Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals

Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals

Titel: Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
Vom Netzwerk:
dass Tarjanian über ihre Köpfe hinweg zum Hochmeister des Hüter-Heers befördert worden war; stattdessen wirkten sie wie Männer, die es erleichterte, dass jemand anderes die letztendliche Verantwortung für ihr Los auf sich geladen hatte.
    In gewisser Weise hegte R’shiel für ihre Einstellung Verständnis. Der Handstreich war gerade erst erfolgt, und obschon sie die Zitadelle wieder in ihre Gewalt gebracht hatten, stand Medalon noch weit davon entfernt, der karischen Oberhoheit ledig zu werden. Scheiterte nun die Erhebung, musste Tarjanian die übelsten Vergeltungsmaßnahmen allein erdulden.
    »Garet Warner hat erlaubt, dass wir jedermann überprüfen, der sich anschickt, die Zitadelle zu verlassen.«
    »In Wahrheit hat er gesagt, es werden am Tor zusätzliche Wachen aufgestellt, um zu verhüten, dass er das Weite sucht. Nie war davon die Rede, dass wir dir gestatten, jeden Einzelnen anzuhalten, der durchs Tor geht, und einer Überprüfung zu unterziehen.«
    »Es sind doch Abertausende. So finden wir ihn nie.«
    »Dann tut es mir Leid, R’shiel. Fürwahr, ich habe dir alle Männer unterstellt, die ich überhaupt entbehren kann.« Tarjanians Stimme klang nach unerschütterlicher Festigkeit. Man hätte meinen können, mit dem Amt wäre auch ein gewisses Maß der Würde und des Ernstes von Jenga Palin auf ihn übergegangen.
    »Und sollte ich Loclon entdecken? Sind deine Männer dazu befugt, ihn in Haft zu nehmen, Oberster Reichshüter, oder nicht? Oder soll ich ihm etwa bloß einen freundlichen Klaps auf die Schulter geben und eine gute Reise wünschen?«
    R’shiels Spott bewog Tarjanian zu einer Miene des Missmuts. »Nimm die Männer mit zum Tor, die ich dir zugeteilt habe, R’shiel, oder lass es sein. Weder habe ich die Zeit, um mit dir darüber zu streiten, noch irgendwelche Lust.«
    »Ist das deine Art und Weise, mir Beistand zu leisten?«
    »Möchtest du gern wissen, wie die Sache stünde, leistete ich dir keinen Beistand?«
    Etliche Herzschläge lang starrten sie einander in äußerster Anspannung an.
    »Entwischt er mir, vergeh ich es dir niemals, das ist dir sicherlich klar, oder?«
    »Draußen wird es hell«, sagte Tarjanian und widmete die Aufmerksamkeit seinen Hauptleuten. »Willst du am Haupttor sein, sobald es geöffnet wird, solltest du dich, so rate ich dir, nun sputen.«
     
    Beißend kalter Wind wehte, als R’shiel im ersten Tageslicht den breiten Wehrgang betrat, der rings um die Stadt die hohen, weißen Mauern krönte. Seit ihrer Kindheit, als Tarjanian sie auf die Mauer geführt hatte, um ihr den seltenen Anblick einer schneebedeckten Hochebene zu zeigen, war R’shiel nicht mehr auf den Zinnen gewesen. Damals hatte sie erst fünf oder sechs Lenze gezählt und Schnee im Flachland als zwar nichts Unerhörtes, aber doch derartige Ausnahme gegolten, dass sie, sobald sie ihn gesehen hatte, vor Freude aufgeschrien hatte.
    Dass Frohinia sie anschließend durchgeprügelt hatte, weil sie mit Tarjanian fortgeschlichen war, hatte den aufregenden Reiz des Abenteuers nicht vertreiben können, und sie hatte sich in ihrer Kammer mit aller Entschlossenheit an die noch frische Erinnerung geklammert, während sie vor sich hingeschluchzt, Hunger gelitten, bitterlich gefroren und ihr von den Stockhieben die Beine geschmerzt hatten.
    Selbst heute noch entsann sie sich daran, dass ihr das Erlebnis jeden rohen Stockschlag wert gewesen war: Es hatte sie nicht gekümmert, ohne Abendessen zu Bett geschickt worden zu sein. Es hatte sie nicht einmal geschert, dass Frohinia gehöhnt hatte, wenn sie solchen Gefallen am Schnee habe, solle sie doch einmal sehen, wie man sich wirklich in der Kälte fühlte, und daraufhin das Kaminfeuer der Kammer hatte löschen und die Bettdecken entfernen lassen. Es hatte nicht gezählt, dass ihre Beine schwarz gewesen waren und blau. In stiller, kalter Luft hatte sie auf dem Wehrgang gestanden, über die weiß verschneite Landschaft geschaut, auf dem flachen Saran eine dünne Eisschicht gesehen, in diesen Augenblicken geglaubt, am allerhöchsten Ort der Welt zu verweilen.
    Ein Abklatsch der damaligen Empfindungen kehrte wieder, als sie hinab von der Mauer blickte, doch verschönte dieses Mal keine friedvolle Schneedecke die Aussicht. Soweit das Auge reichte, wimmelte es in der Ebene von Menschen, gar bis zu dem Weiler Kordale, dessen rauchende Schornsteine sie in der Ferne gerade noch erkennen konnte. Aus dieser Höhe blieb es unmöglich, Einzelheiten zu unterscheiden; der Untergrund

Weitere Kostenlose Bücher