Dämonisches Tattoo
würden Jeffrey Dahmer und die Manson Family wie eine Bande Teletubbies aussehen.
Sein Blick fiel auf das Foto von Jane Mercer. Morgen Nacht würde er noch einmal zu ihr gehen und es zu Ende bringen. Danach waren die Übrigen an der Reihe. Eine nach der anderen. Er griff nach dem Blatt, auf dem er die Dienstzeiten der Ehemänner festgehalten hatte, und warf einen Blick darauf, als ihn ein heftiges Ziehen in der Brust zusammenzucken ließ. Er presste die Hand gegen die Stelle und wartete, dass der Schmerz verging – sicher nur eine Nervenreizung –, doch der Schmerz hielt an.
»Stell dich nicht so an«, schimpfte er sich selbst. »Abgesehen davon, dass du zu jung für einen Herzinfarkt bist, ist es die falsche Seite.« Von seiner eigenen Wehleidigkeit angewidert, schob er die Papiere zu fünf ordentlichen Stapeln zusammen, für jede Frau einen, und steckte jeden in eine separate Klarsichthülle. Das Ziehen in seiner Brust weitete sich zu einem Brennen aus, das er nicht länger ignorieren konnte.
Er zog den Kragen seines T-Shirts von sich und spähte unter den Stoff, doch es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können. Näher an die Lampe heranzugehen machte es eher schlechter als besser, denn das Licht blendete ihn so sehr, dass er kaum noch etwas anderes erkennen konnte. Schließlich stand er auf, ging ins Bad und schaltete die Neonlampe über dem Spiegel an, bevor er sein Shirt auszog.
»Da soll mich doch …« Das Tattoo auf seiner rechten Brust, eine handtellergroße Schlange, die sich selbst in den Schwanz biss, war entzündet und geschwollen. Durch die Schwellung wirkte es größer als gewöhnlich und auf eigenartige Weise lebendig, ein Eindruck, den die rot gewellten Ränder rund um das Tattoo noch unterstrichen. Soweit er sehen konnte, schien sich jedoch kein Eiter unter der Haut zu sammeln. Allerdings war ihm schleierhaft, wie sich ein Tattoo entzünden konnte, das er sich vor zehn Jahren hatte stechen lassen. Es sah beinahe so aus, als würde sich die Schlange bewegen. Aus zusammengekniffenen Augen starrte er auf das Tier, das nun seinen eigenen Schwanz freigab. Die gespaltene Zunge streifte hektisch züngelnd über seine Brust und hinterließ ein Kribbeln dort, wo sie ihn berührte, Schuppen rieben über seine Haut.
»Das bilde ich mir ein!« Er löste den Blick vom Spiegel, drehte den Wasserhahn auf und wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser, ehe er sich erneut seinem Spiegelbild stellte. Wasser rann über seine Stirn und seine Wangen und tropfte von seinem Kinn, seine Züge veränderten sich, zerflossen wie Nebel und setzten sich vor seinen Augen zu einem verschwommenen Gesicht zusammen, in dem er sich noch immer selbst zu erkennen glaubte. Doch da war noch etwas anderes. Es sah aus, als hätte man zwei Bilder – zwei Gesichter – übereinandergelegt. Vertrautes mischte sich mit Fremdem, ohne ein klares Ganzes zu ergeben.
Die Schlange hob ihren Kopf – er löste sich einfach von seiner Brust, als hätte sie ihn nur dort abgelegt – und starrte ihm aus dem Spiegel entgegen. »Du bist jetzt nicht mehr allein.« Die Worte kamen nicht aus seinem Mund und es war auch nicht seine Stimme, die er hörte. Es war die Schlange, die zu ihm gesprochen hatte. Oder nicht?
Er schloss die Augen und rieb sich mehrmals fest mit den Händen darüber, bevor er sie wieder öffnete. Rote Punkte tanzten vor seinem Sichtfeld und gaben nur langsam den Blick auf den Spiegel frei. Blinzelnd starrte er auf das Tattoo. Die Schlange hatte sich wieder zu einem Kreis zusammengerollt und ihre Zähne in den eigenen Schwanz geschlagen, lediglich die Schwellung war noch da, zornig rot und auf eigenartige Weise pulsierend.
Als er die Augen zu seinem Gesicht wandern ließ, starrten ihm nicht seine eigenen Züge, sondern die des FBI-Agenten entgegen. Mit einem Schrei drosch er die Faust gegen den Spiegel und zertrümmerte ihn.
9
»Du bist jetzt nicht mehr allein.«
Die Worte trieben durch Chase’ Geist, von unzähligen Echos gefolgt. Eine sich windende Schlange blitzte vor seinen Augen auf, dann sah er sein eigenes Gesicht im Spiegel, ehe es in tausend Scherben zerfiel.
Chase öffnete die Augen, bevor er endgültig wegtreten und die Kontrolle über Lombardi verlieren würde, und starrte auf einen schartigen Nachttisch vor seiner Nase.
Das muss ein Traum sein.
Er saß doch neben Lombardi im Wagen, die Pistole noch immer in der Hand.
Verdammt, Ryan! Du kannst nicht schlafen! Nicht in so einer Situation! Wach auf!
Doch ganz
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