Dämonisches Tattoo
noch etwa dreißig Meter von seinem Ziel. Chase sah sich nach Munarez um. Die Polizistin stand noch immer mit dem Rücken zu ihm und telefonierte. Chase hämmerte gegen die Scheibe, um sie auf sich aufmerksam zu machen, doch das Donnern der vorbeirauschenden Trucks übertönte jedes Geräusch.
Frank knöpfte sein Sakko auf und löste den Sicherheitsverschluss, der die Pistole im Holster hielt. Etwas in Chase hoffte, dass Frank herkommen und die Tür öffnen würde, um sein Werk zu vollenden. Doch sein einstiger Freund war nicht dumm, er würde nicht riskieren, dass Chase ihn angriff, sondern einfach durch die Scheibe ballern.
Frank zog seine Waffe.
Zwanzig Meter. Nah genug für einen gezielten Schuss. Dadurch jedoch, dass der Wagen nicht mittig in der Zufahrt stand, hatte er keine gerade Schusslinie. Ein paar Schritte zur Seite noch, dann hätte er freies Schussfeld.
Munarez sah sich noch immer nicht um.
Scheiße! Chase drehte sich auf dem Sitz herum, zog die Beine an und trat mit voller Wucht gegen die Tür auf der Fahrerseite. Wenn es ihm gelang, sie aufzubekommen …
Seine Fußsohlen prallten gegen die Innenverkleidung, die den Stoß abfing und seine Wucht umlenkte, geradewegs zurück in seine Beine. Chase ignorierte den Schmerz und holte noch einmal aus. Und noch einmal. Etwas in der Verkleidung brach, doch es war nur ein oberflächlicherer Riss im Kunststoff. Das Blech dahinter war unversehrt. Er holte gerade erneut aus, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde. Um ein Haar hätte er Kate ins Gesicht getreten, die am hinteren Kot-flügel kauerte und sich nach vorn gebeugt hatte, um die Tür zu öffnen. Im letzten Augenblick lenkte er seinen Tritt um.
Chase starrte sie an.
Er hätte erleichtert sein müssen, angesichts der Möglichkeit, die sich ihm bot. Stattdessen spürte er kalte Wut in sich aufsteigen. Sie dürfte überhaupt nicht hier sein! Er wusste nicht, ob er sie anschreien oder sie erleichtert in seine Arme ziehen sollte. Da ihm für nichts davon Zeit blieb, rutschte er vom Sitz auf die Straße hinaus. Ein Blick über die Schulter zeigte ihm Frank, der auf ihn zielte.
Chase sprang auf die Beine, packte Kate an der Hand und riss sie mit sich. Frank war noch immer im Hof, sodass sie bereits nach ein paar Metern nicht länger in seiner Schusslinie waren. Trotzdem blieb er nicht stehen.
»Über die Straße«, rief er Kate zu, »zur U-Bahn!«
Der U-Bahn-Eingang zur Pentagon City Station befand sich unmittelbar gegenüber dem Haupteingang der Mall. Ohne auf den Verkehr zu achten, liefen sie auf die Straße hinaus. Autos kamen mit quietschenden Reifen zum Stehen, ein Hupkonzert erschallte. Chase rannte weiter. Ein Wagen kam so knapp vor ihm zum Halten, dass die Stoßstange ihn touchierte. Er streckte die Hand aus, fing sich an der Motorhaube ab, fand sein Gleichgewicht wieder und hetzte weiter. Auf der anderen Straßenseite angekommen warf er einen Blick zurück. Frank war im Begriff, die Straße zu überqueren. Er hatte die Pistole noch in der Hand, hier waren jedoch zu viele Passanten unterwegs, als dass er einen Schuss gewagt hätte. Ihm blieb keine andere Wahl, als Chase zu folgen. Auch Munarez war jetzt auf ihn aufmerksam geworden und hatte die Verfolgung aufgenommen, war jedoch ein gutes Stück hinter Frank.
Chase lief weiter, auf den Zugang zum U-Bahnhof zu. Nach ein paar Schritten tauchten er und Kate unter den gewölbten Glashimmel ein und rasten die Treppen hinunter.
Sie hasteten durch das Zwischengeschoss, drängten sich im Zickzack an den Menschen vorüber, die gemütlich bummelnd oder mit zielstrebigen Schritten unterwegs waren.
»Da lang!« Chase deutete auf eine Rolltreppe, die zum Bahnsteig hinabführte. Die Stufen flogen nur so an ihnen vorbei. Immer wieder rempelte er jemanden an, sparte sich jedoch den Atem, den ihn eine Entschuldigung gekostet hätte, und zog Kate weiter.
Unten stand eine U-Bahn auf dem Gleis bereit. Männer, Frauen und Kinder strömten aus dem Zug, während andere neben den Türen standen und darauf warteten, dass sie einsteigen konnten.
»Weiter!« Chase scheuchte Kate über den Bahnsteig, sie schoben sich durch die Menge, die ihr Tempo unweigerlich bremste. Er stieß mit einem Mann zusammen und musste einen Schritt zur Seite machen, um ihm auszuweichen, dabei rutschten Kates Finger aus seiner Hand. Sie war jetzt ein paar Schritte vor ihm. Als sie sich nach ihm umsah, bedeutete er ihr weiterzulaufen und folgte ihr, darum bemüht, sie nicht aus den Augen
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