Dämonentor
untersetzter Mann mittleren
Alters entgegen. »Hi«, begrüßt er mich leicht misstrauisch.
»Hallo«, erwidere ich. »Ich habe nur kurz
vorbeigeschaut. Mo hat mich gebeten, ihre Pflanzen zu gießen.«
»Oh«. Als er Mos Namen hört, breitet sich
augenblicklich Langeweile auf seinem Gesicht aus. »Bitte parken Sie Ihr Auto
so, dass es nicht den Behindertenparkplatz blockiert.«
»Bin schon weg«, versichere ich und bemühe mich,
diesem Versprechen sofort nachzukommen.
Kurz darauf parke ich um die Ecke und hole das T-Shirt
hervor. In dem spärlichen Armaturenlicht sieht es etwas ausgewaschen aus.
Hoffentlich klappt es. Ich hole meinen umgebauten Palmtop aus der Reisetasche,
öffne eine nur mir vertraute Software, die sich automatisch löscht, falls ein
falsches Kennwort eingegeben wird, und schon öffnet sich der Expansions-Slot.
Ich ziehe das T-Shirt durch und warte. Na toll! Der Pfeil des Displays zeigt
direkt auf mich – da sind wohl ein paar Schuppen von mir dabei gewesen.
Fluchend fahre ich den Computer herunter und versuche es noch einmal. Diesmal
stürzt mir die Maschine ab. Ich fluche. Erst beim dritten Mal erscheint ein
Pfeil, der mal nicht auf mich zeigt, egal, in welche Richtung ich das Ding
drehe. Die Wunder moderner Technik!
Eine Stunde später liege ich bäuchlings in einem Gebüsch,
mein Affenhändchen in der einen, Palmtop in der anderen Hand, Handy in der
Tasche. Meine Mission ist es, falls ich mich nicht anders entscheide, das
bevorstehende Menschenopfer im Haus mir gegenüber zu verhindern – und zwar
mutterseelenallein.
Die Brandung des Pazifiks übertönt das Rauschen der
Straße hinter mir. Mir ist eiskalt. Der frische Wind und der noch regenfeuchte
Boden lassen mich zittern. Meine Schulter schmerzt noch immer. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ich sie morgen noch benutzen kann, ist nicht sehr
hoch. Meine eigene Schuld, wenn ich mich einer Kugel in den Weg stelle. Zwar
hat der kinetische Schutzengel seine Magie walten lassen, aber dafür
funktioniert er jetzt nicht mehr.
Vor dem Carport steht ein Transporter. Das Haus ist
von innen und außen beleuchtet, die Vorhänge sind geschlossen. Vor zehn Minuten
sind zwei Typen zur Tür rausgekommen, haben sich das Cross-Motorrad aus der
Garage geschnappt und sind über den Rasen auf die Straße gerast, ohne sich um
den Verkehr zu scheren. Ich habe sie nicht genau unter die Lupe nehmen können,
aber ein Applet auf meinem Palmtop brüllt mir förmlich Warnungen entgegen: In
unmittelbarer Nähe befinden sich gewaltige Beschwörungsfelder. Und der
Untergruppe nach zu urteilen, plant hier anscheinend jemand eine Gateway-Beschwörung.
Jemand hat vor, ein Massen-Transfer-Tor zu einem anderen Universum zu öffnen – also
ein verdammt unangenehmer Voodoo-Zauber. Ich habe nicht die leiseste Ahnung,
wer oder was hinter diesen Typen steckt oder warum sie Mo gekidnappt haben,
aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es sich um nichts Gutes handeln kann.
Ein Lichtstrahl nähert sich von der Straße. Das
Knattern eines Zweitakters ertönt, und schon kommt das Motorrad um die Ecke
gerast und fährt in die Garage. Kurz darauf erscheinen die beiden Typen. Einer
trägt jetzt einen Rucksack … Was haben die zwei geholt? Etwas, das nicht zu
nahe am Haus gelagert werden darf? Ich versuche mich noch kleiner zu machen, am
liebsten wäre ich unsichtbar. Dann nehme ich noch einmal eine Messung der
Umgebung vor, wie ich sie schon im restlichen Garten gemacht habe. Mein
Eindruck erhärtet sich allmählich – eine komplexe Schutzspirale von guten
siebzig Metern Durchmesser, auf das Haus konzentriert. Das ist schon Paranoia
der Oberliga, um etwas Gewaltiges zu schützen! Was planen diese Leute und was
hat Mo damit zu tun? Vorsichtig schleiche ich mich an ein großes Fenster heran
und achte darauf, dass man mich von der Straße aus nicht sehen kann. Ob es wohl
Hunde gibt?
Die Vorhänge sind zugezogen, aber das Fenster steht
offen – es trennt uns nur ein Fliegengitter. Ich höre Stimmen, verstehe aber
nichts, da die Vorhänge den Schall dämpfen. Ich kann nur ausmachen, dass sie
eine mir fremde Sprache sprechen und es sich um mehr als zwei Stimmen handelt.
Einer lacht kurz auf: kein angenehmer Klang. Ich lehne mich an die Wand und
versuche, so leise wie möglich zu atmen. Punkt eins: Ich bin mir sicher, dass
Mo da drin ist – es sei denn, sie hat die Angewohnheit, ihre T-Shirts an seltsame
Typen, die gigantische Beschwörungsrituale ausführen, zu verleihen, wenn
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