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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Nachricht, die ich gerade durchgab, kann
folgendermaßen übersetzt werden: »Achtung, meine Tarnung ist aufgeflogen.
Schwebe in Lebensgefahr, muss hier schnellstens raus und darf unter keinen
Umständen kontaktiert werden.« Und das mit dem Schneiden beim Rasieren,
bedeutet: »Es ist Blut geflossen.« Mit etwas Glück brauchen die Leute, die
gerade mithören, zumindest einige Minuten, um zu begreifen, dass ich den
Alarmknopf gedrückt habe.
    Ich werfe ein paar Handtücher über Karohemds noch
immer blutenden Kopf, greife nach der Reisetasche und öffne vorsichtig die Tür.
Nichts passiert. Ich trete hinaus, schließe hinter mir ab und laufe in Richtung
Auto. Mos Ausreiseprobleme sind auf einmal in weite Ferne gerückt. Das Einzige,
was mich im Augenblick beschäftigt, ist die Frage, wie ich heil zum Flughafen
komme und ins nächste Flugzeug Richtung Heimat steige.
    Als ich das Auto entsichere, bleibt die erwartete
Explosion aus, es öffnet sich nur die Zentralverriegelung und die Lichter
blinken. Meinen Talisman, das Affenhändchen, in der Hand, drehe ich den Zündschlüssel.
Zitternd wie Espenlaub fahre ich in die Nacht hinein.
     
    »Hallo? Wer ist da?«
    »Mo? Bob hier.«
    »Bob –«
    »Ja, hören Sie, was heute Nachmittag betrifft …«
    »Ich bin so froh, Sie zu hören –«
    »Ich habe mich auch gefreut, Sie kennenzulernen, aber
deswegen rufe ich nicht an. Es ist etwas passiert, und ich muss leider sofort
zurück nach England. Wir werden Ihre Akten noch einmal genau unter die Lupe
nehmen und eruieren, welchen Druck wir ausüben können –«
    »Sie müssen mir helfen.«
    »Was? Selbstverständlich werden wir –«
    »Nein! Jetzt! Sie wollen mich umbringen. Ich
bin hier eingeschlossen! Sie haben keine Leibesvisitation gemacht, also auch
mein Handy nicht entdeckt, aber –«
    KLICK.
    »Was zum Teufel –«
    Ich starre auf das Telefon und schalte es hastig aus.
Dann reiße ich den Akku heraus, falls jemand versuchen sollte, mich
aufzuspüren.
    »Was zur Hölle –«
    Mein Kopf schwirrt. Eine rothaarige Maid in Bedrängnis
hat mich also gebeten, sie zu retten. Der zynische Teil von mir denkt, dass ich
wirklich verzweifelt sein muss. In meinem Motelzimmer habe ich einen
durchlöcherten Spion zurückgelassen, und ich werde bei meiner nächsten Einreise
in die USA wahrscheinlich nicht gerade mit wehenden Fahnen begrüßt werden. Und
dann erhalte ich auch noch einen unverständlichen Anruf von meiner Zielperson,
die in Lebensgefahr zu schweben scheint. Was zum Teufel geht hier vor sich?
    Wenn ich mich nun an die Anweisungen der Wäscherei
halte und mich so schnell wie möglich aus dem Staub mache und Mos Entführer
ähnlich zuvorkommend sind wie mein zweiter Gast heute Abend, dann werde ich
nicht nur den Auftrag versauen und unseren Kontakt im Stich lassen, sondern
auch – was fast am schlimmsten wäre – meine Chancen, diese Frau ein zweites Mal
zu sehen, endgültig verspielen.
    Ich schaue mich rasch um und wende dann in Richtung
Stadt. Es ist allmählich an der Zeit, mir einige Gedanken zu machen.
     
    Mo lebt in einer Mietwohnung unweit der Universität.
Da ich jetzt ihren Namen kenne, dauert es keine zehn Minuten, ehe ich sie in
einem Telefonbuch ausfindig gemacht habe und vor ihrem Haus stehe. Vor ihrer
Tür stehen keine Polizeiautos und auch sonst nichts Auffälliges. In ihrer
Wohnung brennt kein Licht. Ich weiß natürlich, dass sie nicht zu Hause ist,
aber ich brauche etwas, das ihr gehört. Also parke ich, haste zur Haustür und
klopfe, als ob ich erwartet würde. Hoffentlich haben ihre Entführer keine unerfreulichen
Überraschungen hinterlassen.
    Die äußere Tür ist zwar zu, aber die innere steht weit
offen. Zehn Sekunden mit einem Schweizer Messer und ich stehe in der Wohnung.
Hier sieht es schrecklich aus – ein Tisch voller Papiere ist umgeworfen, ein
Notebook liegt in einer Ecke, und als sich meine Augen an die Dunkelheit
gewöhnt haben, erkenne ich ein umgestürztes Bücherregal und dahinter einen
Flur. Ich steige darüber hinweg und mache mich mit einer Hand in der Tasche auf
die Suche nach dem Schlafzimmer.
    Auch hier sieht es chaotisch aus. Entweder hat es
jemand sehr eilig gehabt oder sie gehört nicht zur ordentlichen Sorte. Vor dem
Bett liegt ein Haufen schmutziger Wäsche – ich schnappe mir ein T-Shirt und
mache mich auf den Rückweg. Einige Hautschuppen, mehr brauche ich nicht. Ich
versuche nicht daran zu denken, was ihr in diesem Augenblick widerfahren
könnte.
    Draußen kommt mir ein

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