Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
dergestalt, dass er keine Bedenken hegen musste, von ihr eine Antwort zu verlangen. Einst waren sie – in heute ferner Vergangenheit – Liebende gewesen.
Brakandaran schaute hinüber zu R’shiel und lächelte, als er ihre ehrfürchtige Miene bemerkte. Aus dieser Warte hatte sie das Sanktuarium noch nicht zu sehen bekommen, und offenbar verschlug der Anblick ihr den Atem. Oder vielleicht liegt es nur an der Höhe , dachte er spöttisch. Inzwischen ließ R’shiel sich durch kaum noch etwas beeindrucken.
Ohne dass Brakandaran dem Drachen ein Zeichen geben musste, drehte er nach rechts ab und kreiste über den schlanken Türmen der Harshini-Fluchtburg. Dranymir und R’shiel folgten dichtauf. Die Drachen benutzten ihre starken Schwingen bewundernswert sachte und schwangen sich hinab auf eine hoch gelegene, von einer Brüstung gesäumte Terrasse, die das weiche Licht der Morgendämmerung in silbrigen Schimmer tauchte. Dort wartete eine einzelne Gestalt, gehüllt in das bei den Harshini übliche lange weiße Gewand, auf die Ankömmlinge.
Brakandaran sprang vom Drachen ab und blinzelte in den Sonnenaufgang, während die Gestalt heranschritt. Sobald er einigen Abstand von dem Drachen erlangt hatte, zerfiel die Dämonen-Verschmelzung, und plötzlich wimmelte es auf der Terrasse von Dämonen, die über die Heimkehr frohlockten.
»Du findest dich ein wenig spät ein, Brakandaran«, sagte Shananara und wich auf dem Weg zu ihm den Dämonen aus. »Und du bringst das Dämonenkind.«
»Sei mir gegrüßt, Shananara.«
Die Prinzessin betrachtete Brakandaran vom Kopf bis zu den Füßen, ehe sie ihre Aufmerksamkeit R’shiel schenkte. »Wie ich sehe, bist du noch am Leben. Erstaunlich.«
»Wir haben die Rückkehr des Sanktuariums in die herkömmliche Zeit gespürt.«
»Das ist schwerlich eine Überraschung. Wahrscheinlich hat jede Gottheit, jeder Magier, jeder Priester und sogar jeder Dorfschamane auf diesem Erdteil es spüren können. Es wird am klügsten sein, du begleitest mich unverzüglich zum König. Er wünscht mit dir zu sprechen.« Auf dem Absatz wandte sich Shananara um und strebte auf das hohe Portal zu, das von der Turm-Terrasse ins Innere des Sanktuariums führte; offenkundig erwartete sie, dass Brakandaran und R’shiel sich ihr anschlossen.
»Was ist mit ihr?«, fragte R’shiel, während sie Shananara folgten.
»Sie ist zornig.«
»Ich dachte, Harshini könnten nicht zornig sein.«
»In der Tat können sie es nicht.«
»Dann spielt sie es allemal glaubwürdig vor.«
Brakandaran schüttelte den Kopf und schwieg. Er verstand, was Shananara durchlitt. Da sie sich keine Erleichterung ihrer inneren Anwandlungen durch menschliche Gefühle wie Wut, Furcht oder Groll verschaffen konnte, brodelte in ihr eine Aufwühlung, die in Worte zu fassen ihr versagt blieb.
Sie durchquerten hinter der Prinzessin die Gänge des Sanktuariums – vorüber an sichtlich bedrückten, zurückhaltenden Einwohnern – und näherten sich den Gemächern des Königs. Als sie zu guter Letzt die hohe, weiße Pforte erreichten, öffnete Shananara sie mit einem Wink und richtete den Blick auf R’shiel.
»Du musst mit dem König reden. Und zwar allein.«
R’shiel sah Brakandaran an, als ginge sie davon aus, dass er die Weisung bestätigen müsste. Kaum merklich nickte er und beobachtete, dass sie einen tiefen Atemzug nahm und sich offensichtlich auf allerhand Unerfreuliches einstellte. Er schaute ihr nach, als sie durch die Pforte trat, bis Shananara sie mit einer Geste der Hand hinter ihr zum Zufallen brachte.
»Was ist geschehen?«, erkundigte er sich, kaum dass sich die Pforte zur Gänze geschlossen hatte.
»Lass es uns nicht hier erörtern«, antwortete die Prinzessin, indem ihr Blick durch den leeren Korridor schweifte. »Wir wollen meine Gemächer aufsuchen.«
Brakandaran verzichtete darauf, sein Erstaunen zu verhehlen. Sie befanden sich im Sanktuarium: Eigentlich gab es hier keine Geheimnisse. Dennoch folgte er Shananara wortlos ins nächsttiefere Geschoss, in dem sie wohnte. Sobald er über die Schwelle trat, erkannte Brakandaran, dass sich ihre Gemächer, seit er zum letzten Mal darin gewesen war, überhaupt nicht verändert hatten. Noch immer waren sie weitläufig und luftig und angefüllt mit den Andenken an ihre zahlreichen Aufenthalte in der Welt der Menschen.
Shananara drückte die Tür mit der Hand zu und lehnte sich rücklings dagegen. Aufmerksam betrachtete sie Brakandaran, während er sich umschaute.
»Warum hast
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