Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
weilte ihre Leibwache wohl nicht in der Stadt«, stellte Damin klar. »Wenn Erfolg all unsere Mühe lohnen soll, ist es wohl ratsam, wir bemühen uns um ein überzeugendes Auftreten.«
Adrina öffnete den Mund, um eine spöttische Äußerung zu tun, entschied sich jedoch plötzlich dagegen. Damin hielt sie für eine kluge Frau. Vielleicht erlangte seine Schwester, unstrittig die mächtigste Frau ganz Hythrias, den gleichen Eindruck. Das wäre in Adrinas Leben eine erfreuliche Abwechslung.
»Dieser Herausforderung fühle ich mich durchaus gewachsen.«
Adrina lenkte ihr Ross an Damins linke Seite. Zur Rechten Damins hatte R’shiel sich im Sattel etwas höher aufgerichtet, als wäre das Mädchen, das kurz zuvor noch Krakandars Wunder offenen Mundes bestaunt hatte, unversehens aus ihrem Wesen gewichen, um jetzt dem Dämonenkind die Oberhand zu lassen. Diese sonderbar schnelle Art innerer Veränderung, so gestand sich Adrina ein, weckte durch ihre Unheimlichkeit bei ihr nicht allein Neugier, sondern auch eine gewisse Beunruhigung.
Auf der Freitreppe zeigten sich, indem sie sich ihr nahten, drei Gestalten. Die Frau zur Linken kannte Adrina. Anlässlich ihres einzigen vorherigen Besuchs in Hythria waren sie sich kurz begegnet. Diese in Schwarz gekleidete Frau, auf deren Brust das Diamanten-Abzeichen ihres Amtes funkelte, war niemand anderes als Kalan, die Großmeisterin der Magier-Gilde und Damins Halbschwester. Der Mann auf der rechten Seite hatte mit Kalan ausreichende Ähnlichkeit, um ihr Zwillingsbruder zu sein, also schlussfolgerte Adrina – zumal auch das Falkenwappen auf seinem aus Gold gehämmerten Harnisch dafür sprach –, dass er Narvell Falkschwert war, der Kriegsherr des Elasapinischen Gaus.
Die Frau in der Mitte kannte sie nicht. Sie war von kleinerem Wuchs als die Frau und der Mann zu ihren Seiten, hatte jedoch eine Haltung, als läge ihr die Welt zu Füßen und harrte nur ihrer Weisungen. Ihr helles Haar wies silbrige Ansätze auf, aber die Haut zeigte keine Falten. Sie betrachtete Damin und die zwei Frauen, die neben ihm ritten, aus dunklen, wachsamen Augen.
Am Fuß der Treppe saß Damin ab und stieg hinauf, ohne auf Adrina und R’shiel zu warten, indem er jeweils zwei Stufen auf einmal nahm, bis er ganz oben stand. Er riss die ältere Frau in die Arme und drückte sie. »Mutter …«
Adrina zögerte und sah R’shiel an, doch offenbar hatte das Dämonenkind vom Furcht erregenden Ruf der Fürstin Marla von Hythria noch nichts gehört.
»Lass ab, Damin, du stinkst wie ein Gaul!«
Damin lachte und wandte sich Kalan zu, die augenblicklich einen Schritt zurückwich. »Wag es nicht, mich anzurühren! Ich bin ganz Mutters Meinung, denn ich kann dich von weitem riechen.«
»Eine schöne Begrüßung! Monatelang weile ich fern der Heimat, und bei meiner Rückkehr höre ich nichts als Klagen über meine Ausdünstung.«
»Keine Bange, Bruder.« Narvell lachte. »Wir tauchen dich in Duftwasser, und danach dürften wohl deine Männer über den Geruch Beschwerde führen.«
Herzlich umarmte Damin seinen Halbbruder, dann schaute er ihm aus einer Armlänge Abstand ins Gesicht. »Wie schön, dich wieder zu sehen, Narvell. Ich weiß nicht, was du hier treibst, aber du bist ein willkommener Anblick. Fast wäre ich vom Ross gestürzt, als ich deine Krieger aus dem Palast herbeieilen sah, um die Zuschauer zu bezähmen. Hat dich während meiner Abwesenheit die Gier befallen, sodass du meinen Gau besetzt hältst?«
»Wir können später besprechen, was ihn zum Kommen bewogen hat«, mischte Fürstin Marla sich auf herrische Weise ein, heftete dann ihren durchdringenden Blick auf Adrina und R’shiel. »Unterdessen habe die Güte, mir deine Begleiterinnen vorzustellen.«
Offensichtlich wusste Damin, dass es sich wenig auszahlte, ihr Widerworte zu geben. Er drehte sich um und winkte R’shiel heran. »Fürstin Marla, Großmeisterin Kalan, Fürst Falkschwert, ich habe die Ehre, euch mit Ihrer Königlichen Hoheit Prinzessin R’shiel té Ortyn bekannt zu machen.«
Adrina hätte nicht sagen können, wen die Nennung des vollständigen Titels stärker überraschte, R’shiel selbst oder das Dreigespann auf dem Treppenabsatz. Kalan sackte der Unterkiefer abwärts. Narvells Miene spiegelte Ratlosigkeit wider. Marla starrte R’shiel an, dann wölbte sie vornehm die Brauen. »Té Ortyn, sagst du? Ich kenne nur ein Geschlecht namens té Ortyn.«
»Dann erkennst du gewiss auf Anhieb, wie höchst bedeutend unser Gast ist«,
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