Dämonentor
aneignen und anhand seiner
erlernten menschlichen Fähigkeiten und Verhaltensweisen seine Beschwörer
manipulieren. Der Besessene, sein Agent auf der anderen Seite des ersten Tors,
muss zuerst eine Verbindung schaffen, dann eine Energiequelle finden und diese
zu der geeigneten Größe anschwellen lassen, sodass das Monster ganz
hindurchpasst. Es besaß gerade noch genügend Energie, um ein Tor zu öffnen, das
groß genug für einen menschlichen Körper ist, wobei auf beiden Seiten ein Agent
wartete. Die dazu benötigte Energiemenge kostete die übrig gebliebene
Ahnenerbe-SS das Leben, die vermutlich für eine solche Gelegenheit aufbewahrt
worden war. Um jedoch ein Tor zu öffnen, das einen Eisriesen durchlassen soll –
der groß genug ist, um auf dem Mond Monumente einzumeißeln und das Universum
auszusaugen –, bedarf es wesentlich mehr Energie. Energie, die entweder durch
eine gewaltige Geisterbeschwörung oder von einer einzigen leistungsstarken
Energiequelle stammen muss.
Orientierungssuchend schaue ich mich um. Augenblicklich
stehe ich am Fuß eines Hügels. Auf der anderen Seite befinden sich eine Mauer
und einige Leichen. Hinter mir liegt ein gefrorener Wald und eine Burg der
Schatten, bewohnt von Alpträumen. Und dann gibt es da natürlich noch eine
Wasserstoffbombe, die in ungefähr siebzig Minuten hochgeht. Wo sind die
anderen? Irgendwo zwischen der Festung und dem Tor …
Ich muss Alan sagen, dass die Bombe nicht hochgehen
darf. Entschlossen nehme ich meinen
Sack voll abgeschnittener Hände und bewege mich hügelabwärts auf die
skelettartigen Bäumen zu. Mit der freien Hand halte ich meine Basilisken-Waffe.
Im Dämmerlicht greifen Äste nach mir, und ich zucke immer wieder unter meinem
Helm zusammen. Wenn es hier doch mehr als einen dieser Körperräuber gibt …
Prompt rutsche ich aus und falle auf meinen
Oberschenkel, was verdammt wehtut. Etwas knirscht unter mir. Woraufhin ich
gefallen? Unter mir liegt ein braunes Etwas. Ein totes Kaninchen oder eine tote
Ratte, jedenfalls schon seit vielen Jahren tot. Tot. Ich stehe auf und
greife nach dem Sack, der mir aus der Hand gerutscht ist. Wäre das nicht der
passende Moment, ein paar Vorsichtsmaßnahmen zu treffen? Es könnte ja
tatsächlich sein, dass noch andere Dämonen diesen unheimlichen Ort heimsuchen.
Ich werfe einen Blick in die Richtung der Ahnenerbe-SS-Festung
vor mir und versuche fieberhaft, mich an einen schon lange vergessenen Vortrag
über okkulte Tarnmethoden zu erinnern.
Eine Viertelstunde später – zehn wertvolle Minuten hat
es gekostet, mir mit Hilfe meines Multitools, einem Stück Panzerband und einem
abgetrennten Unterarm samt Hand aus dem Sack eine kleine Überraschung zu bauen
– stehe ich inmitten der ungeschützten Ebene vor der Burg. Wer hätte ahnen können,
dass hier alles derart schieflaufen würde? Ich klammere mich an meinen Talisman
wie ein Todgeweihter und überlege krampfhaft, was ich als Nächstes tun soll.
Der Talisman glüht in einem unheimlichen blauen Licht,
das an den Fingernägeln zu nagen scheint. Um ihn zum Leuchten zu bringen,
musste ich mit meiner Basilisken-Waffe einen gefrorenen Baum anzünden und den
Talisman in die verkohlten Überreste legen. Die tiefen Einschnitte in der
Handfläche leuchten rot, als würden sie wieder bluten. Ich nehme die Ruhmeshand
hoch und hoffe inbrünstig, dass sie auch tatsächlich funktioniert.
Über meinem Kopf erlischt ein Stern nach dem anderen.
Der Mond ist blutrot, und die Schatten erobern immer größere Teile der
Landschaft, wie ich mithilfe des Nachtsichtgeräts deutlich sehen kann. Etwas
wie ein Feuer brennt auf dem Dach der Ahnenerbe-SS-Festung. Was um Himmels
willen bedeutet das?
Ich versuche wieder den Funk zu benutzen. »Howard an
alle, Howard an alle. Falls noch jemand hier ist, dann meldet euch bitte.« Das
zischende Rauschen, das mir antwortet, hallt in meinen Ohren wider. Ich
stolpere auf dem eisigen Boden weiter auf die Burg zu, als ich plötzlich etwas
um eine Ecke in Richtung Tor huschen sehe – etwas, das vor langer Zeit einmal
ein Mensch gewesen sein mag. Es sieht mich nicht, wird aber von jemandem im
Inneren der Burg entdeckt. Eine Gewehrmündung taucht in einem Fensterschlitz im
zweiten Stock auf, und ein Schuss fällt. Das Wesen sprintet weiter. Es war
einmal einer von uns, aber das ist vorbei. Ich kenne keinen Menschen, der ohne
Helm und Sauerstofftank im eiskalten Fimbulwinter so schnell rennen kann.
Der besessene Soldat legt eine große Waffe
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