten Albträumen befürchtet hätte, die heidenfeindliche Säuberung könne einen dermaßen hohen Preis fordern. Sie hatte keinen planvollen Widerstand erwartet und schon gar nicht Gegenwehr jener Art, die Tarjanian zu entfalten verstand.
Die Hüter konnten nicht länger ungehindert die Dörfer durchstreifen, um nach Hinweisen auf Heidenkulte zu forschen. Häufig wies man sie ohne Gewalt ab. Medalons Dorfbewohner hatten nämlich zwischenzeitlich ganz erstaunliche Gesetzeskenntnisse erworben, die sie höchst zweckmäßig nutzten, um unerbetene Zudringlichkeiten zu vereiteln. Immer häufiger verlangten sie Durchsuchungsbefehle zu sehen und verweigerten Hütern, die derlei Dokumente nicht vorzuzeigen hatten,
den Zutritt. Auch wussten sie, wer solche Unterlagen unterzeichnen durfte und wer nicht. Für eine überwiegend des Lesens und Schreibens unkundige Bevölkerung kannten sie die Buchstaben des Gesetzes mit einem Mal auffällig genau.
Selbstverständlich hielten die Berufung aufs Gesetz und die Forderung nach Vorlage von Durchsuchungsbefehlen die Hüter nicht fern, sondern verlangsamten lediglich ihre Vorgehensweise. Woher das Wissen stammte, lag offensichtlich auf der Hand, aber obschon man derartige Hemmnisse als Ärgernis empfand, riefen sie keine ernstliche Besorgtheit hervor. Sie bedeuteten nur, dass die Hüter das Gesetz achten mussten. Allerdings - so besagten Gerüchte - traf ihr entschiedener Wille, wirklich danach zu verfahren, bei Frohinia auf beträchtlichen Missmut. Ihre Antwort bestand darin, dass sie Hochmeister Jenga ein Verzeichnis der Ranginhaber vorlegte, die sie versetzt haben wollte, und anderer, die sie befördert zu sehen wünschte. Wenn die gegenwärtigen Anführer des Hüter-Heers ihr nicht behagten, gedachte sie die Ranglisten mit Männern zu füllen, die nach ihrem Geschmack waren. Noch nie hatte eine Erste Schwester so schamlos in die Angelegenheiten der Hüter eingegriffen.
Es hatte sich allgemein herumgesprochen, dass Jenga ein Ende der Säuberung empfahl. Gegen Ausklang des Sommers verbreitete sich die Neuigkeit, dass Frohinia die Einwände des Obersten Reichshüters schlichtweg als Beweis seines Bestrebens schmähte, ihre oberste Führungsgewalt zu untergraben. Sie hatte seine Ratschläge ein für alle Mal zurückgewiesen und ihm angedroht, ihn vom Amt des Hochmeisters abzusetzen, sollte er künftig noch trotzen.
Wenig später kam es zu den ersten Fällen weiterer Fahnenflucht.
Niemals in der gesamten Geschichte des Hüter-Heers war es geschehen, dass mehrere Krieger als ganz selten der eine oder andere unredliche Nichtsnutz seiner Truppe entlaufen waren. Vor Tarjanian
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