Dämonenkind 3 - Kind des Schicksals
ist es noch eine Fremdländische.« Ruckartig drehte sie sich um und fasste Adrina grimmig ins Auge. »Aber nein, nicht schlichtweg um irgendeines fremdländischen Weibsbilds willen. Du musstest dich zu der Hirnverbranntheit versteigen, die verrufenste Metze auf Erden zu heiraten!«
Adrina schaute Damin an, sie versprach sich von ihm Beistand. Er hatte sich an einen mit goldenen Einlegearbeiten verzierten Tisch gesetzt und lauschte dem Geschimpfe seiner Mutter mit kaum verhohlener Erheiterung. Es ärgerte Adrina gehörig, dass er, anstatt sie zu verteidigen, das Gezeter als Belustigung empfand.
»Habt Ihr jetzt genug gewettert?«, erkundigte sich R’shiel plötzlich mit ruhiger Stimme aus dem Hintergrund der Räumlichkeit. Sie hatte sich die Bücher angesehen, die dort in den Schränken standen; soeben jedoch hatte sie sich umgewandt, und das Gebieterische ihrer Stimme verschaffte ihr unverzüglich Aufmerksamkeit.
Marla warf ihr einen erbitterten Blick zu. Sie war es nicht gewohnt, dass jemand ihre Vorherrschaft infrage stellte. »Wer seid Ihr, dass Ihr mir Weisungen erteilen dürft?«
»Ich bin R’shiel té Ortyn.«
»Wenigstens behauptet Ihr es zu sein«, höhnte die Fürstin. »Aber Ihr seid keine Harshini. Welches Recht habt Ihr, Euch den Namen der harshinischen Königssippe anzumaßen?«
»Lorandranek war mein Vater.«
»Diese Behauptung ist vollkommen lachhaft«, sagte Kalan. »Ihr seid ein Mensch. Wäre Lorandranek Euer Vater gewesen, dann müsstet Ihr ja …« Ihre Stimme verklang, als ihr bewusst wurde, was sie hätte aussprechen müssen.
»Ja?«, hakte R’shiel nach.
»Das ist ausgeschlossen.«
»Gerade du«, widersprach Damin, »müsstest wissen, dass es möglich ist .«
»Wovon ist hier die Rede, Damin?«, wünschte Narvell zu erfahren.
»Sag’s ihm, Kalan.«
Kalan heftete den Blick auf ihren Zwillingsbruder und hob die Schultern. »Falls diese junge Frau wirklich ist, was zu sein sie vorgibt, dann ist sie … das Dämonenkind.«
Diese Offenbarung machte auf Narvell sichtlichen Eindruck, Marla dagegen ließ sich weniger leicht überzeugen. » Dieses Mädchen? Das Dämonenkind? Damin, man muss dir im Norden irgendetwas zu essen gegeben haben, das dein Gehirn erweicht hat. Daran glaubst du doch nicht etwa, oder?«
»R’shiel ist das Dämonenkind, Mutter. Zegarnald selbst hat mich damit betraut, ihr Verbündeter zu sein.«
Verblüfft blickte Kalan ihn an. »Du hast dich mit dem Kriegsgott beraten?«
»Leibhaftig.«
»Zegarnald hat auch mit mir gesprochen«, erklärte Narvell. »Deshalb nämlich habe ich kehrt gemacht.«
»Diese Ereignisse sind wahrlich ohne Beispiel.«
»Alles an mir ist ohne Beispiel«, stellte R’shiel gelassen fest. »Wohlan, wenn wir inzwischen mit den Großmächtigkeitsmätzchen am Ende sind, können wir vielleicht von vorn anfangen. Marla, ich glaube, Ihr schuldet Eurer Schwiegertochter ein Einlenken. In Wahrheit ist sie gar keine üble Zeitgenossin. Was Euch anbelangt, Großmeisterin, so müssen wir beide, Ihr und ich, uns gründlich aussprechen. Damin, magst du wohl veranlassen, dass wir Gemächer zugeteilt bekommen? Zumindest in einer Sache hat deine Mutter vollkommen Recht: Wir alle stinken wie ein Pferdestall. Haben wir erst dazu Gelegenheit gehabt, einerseits uns zu säubern und andererseits zu beruhigen, wird es uns vielleicht möglich sein, über all diese Verwicklungen wie mit Vernunft begabte Leute zu beratschlagen.« Marla starrte R’shiel erschrocken an, doch ob aus dem Grund, weil sie unversehens Auge in Auge mit einer lebenden Sagengestalt stand, oder einfach aus dem Anlass, dass R’shiels bestimmtes Auftreten sie bestürzte, konnte Adrina nicht unterscheiden.
12
Damin pochte an den Eingang der Gemächer, die sein Oberster Hausverwalter Adrina zugewiesen hatte – sie lagen neben seinen Wohnräumen –, und öffnete, ohne einen Zuruf abzuwarten, die Tür. Er war ein wenig überrascht, sie unverriegelt vorzufinden.
Einst, als er noch ein Kind war, hatte seine Mutter diese Gemächer bewohnt – zumindest bei den wenigen Gelegenheiten, da sie in Krakandar geweilt hatte. Von daher bezeugten sie den erlesensten Geschmack: Jedes Zimmer zeichnete sich durch Luftigkeit und die gesamte Ausstattung durch Leichtigkeit aus, die Teppiche hatte man aus Karien eingeführt, aller Kristall stammte aus Fardohnja; der Fußboden aus rotem Granit war zu vollkommenem Glanz geglättet worden. Kein Stück der aus hellem Holz gefertigten Einrichtung stand am falschen
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