Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)
Irustar.
Irustar Alagotis. Mjirs Herz schlug schneller. Sie würden einen wahren Ohrenschmaus zu hören bekommen. Ein Epos, das …
Und ihm war plötzlich, als stände er nicht mehr allein an die Wand gelehnt. Als stünde sein Vater neben ihm. Oder in ihm. Und eine leise Stimme flüsterte:
‚ Ja. Und was für ein stinklangweiliger Unsinn wird es sein. ’
Unsinn? Mjir blickte sich um. Niemand hatte etwas gesagt. Niemand rührte sich. Er musste sich geirrt haben. Niemand, am allerwenigsten er selbst, käme je auf den Gedanken, eines von Alagotis Liedern als Unsinn zu bezeichnen.
‚ Tatsächlich nicht? Wart’s ab. ’
Mjir fuhr herum. Da! Schon wieder. Doch hinter ihm war nur die blanke, weiße Wand. Einige Umstehenden warfen ihm verwunderte Blicke zu. Er musste sich getäuscht haben. Rot im Gesicht wandte er sich wieder um.
In diesem Augenblick schlug der Sänger einen Ton an – und begann.
Mjir lehnte sich zurück gegen die Wand und schloss die Augen. Die Musik strömte über ihn hinweg, füllte seinen Geist und erfreute sein Herz. Sie machte ihn alles vergessen. Dies war der Himmel.
»… ritten auf die Jagd nach wildem Biest,
Tier aus Fabeln, das nur in diesem Lande ist,
Ivaris, das schöne, erhabene, blühende,
Land über der Sonne …«
‚Ist dir eigentlich klar, was für einen hirnverbrannten Schwachsinn er da von sich gibt?’
Mjir riss die Augen auf. Da war die Stimme schon wieder! Von wo zum Dämon kam …
‚ Hier drinnen, du Heini! ’
‚Nein’, dachte Mjir verzweifelt. ‚Das ist einfach nicht möglich! Ich habe Halluzinationen!’
‚ Widersprechen Halluzinationen für gewöhnlich? Jetzt mal im Ernst, findest du wirklich Gefallen an diesem Stuss? Land über der Sonne. Über der Sonne kommt der Himmel, und dann ist Schluss! Um das herauszufinden braucht man nur die Augen zu benutzen, auf Erziehung und gesunden Menschenverstand braucht man da nicht einmal zurückzugreifen. ’
‚Erziehung?’, dachte Mjir in Panik. ‚Was für eine Erziehung? Was für gesunder Menschenverstand?’
‚Ich natürlich! Ich bin die Erfahrung deiner gesammelten Jahre, wenn’s auch noch nicht viele sind; ich bin deine innere Stimme der Vernunft. Jeder hat eine. Sogar dein krächzender Kumpel da drüben. Nur bei manchen Trotteln – wie zum Beispiel dir – muss sie etwas deutlicher werden. Glaubst du dein Vater hat dich umsonst wieder und wieder geschüttelt und herumgeworfen? Nein, mein Junge, ich bin das Ergebnis moderner Erziehungsmethoden, und darauf bin ich stolz! Und das solltest du auch sein, schließlich bin ich du. Und du bist übrigens auch ich, so Leid es mir tut, das zugeben zu müssen.’
‚Verschwinde aus meinem Kopf!’
‚Geht nicht’, erwiderte die Stimme fröhlich. ‚Ich sitze hier genauso fest wie du. Und ich kann einen inneren Monolog anfangen, wann immer es mir passt, es hat also überhaupt keinen Sinn, sich die Finger in die Ohren zu stecken.’
»… wo die Sterne auch des Tages funkeln,
und nichts sich anschickt die Nacht zu verdunkeln,
wo Licht und ewig Freude sind,
und jeder Iv so jung wie ein Kind,
und doch älter als die Erde, …«
‚Glatter Widerspruch’, meinte die Erziehung. ‚Er hätte es anders formulieren sollen und sagen: Sie sind verdammt alt, brauchen aber keine Schönheitsmittelchen. Das reimt sich zwar nicht, ist aber wenigstens eindeutig.’
‚Wie kann man eine Stimme im Kopf davon bekommen, dass man geschüttelt und gegen eine Wand geworfen wird?’, dachte Mjir. Ärger stieg in ihm auf. ‚Das ist doch Unsinn!’
‚Ha, von wegen. Schüttelkuchen muss man auch nur einmal ordentlich durchschütteln, damit das richtige Ergebnis herauskommt – womit übrigens ich gemeint bin. Du hast doch sicher schon von der Stimme des Gewissens gehört, oder? Tja, die bin ich! Und ich kann es beim besten Wissen und Gewissen nicht verantworten, dass du dir solchen Blödsinn anhörst!’
‚Aber wenn die Leute sagen, eine innere Stimme hätte ihnen zu etwas geraten, dann meinen sie das doch nur im übertragenen Sinne!‘
‚Sie? Wer sind sie? Hast du sie jemals gefragt? Ganz abgesehen dafür heißt ‚im übertragenen Sinne' nur, dass man für Dummköpfe etwas vereinfacht darstellt. Du hättest auf deinen Vater hören und auf Felswind bleiben sollen, weißt du?’
‚SEI ENDLICH STILL! Warum musst du dich auch ausgerechnet jetzt zum ersten Mal melden! Ich will Felswind ganz einfach vergessen! Sei still! Bisher hast du doch auch keinen Ton von dir
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