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Dämonentor

Dämonentor

Titel: Dämonentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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hinter ihrer Entführung und dem Mordversuch an mir
steckt, hat diese Leute offensichtlich überrascht. So stand das nämlich nicht
im Drehbuch. Es ist mir klar, dass ich mich in den ersten Flieger hätte setzen
sollen, aber zu diesen Zeitpunkt war sowieso schon alles zu spät. Wer zum
Teufel waren diese Irren überhaupt? Eine Riesenbeschwörung in aller
Öffentlichkeit –«
    »Das brauchen Sie nicht zu wissen«, unterbricht mich
Derek rüde. »Vergessen Sie es einfach.«
    »Okay.« Ich lehne mich zurück. Mein Kopf schmerzt
unerträglich. »Habe schon verstanden.«
    Mein dritter Inquisitor mischt sich nun mit dünner
Stimme ein: »Aber das war noch nicht alles, Robert, oder?«
    Ich blicke sie verärgert an. »Wahrscheinlich nicht,
nein.«
    Bridget ist eine Blondine aus einer der obersten
Etagen, die nach ganz yuppie-weit oben will. Sie hat bereits den
Kabinettsposten im Visier. Ihr Aufgabengebiet besteht einzig und allein darin,
ihren Untergebenen das Leben zur Hölle zu machen. Dafür hat sie diverse
Handlanger, deren Anführer Harriet ist. Teilnahmslos und anscheinend nur des
Protokolls wegen legt sie los: »Ich bin über die Organisation dieses Auftrags
nicht sehr glücklich. Es sollte nicht schwer sein, eine Kontaktperson zu
treffen und die Situation abzuwägen. Wir hätten es schon fast unserem Konsul
überlassen können, der kurz nach seinen Schäfchen schaut. Ich möchte Ihnen
nicht zu nahe treten, aber Robert ist nicht gerade das, was man einen erfahrenen
Außendienstler nennen kann, und hätte nicht mit einer solchen Situation
konfrontiert werden dürfen, ohne vorher das notwendige Training –«
    »Es war kein feindliches Territorium«, unterbricht
Andy.
    »Aber eines ohne bilaterales Abkommen. Wir haben
derzeit kein Übereinkommen mit den Amerikanern, Geheimdienstinformationen auszutauschen.
Es liegt kein solcher Vorschlag auf dem Verhandlungstisch und auch auf höherer
Ebene besteht keinerlei Informationsaustausch. Muss ich mich deutlicher
ausdrücken? Robert war exponiert, er war ohne Aufsicht und erhielt keinerlei
Unterstützung vom oberen Management. Als die Sache außer Kontrolle geriet,
versuchte er offenbar sein Bestes, was aber leider einfach nicht gut genug
war.« Sie lächelt Andy strahlend an. »Für das Protokoll möchte ich festhalten,
dass Robert zusätzliches Training benötigt, ehe ihm weitere Solo-Einsätze
zugeteilt werden. Außerdem finde ich es unerlässlich, dass wir die Umstände,
unter denen dieser Einsatz zustande gekommen ist, genau untersuchen, um
festzustellen, ob diese Vorgehensweise symptomatisch ist und somit vielleicht
eine Schwachstelle in unserer Planungsorganisation darstellt.«
    Na großartig! Andy
sieht beinahe so angewidert aus, wie ich mich fühle. Bridget hat uns alle
gerade in Grund und Boden verdammt, indem sie uns scheinheilig und
ausgesprochen schwächlich gelobt hat. Mein Bestes ist also nicht gut genug, und
ich benötige dringend Extra-Betreuung, ehe ich aus dem Kindergarten darf.
Derek, Andy und die anderen, die mit der Mission etwas zu tun hatten, dürfen
nun sicher Bridgets lange, neugierige Nase in ihren Abteilungen willkommen
heißen und jede Aktion vor ihr rechtfertigen. Und wenn dann nicht jedes Papier,
jede Abrechnung, jede Entscheidung gewissenhaft geprüft und fünfmal umgedreht
worden ist und Bridget auch nur einen Hauch von Fahrlässigkeit oder Unaufmerksamkeit
wittern sollte, wird sie das der obersten Etage garantiert sofort melden und
freudig mit dem Finger auf die Schuldigen zeigen. Natürlich wird jeder, der zu
widersprechen wagt, als »extrem unprofessionell« abgestempelt. Machtkämpfe nach
Wäscherei-Art.
    »Mein Kopf tut weh«, murmele ich, »und meine innere
Uhr behauptet, dass es zwei Uhr früh sei. Gibt es noch irgendwelche Fragen? Ich
würde mich nämlich ganz gerne nach Hause begeben und für ein oder zwei Tage
hinlegen.«
    »Nimm ruhig den Rest der Woche frei«, meint Andy.
»Wenn du wiederkommst, haben wir alles geregelt.« Ich stehe auf. Dank meines
augenblicklichen Zustands denke ich nicht weiter darüber nach, was er genau
unter »alles geregelt haben« versteht.
    »Bitte lassen Sie mir Ihren offiziellen Bericht zukommen«,
fügt Bridget hinzu, ehe ich entkommen kann. »Bitte halten Sie sich an das
Diensthandbuch Vier, Kapitel elf, Abschnitt C. Es hat keine Eile, Ende nächster
Woche möchte ich allerdings den Bericht auf meinem Schreibtisch haben.«
    Schriftliches Beweismaterial für bösartige
Machenschaften der Bürokraten. Ich

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