Dämonisches Tattoo
damit er ihn sich beim Einsteigen nicht anschlug. Dann fiel die Tür hinter ihm zu.
Er glaubte Munarez, wenn sie sagte, dass sie nicht zulassen wollte, dass ihm etwas zustieß. Die Betonung lag in diesem Fall auf
wollte
. Denn Chase fürchtete, dass sie es trotz aller Mühe nicht schaffen würde. Dafür war Frank zu clever.
Chase saß allein im Wagen, ein Gitter trennte den Rücksitz von den Vordersitzen ab und die Türen hatten auf der Innenseite keine Griffe und konnten nur von außen geöffnet werden.
Er war gefangen.
Draußen zog Munarez ihr Handy aus der Tasche, drückte eine Taste und hielt es sich ans Ohr. Mit der freien Hand hielt sie sich das andere Ohr zu, um den Straßenlärm zu dämpfen, und entfernte sich langsam vom Streifenwagen in Richtung der Mauer, die die Außenanlagen der Mall umgab. In ihren braun gebrannten Zügen stand die Anspannung geschrieben. Sie glaubte ihm, davon war Chase mittlerweile überzeugt. Zumindest wollte sie ihm glauben und ihm helfen. Dummerweise tat sie es auf ihre Weise, den Vorschriften entsprechend, die besagten, dass man einen Verdächtigen aufs Revier zu bringen hatte. Ach verflucht, noch vor ein paar Tagen hätte er genau dasselbe getan! Dafür waren Richtlinien schließlich da, damit man sich an sie hielt. Aber manchmal gab es einfach Situationen, in denen man die Vorschriften sausen lassen musste, das hatte er in den letzten Tagen gelernt.
Munarez schien endlich eine Verbindung zu haben, denn Chase sah, wie sich ihre Lippen bewegten, und versuchte die Worte davon abzulesen, doch sie wandte ihm jetzt den Rücken zu. Sein Blick wanderte weiter, zur Beifahrerseite hinaus, wo Muffin und Bagel mit den beiden Uniformierten in der Einfahrt des Ladehofs standen – vielleicht zehn Meter vom Wagen entfernt – und sich unterhielten. Er hörte das Lachen der vier, das schlagartig verstummte, als der Frischling sich zu ihnen gesellte. Sichtlich war der Scherz auf seine Kosten gegangen. Bis auf Munarez wirkten sie alle vollkommen entspannt. Sie hatten einen seit Tagen gesuchten Verbrecher gefasst, einen, der es angeblich auf einen Kollegen abgesehen hatte. Von seinem Gespräch mit Munarez hatten sie nichts mitbekommen.
Hinter den Polizisten, am anderen Ende des Hofs, sah er eine Bewegung. Der Wagen stand nicht mittig in der Einfahrt, sodass Chase sich nach vorn beugen musste, um mehr zu erkennen. Im ersten Moment dachte er, es wäre ein Arbeiter, dann jedoch sah er, dass der Mann einen Anzug trug, und einen Atemzug später erfasste er Franks kalte Züge. Sein Blick war auf den Streifenwagen gerichtet, bohrte sich geradewegs durch die Scheibe in Chase. Ein kurzes selbst-gefälliges Nicken war Franks einzige Reaktion, doch der Ausdruck in seinen Augen sagte deutlich:
Jetzt bist du fällig.
Bei Franks Anblick zog sich alles in ihm zusammen. Blitzartig kehrten die Bilder zurück, wie sein ehemaliger Partner versucht hatte, ihn umzubringen. Der Irrsinn in seinen Augen, gepaart mit der wilden Entschlossenheit, den Tod seiner Frau zu rächen, ganz gleich, was es ihn selbst kosten würde. Der Streifschuss, dem Chase in den letzten Tagen kaum noch Beachtung geschenkt hatte, begann zu brennen, als wolle er ihm ins Gedächtnis rufen, wozu Frank in der Lage war.
To protect and serve. Schützen und dienen. Das Motto der Polizei, das auch auf jedem Streifenwagen stand. Die Frage war nur, wem sie in diesem Fall dienten.
Frank sprang von der Ladekante und blieb stehen. Sein Blick war noch immer auf Chase gerichtet. Ein hässliches Grinsen spaltete seine Lippen, dann wandte er seine Aufmerksamkeit ab und rief den Polizisten etwas zu. Chase glaubte, »die Frau« von seinen Lippen ablesen zu können, und wusste genau, was er den anderen sagte. Er behauptete, Kate gesehen zu haben, um die Leute dazu zu bringen, nach drinnen zu laufen und nach ihr zu suchen – und tatsächlich setzten sie sich in Bewegung. Gefolgt von den beiden Uniformierten liefen Bagel und Muffin die Rampe hoch und verschwanden kurz darauf außer Sicht. Lediglich der Frischling blieb bei Frank stehen. Die beiden sprachen kurz miteinander. Der Frischling warf einen Blick zum Streifenwagen. Offensichtlich hatte er vor, beim Wagen zu bleiben, um auf seinen Gefangenen aufzupassen. Frank sagte etwas zu ihm, redete freundlich auf ihn ein und schlug ihm schließlich ermutigend auf die Schulter. Da lief auch er los und war kurz darauf nicht mehr zu sehen.
Frank wandte sich wieder dem Wagen zu und ging langsam los. Ihn trennten
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