Daisy Goodwin
was sie in
dem Fall tun würde.
Er hörte auf zu zeichnen und sah sie
an. «Möchten Sie Ihre Kostümjacke ablegen? Sie erwarten ein Baby, nicht?
Vielleicht fühlen Sie sich dann wohler.»
«Woher
wissen Sie das? Mit dem Baby? Man sieht es doch noch nicht, oder?» Cora sah auf
ihre immer noch deutlich erkennbare Taille hinab.
«Meine
Aufgabe, Herzogin, ist es, Sie zu sehen, und ich sehe, dass Sie voller
Erwartung sind. Frauen in Ihrem Zustand haben so eine milchige Ausstrahlung.
Die Maler des Mittelalters glaubten, dass man Babys in den Augen schwangerer
Frauen sehen kann.»
«Und was sehen Sie sonst noch, Mr.
Louvain?», fragte sie.
«Oh, das
werde ich Ihnen nicht verraten, es wird alles auf dem Bild zu sehen sein – das
ich Ihnen, bevor Sie fragen, erst zeigen werde, wenn es fertig ist. Und jetzt
möchte ich, dass Sie aufhören zu sprechen, damit ich mich auf Ihren Mund
konzentrieren kann.»
Kaum hatte er das gesagt, begannen
Coras Lippen zu kribbeln. Sie blickte nach oben zu den grauen Wolken, die durch
das Oberlicht zu sehen waren.
«Nein,
nicht nach oben sehen, sehen Sie mich an.»
Cora nickte stumm, offenbar gab es
keine Ausflucht. Der Rest der Sitzung verlief ruhig, nur das Kratzen von
Louvains Stift war
zu hören und die schnalzenden Geräusche, die er machte, wenn er eine Linie
ausradierte, die ihm nicht gefiel. Ab und zu hörte man das Nebelhorn eines
Schiffes auf dem Fluss und das ferne Kreischen der
Möwen. Nach einer Weile stellte Cora fest, dass sie, trotz
des Kusses, leicht erstarrt war. Die Anstrengung, die es bedeutete, ständig
angesehen zu werden, erschöpfte sie. Nach
ungefähr einer Stunde durchbrach ein Gongschlag die Stille. Cora fuhr
zusammen, und Louvain legte den Stift nieder.
«Mittagessen! Bleiben Sie, Herzogin?
Itaro ist ein sehr talentierter Koch.»
«Nein
danke. Ich muss nach Hause.» Cora stand auf. «Dann sehen wir uns morgen. Und
kommen Sie nicht wieder zu spät, wir haben viel zu tun.»
Als Cora ging, ließ sie den Blick
über die anderen japanischen Schwarzweißdrucke gleiten, die den Flur säumten.
Sie wagte nicht, stehen zu bleiben, da Louvain hinter ihr herging, aber er
bemerkte ihre Kopfhaltung.
«Gefallen sie Ihnen? Man nennt sie
Shunga. Diese hier sind von Utamaro – die Kurtisanen aus dem Viertel Yoshiwara,
in dem er lebte, haben es offensichtlich als große Ehre betrachtet, für ihn zu
posieren. Seine Bilder sind eine so exotische Mischung aus dem Wirklichen und
dem Vorgestellten! Sehen Sie sich dieses hier einmal an.» Er zeigte auf einen
der Drucke. Cora betrachtete ihn. Er zeigte eine Frau, die einen Tintenfisch
umarmte. Cora wich zurück, ganz rot vor Verlegenheit.
Louvain lachte. «Es heißt Die Frau des Fischers. Großartig, oder?»
«In jedem
Fall überraschend», sagte Cora schwach.
«Dann bis
morgen, Herzogin.» Itaro öffnete die Tür und verneigte sich. Sie drehte sich um
und wollte Louvain sagen, dass sie unter keinen Umständen am nächsten Tag
wiederkommen würde, aber er war weg.
Am nächsten Tag jedoch saß Cora
wieder in der Kutsche auf dem Weg nach Chelsea. Diesmal war Bertha bei ihr.
Sie hatte beschlossen, dass das
Porträt eine Überraschung für Ivo sein würde. Ein Geschenk, das ihn daran
erinnern sollte, wie sie jetzt aussah, ehe das Baby sie anschwellen ließ. Sie
spürte, dass seine Haltung ihr gegenüber sich geändert hatte, seit man es sah;
sie wollte ihn daran erinnern, dass sie nicht immer so aussehen würde.
Ihre
Gedanken schweiften ab. Vielleicht würden sie zu Ivos Geburtstag ein Fest
veranstalten. Er lag zwar nicht in der Saison, aber es würden trotzdem genug
Leute in der Stadt sein. Sie würde Mrs. Wyndham fragen.
Als sie
durch den Flur in Richtung Studio ging, versuchte sie, die Shungas nicht
anzusehen. Louvain kam auf sie zu, als sie das Studio betrat, aber sein Lächeln
erstarb, als er Bertha sah.
«Sie haben
sich also gerüstet», sagte er.
«Nun, es
war mir unangenehm, gestern mit offenen Haaren nach Hause zu fahren. Wenn Bertha
dabei ist, kann sie dafür sorgen, dass ich wieder anständig aussehe.» Cora lächelte.
«Die Anständigkeit muss um jeden
Preis gewahrt werden, Herzogin. Vielleicht möchte Ihre Zofe sich hierher
setzen.»
Er zog einen Stuhl hinter dem
Paravent hervor und platzierte ihn so, dass Bertha das Gemälde nicht sehen
konnte. Cora ging zur Chaiselongue und wandte ihm den Rücken zu, als sie die
Nadeln aus ihrem Haar zog; sie stellte fest, dass sie ihn dabei nicht zusehen
lassen wollte, es
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