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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Plutonium-Atom trifft, taumelt, wackelt und schwankt dieses,
ehe es in zwei Teile zerfällt und dabei weitere Neutronen und einen Stoß
Gammastrahlung freisetzt. Das passiert innerhalb von zehn Nanosekunden. Sobald
die Druckwelle den Hohlzylinder zusammenpresst, dauert es fünfzig dieser zehn
Nanosekunden, bis jedes einzelne Plutonium-Atom in der Grapefruit von einem
Neutron getroffen worden ist und sich halbiert hat. Natürlich nur, wenn alles
symmetrisch verläuft. Und vielleicht einige Millisekunden später tanzt der
Teufel höchstpersönlich durch unser Universum.
    Noch zwölf Minuten. Ich stelle den Stuhl vor die
Bombe. Die Rückenlehne ist zum Glück aus Sperrholz, weshalb ich problemlos im
nötigen Abstand Löcher hineinbohren kann. Währenddessen hält Alan die
Basilisken-Waffe bereit. Ich befestige sie mit dem Panzerband am Stuhl und zwar
genau vor dem großen X – dort, wo sich die Hexogen-Sprengsätze befinden.
    »Das war’s.« Ein Stuhl. Eine Basilisken-Waffe – also
eine Box mit einem Camcorder an jeder Seite –, die an den Stuhl geklebt ist.
Eine tickende Wasserstoffbombe. Die Härchen in meinem Nacken stellen sich auf,
als ob die Röntgenstrahlen, die bald aus dem blutenden Plasma des zerfetzten
Gehäuses strömen werden, bereits jetzt frei durch die Gegend fliegen würden.
»Ich schalte jetzt die Waffe ein.« Ihre Sensoren richten sich durch die Löcher,
die ich in die Stuhllehne gebohrt habe, auf die Wasserstoffbombe. Unruhig
beobachte ich den Ladestand der Batterien. Verdammt, die Kälte hat ihnen ganz
schön zugesetzt. Aber sie sind noch immer aufgeladen, auch wenn nicht mehr viel
Energie übrig ist.
    »Okay«, sage ich und lehne mich zurück. »Dann bleibt
jetzt nur noch eins: Wir müssen auf den Auslöser drücken.«
    »Aha, gut zu wissen«, meint Alan. »Darf ich jetzt noch
fragen, warum?«
    »Klar, kein Problem.« Ich schließe die Augen. Es kommt
mir so vor, als hätte ich gerade einen Marathonlauf absolviert. »Die
Basilisken-Waffe verwandelt ungefähr ein Prozent der Kohlenstoffatome, die in
ihrer Ziellinie liegen, in Silikonatome. Dabei wird natürlich ein gewaltiger
Haufen Energie freigesetzt.«
    »Gut, verstanden. Aber Plutonium enthält doch keinen
Kohlenstoff –«
    »Nein, aber die Hexogen-Sprengsätze. Hexogen ist eine
Mischung aromatischer Kohlenwasserstoff-Polynitrate. Wenn man ein Prozent des
Sprengsatzes in Silikon verwandelt, gibt es eine wirklich hübsche Explosion.
Wenn wir jetzt unsere Vorrichtung ein bisschen zur Seite rücken, etwa so …« Ich
schiebe den Stuhl samt Waffe vorsichtig circa zwei Zentimeter nach links.»…
dann verpufft die Hälfte der Sprengsätze unserer Wasserstoffbombe. Es wird also
gleich gewaltig zischen. Stellen Sie sich eine Riesenfaust vor, die mit voller
Wucht den Plutoniumkern zerdrückt. Nun malen Sie sich aus, was geschieht, wenn
man vergisst, den Daumen oben draufzupressen. Das Plutonium wird nicht
komprimiert, um dann zu detonieren, sondern oben schießt ganz einfach
geschmolzenes Plutonium heraus. Es sieht zwar nicht gerade hübsch aus und
hinterlässt auch eine ziemliche Schweinerei, aber es ist immer noch besser als
ein superkritischer Ausfall. Im schlimmsten Fall fliegt die Hülle in die Luft und
radioaktive Strahlung tritt aus, aber es gibt keinen Atompilz.«
    Alan schaut auf die Uhr. »Noch neun Minuten. Sie
machen sich besser auf den Weg.«
    »Neun – was soll das denn heißen?«
    Er sieht mich mit müden Augen an. »Junge, ich
bezweifle, dass diese Basilisken-Waffe einen Timer besitzt. Jemand muss also
den Abzug drücken. Sie sind Zivilist, aber ich bin der Königin von England
verpflichtet.«
    »Schwachsinn!« Ich starre ihn wütend an. »Sie haben
Frau und Kinder. Wenn hier einer entbehrlich ist, dann ja wohl garantiert ich.«
    »Erstens erinnere ich mich vage daran, dass Sie mir
versprochen haben, mir aufs Wort zu folgen, wenn Sie an dieser Expedition
teilnehmen. Zweitens begreifen Sie, was hier vor sich geht. Sie sind also viel
zu wichtig, um zurückgelassen zu werden. Und drittens ist das mein Job«, fügt
er hinzu. »Ich bin Soldat. Ich werde dafür bezahlt, Kugeln, Neutronen und
dergleichen abzufangen. Sie nicht. Falls Sie also keine magische Fernbedienung
oder so etwas haben sollten, dann –«
    »Lassen Sie mich noch mal einen Blick darauf werfen«,
sage ich.
    Die Basilisken-Waffe besteht aus mehreren speziell
angefertigten Schaltkreisen, die an zwei Camcordern angebracht sind. Ich beuge
mich über den Apparat. Die gute

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