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Daisy Goodwin

Daisy Goodwin

Titel: Daisy Goodwin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine englische Liebe
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erschien ihr zu vertraulich. Aber sie sprach über die
Schulter mit ihm.
    «Was
glauben Sie, wie lange Sie für das Porträt brauchen, Mr. Louvain? Ich möchte
meinen Mann an seinem Geburtstag damit überraschen.»
    «Es dauert,
solange es dauert. Wenn Sie still sitzen und nicht herumzappeln, geht es
vielleicht schneller», sagte Louvain gereizt.
    «Ich werde
still sitzen wie ein Götzenbild, ich verspreche es, aber wäre ein Monat
unverschämt?» Cora sagte es bewusst bittend.
    «Ich gebe
niemals eine Garantie. Aber wenn Sie ein gehorsames Modell sind, besteht die
Möglichkeit, dass das Bild in einem Monat fertig ist. Doch Sie müssen genau
tun, was ich Ihnen sage, denken Sie
daran. Jetzt knöpfen Sie Ihre Jacke auf wie gestern. Und versuchen Sie sich zu
erinnern, wie Sie sich gestern gefühlt haben, Ihr Gesichtsausdruck war genau,
wie er sein sollte.» Er zwinkerte Cora zu, und sie errötete.
    «Ich bin nicht sicher, ob ich noch
weiß, wie ich mich gestern gefühlt habe. Ich habe wohl versucht nicht
einzuschlafen. Es ist nicht leicht, so lange still zu sitzen», sagte sie neckend.
    «Möchten Sie, dass ich es Ihnen in
Erinnerung rufe, Herzogin?» Louvain machte einen Schritt auf sie zu. Cora wich
erschrocken zurück.
    «0 nein, das ist nicht nötig. Es
wird mir bestimmt wieder einfallen. Bertha, komm und hilf mir mit meinem
Haar.»
    Bertha begann, Coras Haar zu lösen,
dass sie erst ein oder zwei Stunden zuvor in langer Arbeit hochgesteckt hatte.
Jetzt verstand sie, warum Miss Cora gestern in ihrem schlichtesten dunkelblauen
Schneiderkostüm davongeeilt und mit unter dem Hut zusammengeknotetem Haar
zurückgekommen war. Sie war in ihr Zimmer gehastet und hatte darauf bestanden,
dass Bertha ihr Haar richtete, ehe sie hinunterging, aber sie hatte kein Wort
der Erklärung verloren. Bertha war überrascht gewesen, um das Mindeste zu
sagen. Miss Cora machte vormittags nie Besuche, und was ihr Haar betraf – so
etwas war noch nie vorgekommen. Im Dienstbotenzimmer war wild spekuliert
worden. Der Kutscher, der gesehen hatte, wie ein orientalischer Diener die Tür
öffnete, hatte angedeutet, Ihre Gnaden hätten eine Opiumhöhle besucht. Damit
kannte er sich aus, weil sein letzter Herr, Lord Mandeville, solche
Etablissements aufgesucht hatte. Bertha hatte darüber gelacht, aber sie war
neugierig und ein wenig besorgt gewesen.
    Deshalb war
sie erleichtert herauszufinden, dass Miss Cora für ein Porträt saß, obwohl
zwischen dem Maler und ihrer Herrin irgendetwas vor sich ging, das ihr nicht
gefiel. Miss Cora hatte schon immer gern mit den Herren geschäkert, aber
jetzt, da sie verheiratet war, sollte sie vorsichtiger sein. Bertha fragte
sich, was gestern geschehen war. Sie betrachtete ihre Herrin, die auf der
Chaiselongue lag, das kastanienbraune Haar fiel ihr bis zur Taille über die
Schultern, ihre Jacke war aufgeknöpft, sodass man das Mieder sah, ihr Mund war
halb geöffnet, und sie lächelte. Sie sah aus wie auf ihrer Hochzeitsreise in
Venedig, als wären ihre scharfen Umrisse verwischt. Bertha saß zwischen Cora
und dem Maler und fühlte sich unbehaglich; ab und zu sah sie von der Stopfarbeit
auf, die sie sich mitgebracht hatte, und bemerkte die brennenden Blicke der
beiden.
    Auf dem Nachhauseweg sollte Bertha
neben Cora sitzen statt auf dem Bock neben dem Kutscher.
    «Was halten Sie von dem Studio und
Mr. Louvain, Bertha?»
    «Verdient er Geld mit dem Malen,
Miss Cora?», fragte Bertha.
    «Ganz
sicher.» Cora sagte es mit der Unbekümmertheit eines Mädchens, dem Geld immer
im Überfluss zur Verfügung gestanden hatte. «Ich kann mir vorstellen, dass er
berechnen kann, was er möchte. Wir haben über das Honorar für dieses Gemälde
noch nicht gesprochen, aber ich bin sicher, dass es außergewöhnlich sein wird.
Vater sagt, dass man als Amerikaner für alles fünfzig Prozent mehr zahlen
muss.» Sie beugte sich verschwörerisch zu Bertha hinüber. «Es ist ein
Geheimnis, von dem der Herzog noch nichts erfahren soll. Ich möchte ein Fest
geben, ehe ich zu dick werde, und es ihm dann schenken. Ich möchte irgendwas
tun, solange ich noch ansehnlich bin.»
    Bertha sah bei diesem Plan einige
Schwierigkeiten.
    «Aber was, wenn das Bild Ihnen nicht
gefällt, Miss Cora? Wäre es nicht misslich, den Leuten ein Bild zu zeigen, das
Sie nicht mögen?»
    «Oh, das wird nicht passieren!
Louvain ist ein Genie. Dies wird sein letztes Porträt sein», sagte Cora.
    «Und was, wenn es dem Herzog nicht
gefällt? Ich weiß nicht, ob er

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