Dämonenturm - Band 1: Stein auf Schädel (German Edition)
Damen aus allen Provinzen und fernen Marken Iakainors, dies ist Miruwar die Orange.«
Gelächter aus der Menge. Der Kämmerer warf die Frucht mit seiner rechten in die Höhe und fing sie mit der Linken.
»Oh, ich bitte um Verzeihung, Meister Miruwar. Eine kleine Verwechslung, kann ja mal vorkommen. Ich meine natürlich Miruwar der Orange. Es besteht natürlich ein gewaltiger Unterschied zwischen einem mächtigen Herren der Magie, wie Ihr es seid, und einer simplen Südfrucht. Die Frucht hat keinen Bart.«
Diesmal bebten die Wände des Doms, es wurde geklatscht und gejohlt. Mjir stand da und wunderte sich, warum der Magier diese Schande über sich ergehen ließ. Er stand einfach nur da als ob er kein Wort von den Beleidigungen hörte, und schien höchst interessiert an einer Schmeißfliege, die etwa zwanzig Zoll über dem Kopf des Kämmerers durch die Luft schwirrte.
Der Kämmerer klatschte in die Hände. »Jetzt habe ich aber genug geredet. Schließlich bin nicht ich es, der Euch verehrte Herrschaften heute unterhalten soll. Also dann, du bärtige Südfrucht! Zeig, was du kannst!«
»Sehr wohl, Herr.« Zu Mjirs allergrößter Verblüffung verbeugte sich der Magier untertänig. »Und wenn ich das bemerken darf, Ihr seid äußerst zungenfertig und witzig. Das war wirklich eine geniale Rede.«
Immer noch übers ganze Gesicht grinsend, verließ der Kämmerer den freien Raum. Er ging direkt an Mjir vorbei.
Es ging alles sehr schnell. Aus dem Augenwinkel sah Mjir, wie etwas kleines Schwarzes, kaum mehr als ein Punkt in der Luft, dem Kämmerer folgte. Als dieser den Mund öffnete um einen Freund zu begrüßen, verdrehten sich plötzlich seine Augen und er packte sich röchelnd an die Gurgel. Hustend und spuckend beugte er sich vor. Dann richtete er sich, immer noch keuchend, wieder auf und Mjir sah, als er den Kopf wandte, was sich da auf der offenen Hand des Kämmerers wand: Eine von Speichel bedeckte, zornig summende Fliege.
Verschnupft schüttelte sie sich und surrte davon.
Ein gewaltiger Knall ertönte hinter Mjir, und er wirbelte herum, halb fürchtend die Halle stürze ein. Doch nichts dergleichen. Auf dem Boden war eine schwarze Rose aus Ruß entstanden, und orangefarbener Rauch wallte um den Magier. Mjir verstand dies nicht. Warum gab sich ein mächtiger Magier für eine solch billige Schau her? Dies waren ganz und gar nicht die Magier, von denen Alagotis in seinen Liedern –
‚Hörst du nie damit auf?’
‚Du schon wieder!’
‚Natürlich! Du wirst es nie lernen, oder? Wer sein Wissen über die Welt aus Heldenepen bezieht, bekommt früher oder später ernsthafte Probleme, wenn er mit etwas kollidiert, das man Realität nennt. Ganz abgesehen davon, ich weiß nich,t was du an dem Gesäusel findest. Man kann die Melodien nicht mal ordentlich summen. Wenn man es versucht, holt man sich einen Knoten in der Zunge.’
‚Was weißt du denn schon davon?’
‚Viel zu viel sogar. Hast du vergessen, dass ich mir sie drei Monate lang habe anhören müssen? Danach war sogar die Reise in dieser Truhe eine Erholung!’
Miruwar räusperte sich und Mjirs Aufmerksamkeit wurde für einen Moment von seinem inneren Dialog abgelenkt. Der Magier zog ein Paket Spielkarten aus der Tasche seiner Robe, und hielt sie hoch.
»Also«, fragte er, »welche Karte hätten die Damen und Herren gerne?«
»Pik-Ass«, rief eine Stimme aus der Menge.
‚Er führt tatsächlich billige Zaubertricks vor‘, wunderte sich Mjir. ‚Was für ein erbärmliches Schauspiel.’
Der Magier zog die oberste Karte vom Stapel und drehte sie um. Es war tatsächlich das Pik-Ass.
‚Guter Trick, das’, hörte Mjir die Stimme in sich, ihr Tonfall war anerkennend. ‚Und ich habe nicht einmal gesehen, aus welchem Ärmel er das Ass gezogen hat. Schnelle Reflexe.’
‚Guter Trick? Du findest das GUT? Magier sollten sich nicht mit solchen Dingen abgeben! Alagotis hat mir von ihnen vorgesungen! Sie sind weise Männer, die sich in die kosmische Einheit vertiefen oder den Lauf der Sterne studieren …’
‚… der auf Dauer erstaunlich monoton ist, wie du feststellen wirst, wenn du jemals die Lust verspüren solltest durch ein Teleskop zu blicken, was ich nicht hoffe. Flinke Hände hingegen sind für manches nützlich.’
»Mach die zersägte Jungfrau!«, rief eine laute Männerstimme von weiter hinten.
Miruwar zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Ich würde Eurem Wunsch ja gerne Folge leisten, aber wenn ich mich hier so umsehe …« er
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