Daisy Goodwin
und
man hat mir eine Einladung
zu Louvain verschafft, dessen Werk ich, wie Du weißt, sehr bewundere. Aber natürlich ist die
größte Attraktion an England,
dass es jetzt das Land ist,
in dem Du lebst. Ich kann
mir vorstellen, dass
Deine Tage und Nächte mit Deinen neuen Pflichten angefüllt sind, aber darf
ich mich auf die Privilegien eines alten Freundes berufen und Dich besuchen? Wenn Dir diese
Aussicht in Anbetracht unseres
letzten Treffens
unangenehm ist, kann ich mich nur im Voraus entschuldigen; aber wenn Du an
mich als einen
Freund denken kannst, dessen Zuneigung nichts als selbstlos ist, dann lass bitte von Dir hören. Wir kennen uns schließlich seit unserer Kindheit, und ich hoffe, dass uns unsere Freundschaft erhalten bleibt.
Herzlich, Dein Freund
Teddy Van Der Leyden
Bei dem Namen Louvain verspürte Cora
einen dumpfen Schmerz in ihrem Rücken und fragte sich, ob Teddy von dem Porträt
gehört hatte. Aber als sie weiterlas, wurde ihr klar, dass Teddy nicht so
freimütig geschrieben hätte, wenn ihm das unglückliche Ereignis vom letzten
Sommer zu Ohren gekommen wäre. Er würde davon erfahren, da war sie sicher,
aber wenigstens hätte sie vorher Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Traurig
dachte sie, dass der Ton, in dem Teddy schrieb, herzlicher war als alles, was
sie von ihrem Mann bekommen hatte. Teddy hatte ihr geschrieben, Ivos Briefe waren
brillant und voll von ironischen Betrachtungen über die indischen Prinzen und
ihre Höfe und über die Schwierigkeiten, Prinz Eddys sprunghaftes Verhalten
vorherzusehen. Aber obwohl es lesenswerte Briefe waren, waren es nicht die
Briefe, die sie lesen wollte. Sie hatte sich nach einem Brief gesehnt, der nur
für sie gedacht war, einem Brief, der ihr Einblick in sein Herz erlaubte. Aber
abgesehen von etwas unvorsichtigen Bemerkungen über den Prinzen stand nichts in Ivos Briefen, das nicht ebenso
gut in der Times hätte veröffentlicht werden können. Nirgendwo hatte sie einen
Satz oder auch nur ein paar Worte gefunden – und sie hatte sehr gründlich
danach gesucht –, die darauf hinwiesen, dass er einer Frau schrieb, die er
immer noch liebte. Sie hatte gehofft, dass sein Mangel an Gefühl vielleicht
eine dieser englischen Gewohnheiten war, die man verstehen und tolerieren
musste, wie das merkwürdige Widerstreben, sich die Hand zu geben, oder der
Stolz der Engländer auf ihre gedehnte Aussprache, die sie so übertrieben, dass
sie kaum noch zu verstehen waren. Sie wusste, dass sie immer noch dabei war,
sich mit den Sitten des Landes vertraut zu machen, aber Teddys Brief mit seiner
offenen Bitte um ihre Freundschaft ließ die Frage nur noch dringlicher werden,
ob die Reserviertheit ihres Mannes nicht weniger eine Folge seiner Erziehung
als vielmehr ein Zeichen dafür war, dass er sich nichts mehr aus ihr machte.
Sie schrieb Teddy einen kurzen
Brief, mit dem sie ihn einlud, sie im Sommer in Lulworth zu besuchen, wann immer
es ihm passte. Sie lobte die Schönheit von Lulworth: Das Licht ist hier am Spätnachmittag weicher und leuchtender als irgendwo zu Hause. Und
sie deutete an, dass eine Geburt bevorstand: Ich werde Dich hoffentlich einem neuen Familienmitglied vorstellen können. Dies waren, so glaubte sie,
die Worte einer englischen Herzogin. Am Schluss versuchte sie seiner Aufrichtigkeit
mit ihrer eigenen zu begegnen. Ich
freue mich darauf Dich wiederzusehen. Mein Leben hat sich
verändert, aber doch nicht
so sehr, dass ich
die Freunde meiner Jugend verstoßen kann. Ich werde jetzt vielleicht Herzogin genannt, aber ich bin immer noch ein amerikanisches Mädchen, das sein Geburtsland manchmal
vermisst. Bitte
komm nach Lulworth, es wäre mir eine große Freude, Dich wie derzusehen. Freundliche Grüße von
Deiner Cora Wareham. Sie
las den Brief noch einmal durch und
fügte dann als Postskriptum hinzu: Und ich freue mich darauf Dich
meinem Mann vorzustellen.
Sie adressierte den Brief an Teddy
über den Travellers Club und läutete nach dem Diener. Als der Brief auf dem Weg
war, wandte sie sich dem anderen Brief zu, der sich als geschwätzige
Beschreibung der Londoner Saison entpuppte; Mrs. Wyndham betätigte sich als
Förderin der Tempest-Zwillinge aus San Francisco, die ebenso reich wie keck
waren und bereits eine ansehnliche Anzahl adeliger Bewunderer hatten. Aber, meine liebe Cora, schrieb Mrs. Wyndham, sie sind über Ihre großartige Heirat im Bilde und haben erklärt, dass sie nicht bereit sind, es unter dem Rang eines Herzogs zu machen. Sie überlegen
Weitere Kostenlose Bücher