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Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke

Titel: Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schleich
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evangelischen Gottesdienst war und eine Pfarrerin mit Kurzhaarschnitt zur Wandergitarre moderne Kirchenlieder schrubbte, da wusste er: Gott ist tot!
    Auch mir ist es ein immer größeres Rätsel, warum gerade und ausgerechnet die Religion für sich einen besonderen Schutz beansprucht.
    Als 2012 nach einem dummen Anti-Islam-Film im Internet wieder einmal Botschaften in Brand gesteckt wurden, fiel unserem bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer nichts Besseres ein, als lauthals eine Verschärfung des Blasphemieparagrafen (§166 StGB) zu fordern, der die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse unter Strafe stellt.
    Wie billig!
    Wer beschützt eigentlich Homosexuelle, Atheisten, Wiederverheiratete, ledige Kinder und Frauen, die nach einer Vergewaltigung die Pille danach nehmen wollen, vor den Schmähungen derer, die für sich die Wahrheit des Glaubens in Anspruch nehmen?
    Jeder soll glauben, was er will, aber er soll bitte die Menschheit damit in Ruhe lassen. Und gerade in Bayern kann man nicht oft genug klarstellen: Das Fundament unserer heutigen Kultur und Lebensweise ist nicht das Christentum, sondern die Aufklärung, sie hat uns die Bildung gebracht und die Menschenrechte und uns damit frei gemacht. Jene, die so gerne von der »christlichen Leitkultur« reden, könnten das ohne die Aufklärung vermutlich nicht mal unfallfrei schreiben …

Dem Freistaat aufs Dach gestiegen – Die Zugspitze
    Garmisch, Ende November. Leichter Nieselregen draußen vor den Bahnhofsfenstern. Bis die Zugspitzbahn abfährt, ist noch etwas Zeit, aber die Sitzplätze im Wartebereich sind belegt, weshalb wir in ein praktisch leeres Hamburger-Restaurant gehen, das früher wohl mal die Bahnhofswirtschaft war. Ein Haufen Burger-King-Pappendeckelkronen in der Ecke, an der Wand ein Poster »Happy Cheesemas« mit zwei Hamburgern, von denen einer »Santa« und der andere »Claus« heißt – wo doch »Garmisch« und »Partenkirchen« hier viel passender wären, in diesem von den Nazis zwangsvereinigten, innerlich aber noch immer zweigeteilten Doppelort mit brauner Olympia-Vergangenheit.
    Nach einer kurzen Wartezeit im Frittendunst gehen wir durch die Gleisunterführung zum Bahnhof der Bayerischen Zugspitzbahn. Als wir unsere Fahrkarten lösen – Zugspitze Rundreise für 49 Euro fünfzig pro Person –, schaut uns die Frau an der Kasse ein wenig mitleidig an. Wer an so einem Tag hinauf zur Zugspitze fährt, der muss irgendwie deppert sein. Oder Kabarettist.
    Der moderne Triebwagenzug vorne am Bahnsteig sieht aus wie eine Großstadt-U-Bahn im Skiurlaub und ist vollkommen leer. Nur vorne im Führerstand sitzen zwei Fahrer, die in ein ernstes Gespräch auf Sächsisch vertieft sind und uns nicht weiter beachten, als wir direkt hinter der gläsernen Trenntür Platz nehmen. »Da musste schauen, gesundheitlich, so was derrfste nich auf de leichte Schulder nehmen.« Oh, oh, denken wir. Steht uns da am Ende eine Bergfahrt mit Risikopersonal bevor?
    Zwei Fahrer – zwei Passagiere: Da muss man wohl von einem eher suboptimalen Personal/Kunden-Koeffizienten sprechen. Zum Glück ist niemand von McKinsey in der Nähe, in ihrer Rentabilitäts-Paranoia würden die uns wahrscheinlich die Bahn unterm Hintern wegrationalisieren.
    Nachdem wir eine Weile hinaus in das unter einem bedrückend grauen Totensonntagslicht liegende Garmisch geschaut haben, geht ein von hinten nach vorne keuchendes Pressluftzischen durch den Zug, der sich daraufhin mit einem metallischen Knirschen in Bewegung setzt. Wir sind noch keine 100 Meter gerollt, als sich über die Lautsprecheranlage eine männliche Softeisstimme, ohne den leisesten Anflug von Sächsisch, Bayerisch oder irgendeinem anderen Dialekt, meldet und verkündet, dass der nächste Halt Hammersberg sei, gefolgt von dem dazugehörenden Softeis-Weibchen, das alles noch einmal auf Englisch wiederholt und hinzufügt: »To leave here, please press the stop button«.
    Draußen zieht eine schneelose Landschaft vorbei, regennasse Wiesen mit dunkelbraunen Odelspuren, stillstehende Skilifte, mit Steinen beschwerte Schindeldächer, eine Kirche mit einem terrassenförmig angelegten Friedhof, auf dem die Grabsteine in Reih und Glied stehen.
    Auf einem Flachbildschirm im Wagen tauchen die Worte »Zugspitze, Top of Germany« auf, und in Grainau halten wir neben einem alten, rostpockigen Zug, auf den man mit weißen Lettern »1 000 000 Kilometer Laufleistung« geschrieben hat. Grau und bedrohlich ragt fast senkrecht über uns die Zugspitze auf,

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