Dämonisches Tattoo
hier?«
»Ich hatte das Zimmer gemietet, wegen des Vortrags morgen«, erklärte sie. »Nachdem Sie im Wagen zusammengeklappt sind, wusste ich nicht, wo ich mit Ihnen hinsoll, da dachte ich … Es war der einzige Ort, der mir eingefallen ist. Ich habe Sie hierhergebracht und bin dann noch mal los. Neben der Potomac Mills Mall ist ein Superstore, der rund um die Uhr geöffnet hat. Dort habe ich ein paar Sachen besorgt. Danach habe ich mich um Ihre Verletzungen gekümmert.« Für einen Moment ruhte ihr Blick auf seinem nackten Oberkörper, ehe sie schnell wieder wegsah. »Die Wunde an Ihrem Hals hat nicht aufgehört zu bluten, ich musste sie nähen. Allerdings fürchte ich, dass es nicht sonderlich gut geworden ist. Wenn Sie keine hässliche Narbe zurückbehalten wollen, sollten Sie das so schnell wie möglich von einem Arzt noch einmal machen lassen.«
»Das wird nicht nötig sein.« Sich in einem Krankenhaus blicken zu lassen, wo man die Wunde sofort als das erkennen würde, was sie war – ein Streifschuss –, und den Behörden melden würde, war das Letzte, was er vorhatte. Eine Narbe scherte ihn nicht, solange er mit dem Leben davonkam.
Ohne die Glock zur Seite zu legen, ging sie zum Tisch, zog eine Wasserflasche aus einer der braunen Tüten, kehrte mit der Flasche und einer Packung Tabletten zu ihm zurück und hielt ihm beides hin. »Das sind Antibiotika, die sollten Sie lieber nehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Wunden nicht entzündet haben. Vor allem dieses Tattoo sieht seltsam aus.«
Chase warf einen Blick auf die Tablettenpackung. Antibiotika. Wie sie gesagt hatte. Sie würde ihn wohl kaum vergiften. Er musste einige Stunden bewusstlos gewesen sein. Stunden, in denen ihm nichts passiert war. Er nahm ihr die Flasche aus der Hand, drückte eine Tablette aus der Packung und spülte sie mit einem großen Schluck hinunter.
Als er die Flasche wieder zuschraubte und auf den Nachttisch stellte, drückte sie ihm eine weiße Plastikdose in die Hand. »Paracetamol. Sie werden es brauchen.«
Chase schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Ich spüre nichts.«
»Das liegt daran, dass ich Ihnen vor einer Stunde zwei Stück eingeflößt habe.« Ihr Blick streifte seine Schulter. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie der Typ sind, der sich freiwillig ein Tattoo stechen lässt.«
»Das war alles andere als freiwillig.«
»Du meine Güte, müssen Sie besoffen gewesen sein.« Chase hatte nicht vor, ihr zu erzählen, was es mit dem Tattoo auf sich hatte. Er hatte nicht vor, ihr überhaupt
irgendetwas
zu erzählen. »Es wird Zeit, dass ich verschwinde, bevor eine Streife Ihren Wagen entdeckt oder jemandem die Einschusslöcher auffallen.«
»Das wird nicht passieren.« Sie setzte sich ihm gegenüber auf die Kante des anderen Bettes. »Der Wagen ist nicht hier. Ich habe ihn auf dem Parkplatz des Superstore zurückgelassen und bin mit dem Taxi zum Motel gefahren.«
Kluges Mädchen.
Chase streckte die Hand aus. »Geben Sie mir die Pistole.«
»Kommt nicht infrage!«
Er zuckte die Schultern und spürte zum ersten Mal den Anflug eines dumpfen Schmerzes zwischen seinen Schulterblättern. »Sie ist sowieso nicht geladen.«
»Ja, sicher«, spottete Lombardi. »Sie erzählen mir, dass die Waffe nicht geladen ist, ich gebe sie Ihnen zurück und Sie beweisen mir mit einem Schuss in die Luft, dass doch ein Magazin drin ist, und können mich wieder bedrohen. Tut mir leid, aber auf den Trick falle ich nicht herein.«
Chase hatte keine Lust zu diskutieren. Er packte die Waffe am Lauf und riss sie ihr mit einem Ruck aus der Hand. »Abgesehen davon, dass man auch entschlossen sein sollte zu schießen, wenn man eine Waffe auf jemanden richtet, ist sie tatsächlich nicht geladen.« Er zielte in die Luft und drückte den Abzug durch, woraufhin lediglich ein trauriges
Klick
erklang.
Ihre Augen funkelten vor Zorn. »Haben Sie überhaupt eine Ahnung, wie viel Angst ich hatte?«
»Dafür entschuldige ich mich.«
»Und Sie«, rief sie, ohne auf seine Entschuldigung zu reagieren. »Sie bedrohen mich mit einer Waffe, die nicht einmal geladen ist!«
»Wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn ich es mit einer scharfen getan hätte?«
Sie gab ein nicht identifizierbares Geräusch von sich, das irgendwo zwischen Schnauben und Stöhnen lag, und sank ein Stück in sich zusammen, als wäre ihr mit einem Schlag die Luft ausgegangen.
Zum ersten Mal fand Chase die Zeit, Lombardi genauer anzusehen. Schon zuvor hatte er bemerkt, dass etwas an
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