Dahoam is ned dahoam - Bayerische Ein- und Durchblicke
Todes drüben in der Stiftspfarrkirche kommt sie uns vor, hier in ihrer künstlichen Höhle, die das durch winzige Fenster heruntertröpfelnde Herbstlicht förmlich zu verschlucken scheint. Nur der Abglanz des Madonnengolds flackert auf den Gesichtern der Menschen und schimmert hinauf zu den Nischen in der Wand, hoch über den Köpfen der Betenden.
Da stehen sie nun, die Herzen der Wittelsbacher, wegen denen wir diese Reise unternommen haben. Luftdicht verlötet in mit schwarzem Faden umwickelten Metallgefäßen, ruhen sie in ihren silbernen Urnen, im schummrigen Licht kaum zu erkennen hinter den spiegelnden Glasscheiben: das »teutsche« Herz Ludwigs I. in einer eher schlichten Urne, das seines Sohnes Max II. in einem dafür umso protzigeren Behältnis, das von der Größe her wohl ohne Probleme auch ein Ochsenherz fassen könnte. Die Herzurne Ludwigs II. nimmt sich dagegen wieder fast bescheiden aus und steht doch viel häufiger im Brennpunkt öffentlichen Interesses als die übrigen 28 hochwohlgeborenen Herzen, die in der Kapelle ihre letzte Ruhestätte gefunden haben: Immer dann nämlich, wenn die Guglmänner, jene selbst ernannten Gralshüter der bayerischen Monarchie, wieder einmal fordern, die Urne mit dem im Geheimen Hausarchiv der Wittelsbacher aufbewahrten Schlüssel zu öffnen und nachzusehen, ob das Herz des Märchenkönigs nicht doch von einer von »Todesschussexperten des preußischen Geheimdiensts« abgeschossenen Kugel durchbohrt wurde. Auch wenn man, wie wir, nicht an ein finsteres Mordkomplott glaubt, so ist es doch irgendwie beruhigend zu wissen, dass es ihn in irgendeiner dunklen Schublade nach wie vor geben muss: den Schlüssel zu den Herzen der bayerischen Monarchie.
Wenn Bayern beten
von Helmut Schleich
Vorneweg: Es war im Februar 2009. Im Bayerischen Rundfunk verkündete ein Militärpfarrer auf die Frage, worin er seine Aufgabe in Afghanistan sähe, er fände es wichtig, den Angehörigen ums Leben gekommener deutscher Soldaten klarzumachen, dass deren Tod nicht sinnlos wäre.
Da war es bei mir aus. Ich kündigte der katholischen Kirche nach 42 Jahren Vereinsmitgliedschaft mit sofortiger Wirkung. Ich konnte nicht fassen, oder besser gesagt, nicht glauben, dass ein deutscher Militärpfarrer im 21. Jahrhundert allen Ernstes seine Aufgabe darin sieht, vom Heldentod zu schwätzen! Leicht verklausuliert zwar, aber dennoch deutlich plapperte er Struck’sche Propaganda nach von wegen deutscher Interessen, Hindukusch und so weiter.
Bitte, gibt es etwas Sinnloseres als den Tod eines gesunden jungen Menschen im Krieg?
So manches war ja in letzter Zeit dazu angetan, vom rechten Glauben abzufallen: die Heimholung des Holocaust-Leugners Williamson beispielsweise, und bei den Missbrauchsgeschichten fragt man sich auch, was widerwärtiger ist, die sexuellen Übergriffe selbst oder die teils perfiden Vertuschungsversuche seitens der Kirche.
Aber eine Kirche, deren Vertreter im Brustton der Überzeugung der Gewalt das Wort reden, wohl weil das heute politisch opportun erscheint, hatte für mich in diesem Moment ihre moralische Glaubwürdigkeit verloren.
Bisher hatte ich die Firma immer eher verteidigt, wenn in Diskussionen die gängigen Argumente von Hexenverbrennung bis Zölibat auftauchten. Denn selbst wenn ein Papst aufwendig und teuer in arme Länder reist, hat er doch wenigstens eine gehörige Portion Hoffnung im Gepäck. Im Fall des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst, der 2012 mit Hilfe eines Upgrade-Wunders erster Klasse in die indischen Slums flog, war es vielleicht nur eine Dose Kaviar für die hungrigen Kinder, aber immerhin, besser als nichts, es zählt ja die Geste.
Wenn ich an Allerheiligen auf dem Schongauer Stadtfriedhof stehe, einem wahrhaft altehrwürdigen Ort bayerischen Totengedenkens, finde ich es immer wieder faszinierend, wie es die Kirche verstanden hat, die Rituale des Jahres für sich zu besetzen. Das Gedenken an die Vorfahren heißt Allerheiligen, die Wintersonnwende Weihnachten und das erste Durchbrechen der Natur im Frühjahr Ostern.
Auf diesem Friedhof hat sich im Übrigen der Ortspfarrer im Rahmen der Gedenkveranstaltung einmal zu der abstrusen These verstiegen, dass, wer aus dieser Kirche austrete, nur eines im Schilde führe: Kirchensteuer sparen, aber die 14 kirchlichen Feiertage trotzdem mitnehmen und damit fast zwei Wochen Sonderurlaub im Jahr ohne Gegenleistung einsacken. Das stumme Nicken der anwesenden Christenmenschen war spürbar.
Genau! Schuften sollen sie,
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