Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
zahlreiche Anwärter, doch galt es keineswegs als ungewöhnlich, ein Mitglied der unteren Volksschichten zum Kriegsherrn zu erheben.
In Hythria hatte die Begabung noch immer mehr Gewicht als das Blut, sodass Damin es ernsthaft in Erwägung zog, sich sehr besonnen und ausgiebig nach neuen Kriegsherren umzuschauen. Er hatte den Hals voll von gelangweilten Adeligen und ihrem Hang zum Größenwahn. Fand er ein paar junge, tüchtige Kerle, denen mehr daran lag, einen eigenen Gau redlich zu verwalten, als neidisch nach dem Großfürstenthron zu schielen, könnte er künftig erheblich ruhiger schlafen.
Und er musste sich mit den in Hythria eingetroffenen Hütern befassen. Tarjanian befand sich nicht unter ihnen, ein Sachverhalt, der Damin tiefe Besorgnis bereitete. Feldhauptmann Denjon unterrichtete ihn über Tarjanians Pläne. Die Tatsache, dass er von der beabsichtigten Versenkung der Fähren am Gläsernen Fluss nicht zurückgekehrt war, konnte nur als schlechtes Zeichen gedeutet werden.
Damin fühlte sich gegenüber den Hütern zu höchster Dankbarkeit verpflichtet. Weil Tarjanian vermisst wurde und Damin die unbedingt durchzuführende Neuordnung der Verhältnisse Hythriens als Albtraum empfand, verspürte er die starke Versuchung, alles liegen und stehen zu lassen, seine Streitkräfte zu sammeln, nach Medalon zu ziehen und Adrina die Aufgabe zu übertragen, in Hythrien Klarheit und Ordnung zu schaffen.
Diese Überlegungen entlockten ihm ein grimmiges Lächeln. Noch war es ihm ungewohnt, Adrina Vertrauen zu schenken. Vorerst konnte er sich daher nicht dazu durchringen, das Schicksal herauszufordern, indem er ihr so viel Macht zugestand.
Fünf Tage nach der Schlacht musste er sich eingestehen, dass seine Hoffnung, die Lage werde sich rasch bessern, durch überhöhte Zuversicht geprägt gewesen war. Nach wie vor gingen in der Stadt Seuchen um und ließen sich nur allmählich zurückdrängen. Tausende von Menschen hatten ihre Wohnstätten verloren, Tausende von Verletzten mussten gepflegt sowie fünftausend Fardohnjer und Medaloner zusätzlich ernährt werden.
Cyrus’ Heer hatte während der Belagerung die weitere Nachbarschaft Groenhavns gleichsam kahl gefressen. Damin schickte eine große Anzahl Männer zur Getreidebeschaffung ins Umland, damit sich die Knappheit überbrücken ließ, bis Lieferungen aus den anderen Gauen eintrafen. Die Fischereiflotte lief wieder aus, sodass zumindest kein Anlass zum Verzweifeln entstand, inzwischen jedoch war es Damin dermaßen über, zu buchstäblich jeder Mahlzeit Fisch zu essen, dass er sich ganz sicher fühlte, nach dem Ende der schweren Zeit niemals wieder Fisch anrühren zu können.
Plötzlich flog die Tür seiner Kammer weit auf und knallte gegen die Wand. Herein stürmte Adrina. Der Luftzug ihres wutentbrannten Eintretens brachte die Kerzen zum Flackern. Sie bebte vor Zorn.
»Weißt du, was sie getan hat?!«
»Sag mir, wer ›sie‹ ist, so kann ich dir vielleicht Auskunft geben«, antwortete Damin gelassen. Gegenwärtig sollte Adrinas Erbitterung ihm eine willkommene Abwechslung sein.
»R’shiel.«
»Sie hat deinen Bruder und dreitausend Krieger entsandt, um unseren Kopf zu retten?«, äußerte Damin.
Adrina stampfte mit dem Fuß auf. Es kostete Damin große Mühe, sich ein Schmunzeln zu verkneifen. »Rede nicht so blöd daher, Damin! Sie hat Hablet einen Sohn versprochen.«
»Ich weiß, Adrina. Gaffen hat es mir erzählt.«
»Du weißt es? Warum hast du es mir verschwiegen?«
»Ich war all die Tage hindurch überaus beschäftigt.«
»Und was gedenkst du dagegen zu unternehmen?«
»Nichts.«
»Du kannst doch nicht nichts tun! Sie hat dich um den Thron Fardohnjas gebracht.«
»Ach was denn … Da ich euren elendigen Thron ohnehin niemals begehrt habe, ist es wohl kaum den Aufwand wert, sich aufzuregen, weil er mir nicht zufällt.«
»Wie ist es möglich, dass du nicht nach dem Thron trachtest?«, fragte Adrina; offenbar rief sein Mangel an Ehrgeiz bei ihr ehrliche Ratlosigkeit hervor.
»Nicht jeder Mensch teilt mit dir den Wunsch, eine Krone zu tragen, Adrina«, gab Damin zur Antwort. »Davon abgesehen: Ursprünglich hast du mir gezürnt, weil ich der Thronerbe bin, jetzt erbittert es dich, dass ich entsagen muss. Du solltest dich besinnen und entscheiden.«
Kurz maß Adrina ihn mit missfälligem Blick, dann ließ sie sich wenig anmutig vor dem Pult in einen Lehnstuhl sinken. »Mir ist beileibe nicht danach zumute, besonnen zu sein, Damin. Mir wäre es
Weitere Kostenlose Bücher