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Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Titel: Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schleich
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Landkreis stand kopf, wenn höllisch laute Rennautos und -motorräder den »großen Bruder des Hohen Peißenbergs« hinaufbretterten. Seit 1989 gibt es das nicht mehr, aus Umweltgründen, dafür quälen sich jetzt Kolonnen von mehr oder weniger fitten Rennradfahrern die Serpentinen hinauf. Von Dopingskandalen hat man bisher noch nichts gehört.
    Über eine knarzende Holztreppe erklimmen wir den Turm der auf dem Gipfel des Auerbergs thronenden St. Georgskirche und treten hinaus auf eine gewagt zwischen Turm und Kirchendach hinbalancierte Aussichtsplattform.
    Zum Glück leiden wir nicht unter Höhenangst, denn von den 1055 Berg- und noch mal etwa 20 Kirchturm-Metern herab haben wir einen atemberaubenden Blick, der nach Westen so weit ins Allgäu hineinreicht wie im Osten nach Oberbayern. Angeblich soll man an einem klaren Tag von hier aus einen Alpenblick vom Wendelstein bis zum Bregenzer Wald haben und darüber hinaus auch noch 170 Dörfer sehen können. Bei uns verliert sich der Blick relativ bald im Nebel, aber wir verstehen, warum hier oben auf dem Berg die Römer schon vor 2000 Jahren ihre erste Legionärssiedlung in Bayern errichtet haben – übrigens kurz nachdem sie ausgerechnet bei Oberammergau die Einheimischen unterworfen hatten. Von diesem Aussichtspunkt aus kann man nicht nur jeden herannahenden Einheimischen schon kilometerweit erkennen, hier hatte der Legionär darüber hinaus auch den Eindruck, die halbe von Rom beherrschte Provinz Raetien wie in einem begehbaren Bilderbuch unter sich liegen zu sehen.

Neugablonz – Stadt der Heinzelmännchen
    Unser nächstes Ziel hat ebenfalls mit Geschichte zu tun, allerdings mit der sehr viel jüngeren: Wir steuern, nachdem uns bergab rasende Rennradfahrer auf den Serpentinen des Auerbergs den einen oder anderen kurzzeitigen Herzstillstand beschert haben, erwartungsvoll auf Kaufbeuren zu, genauer gesagt, auf dessen Ortsteil Neugablonz. Schon der Name macht einen neugierig, denn er sticht unter den fünf 1945 neu gegründeten Ansiedlungen für die Vertriebenen des Zweiten Weltkriegs deutlich hervor. Während Neutraubling, Geretsried, Traunreut und Waldkraiburg mit ihren -ling, -ried, -reut und -burg-Endungen fast schon in verbalen Lederhosen daherkommen, handelt es sich bei der Endung -lonz im bayerischen Ortsnamenkosmos schon um einen Solitär.
    Der erste Eindruck, den wir von Neugablonz bekommen, ist allerdings eher gewöhnlich: Reihen um Reihen von bescheidenen Eigenheimen, hin und wieder unterbrochen von mehrgeschossigen Mietskasernen, hinter denen ein paar Getreidesilos in den Himmel ragen.
    Aber Moment mal, das sind ja gar keine Getreidesilos, das ist auch kein Zementwerk, das sind Kirchtürme, kantig-klobige Gebilde aus den 50er-Jahren, wie sie auch andere bayerische Städte hier und da verunstalten. Was für ein Gottesbild aus diesen Betongebilden spricht, sei einmal dahingestellt, uns interessiert eher die Tatsache, dass man hier in kurzem Abstand gleich zwei dieser Monstrositäten erblickt – den Turm der evangelisch-lutherischen Kirche, der wenigstens noch ein seltsam gedrückt wirkendes Alibi-Dächlein trägt, und den der katholischen Herz-Jesu-Kirche, die derlei Maskerade offenbar nicht nötig hat: ein kantiger, in die Höhe gezogener, fensterloser Klotz mit einem wie nachträglich eingesägt wirkenden Schlitz, hinter dem man wohl (ebenfalls würfelförmige?) Glocken vermuten darf.

    Fertighaus Gottes – die Herz-Jesu-Kirche in Neugablonz
    Kopfschüttelnd wundern wir uns wieder einmal darüber, dass den Architekten nach dem Zweiten Weltkrieg offenbar nichts anderes einfallen wollte als diese triste, grobschlächtige Bunkerarchitektur, die sich ihre Inspirationen offenbar von Fabrikhallen und Tiefgaragen geholt hat.
    Sicher, man darf nicht ungerecht sein. Als mit den Strömen der erzwungenen Völkerwanderung bei Kriegsende Tausende von Vertriebenen an den Rand Kaufbeurens gespült wurden, war an diesem Ort gar nichts – nur die Ruinen einer Sprengstofffabrik und die Zwangsarbeiter-Baracken eines ehemaligen Außenlagers des KZ Dachau, in denen viele Flüchtlinge erste Unterkunft fanden. Dass man da zehn Jahre später keine Asam-Kirche hinstellen kann, ist klar. Und dass man hier und anderswo in Bayern, wo Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen eine neue Heimat gefunden haben, eine gewaltige Integrationsleistung vollbracht hat, auch. Vor diesem Hintergrund verwundert es einen dann schon, dass man heute ein paar Hundert Asylbewerber aus

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