Daisy Goodwin
Ihr
war klar, dass zumindest Bugler ihr nicht geglaubt hatte, aber sie wollte der
Missbilligung der anderen nicht beipflichten, es wäre gewesen, als würde sie
Cora schlechtmachen. Bugler erlaubte nicht, dass im Dienstbotenzimmer schlecht
über die Herzogin gesprochen wurde – aber das Porträt war etwas anderes. Bertha
hatte sich in den letzten Monaten öfter gefragt, ob ihre Entscheidung, sich von
dem Tratsch im Dienstbotenzimmer fernzuhalten, richtig gewesen war, aber ihre
Ergebenheit Cora gegenüber und die Ahnung, dass ein Zugeständnis an die anderen
Bediensteten nicht dazu führen würde, dass sie dazugehörte, hatten sie davon
abgehalten.
Sie erwiderte Coras Blick und sagte
bestimmter, als ihr zumute war: «Ich glaube, der Herzog wird sich freuen, dass
Sie sein Kind bekommen.» Cora nickte. «Vielleicht. Es ist schließlich das
Einzige, was nur ich ihm geben kann. Einen Erben.»
Im Telegramm des Herzogs hatte nur gestanden: Komme
heute Abend. Ware ham. Selbst wenn man in Betracht zog, dass diese Art der
Kommunikation sehr öffentlich war, da sie von den
Postmeistern in London und Lulworth gelesen werden würde, vom Telegraphenjungen
ganz zu schweigen, hatte die Sparsamkeit dieser vier Worte Cora einen Stich
versetzt. Es stand nichts für sie in dem Telegramm, kein Hinweis darauf, dass
er sich darauf freute, nach Hause zu kommen, sie wiederzusehen. Selbst seine
Briefe aus Indien hatte er unterschrieben mit Herzlich, Dein Ehemann, Wareham. Damals schon hatte sie herzlich als
nicht angemessen zärtlichen Ausdruck empfunden, aber diese Übermittlung der
nüchternen Fakten ... Sie konnte immer noch nicht glauben, dass Ivo bereits
seit zwei Tagen im Land war, ohne es sie wissen zu lassen. Dies war nicht die
Heimkehr, von der sie geträumt hatte.
Sie hatte
den Moment des Wiedersehens so lange herbeigesehnt, sich im Geist mit ihm
unterhalten, geplant, was es zu essen geben würde, wen sie einlud, welche
Blumen auf dem Tisch stehen sollten. Sie hatte dem obersten Gärtner, Mr.
Jackson, aufgetragen, Hunderte von Jasminbüschen treiben zu lassen, damit sie
zu Ivos Ankunft blühen würden, da er ihr einmal gesagt hatte, dies sei seine
Lieblingspflanze. Sie hatte das Schubert-Duett geübt, das sie zusammen gespielt
hatten, und konnte ihren Part jetzt auswendig. Sie hatte viele Stunden mit
Pater Oliver verbracht und versucht, sich die komplizierte Geschichte der
Familie Maltravers zu merken, sodass sie nun beiläufig über das Stottern des
Vierten Herzogs oder den Stammbaum der Windhunde aus Lulworth sprechen
konnte. Sie hatte alles getan, was ihr einfiel, um eine überzeugende Herzogin
zu werden. Eine englische Herzogin, die die Regeln kannte, die wusste, was man
außer Geld ausgeben noch tun konnte. Aber nun wurde unangenehm deutlich, dass
Ivo seine Rolle bei dem Wiedersehen vielleicht nicht mit ganz so viel Eifer
spielte wie sie. Sie hatte sich vorgestellt, dass er von Southampton auf dem
schnellsten Wege nach Hause kommen würde, verschwitzt und glühend. Und jetzt
saß sie hier mit einem Telegramm, das er ebenso gut seinem Butler hätte
schicken können. Sie musste ihre Strafe für die Sache mit dem Porträt doch
abgesessen haben, nachdem sie seit Monaten hier in Lulworth festsaß, ohne etwas
zu tun zu haben; das war ihre Strafe gewesen, und jetzt musste er ihr
verzeihen.
Sie beschloss, dass sie nicht nach
unten gehen würde. Sie hatte kein Bedürfnis, sich mit der doppelten Herzogin
ein weiteres Scharmützel zu liefern. Vielleicht würde sie nach Sybil schicken
und ihr ein paar Kleider geben. Es klopfte an der Tür, und ein Diener brachte
die zweite Post des Tages. Es waren zwei Briefe, einer aus London, der andere
aus Paris. Sie erkannte die Handschrift von Mrs. Wyndham; auch die andere
Schrift kam ihr bekannt vor, aber sie brauchte einen Moment, um sich daran zu
erinnern, wo sie sie schon einmal gesehen hatte. Diese nach links geneigten
Striche, die die Linkshändigkeit des Schreibers verrieten, kannte sie von den
Elfenbeintafeln, die bei den Bällen in Newport als Tanzkarten gebraucht wurden.
Sie griff nach dem Brieföffner und ritzte ungeduldig den Umschlag auf.
Liebe
Cora,
ich
hoffe, ich darf Dich immer
noch Cora nennen. Es tut mir leid,
aber ich denke an Dich immer
noch als Cora Cash,
obwohl ich weiß, dass Du
jetzt dieses
erhabene Geschöpf bist,
eine englische
Herzogin. Ich schreibe Dir, weil ich für den Sommer nach London komme – mir ist angeboten worden, mir ein Studio in Chelsea zu teilen,
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