Daisy Goodwin
Brautkleid bei ihren
ersten Besuchen als Frischvermählte trug. Und da sie heute Abend zum ersten Mal
seit ihrer Hochzeitsreise richtig in Gesellschaft ging, schien dies der
perfekte Zeitpunkt zu sein, es zu tragen. Es schadete nicht, die Leute daran zu erinnern, dass sie jetzt zwar eine
Herzogin, aber trotzdem auch noch eine Braut war.
Als sie ihr
Kleid anzog, stand ihr der Tag der Hochzeit in all seiner Pracht, aber auch in
all seinem Durcheinander wieder vor Augen. Obwohl Cora daran gewöhnt war, dass
in den Zeitungen über sie geschrieben wurde, hatten die Menschenmassen, die
den Weg von ihrem Zuhause bis zur Trinity Church säumten, sie erstaunt. So
viele Menschen hatten ihren Namen gerufen, als würden sie sie kennen. Ihr Vater
hatte den Kopf geschüttelt und gesagt: «Wie bei einer königlichen Hochzeit.»
Aber Cora war besorgt gewesen, welchen Eindruck das auf Ivo machte. Was seine
Mutter sagen würde, konnte sie sich vorstellen: «Massen von Menschen warten
darauf, einen Blick auf die Braut zu erhaschen. Kein Wunder, dass Cora keine
ruhige Landhochzeit wollte.» Aber es war auch aufregend, dass all diese Leute
gekommen waren, um sie zu sehen; nicht weil sie Herzogin wurde, sondern weil
sie Cora Cash war, die Tochter des Goldenen Müllers und das wahrscheinlich
reichste Mädchen der Welt. Ihr Vater hatte ihre Hand genommen und gesagt: «Das
ist wirklich bemerkenswert, Cora. So etwas hat es nicht gegeben, als ich deine
Mutter geheiratet habe. Guck dir die schreienden Frauen da drüben an. Haben die
keine Familien, um die sie sich kümmern müssen? Ich hoffe, Wareham ist klar,
dass er eine amerikanische Prinzessin heiratet.»
Cora hatte darüber gelächelt, aber
sie musste die ganze Zeit an Ivos Entsetzen denken, als sie ihn in der
Zollhalle vor den Fotografen umarmt hatte. Sie wusste, dass der Jubel, der
ausbrach, als sie aus der Kutsche stieg, im Innern der Kirche zu hören sein
musste. Der Gedanke daran, wie Ivo zusammenzuckte, hatte den Augenblick fast
ruiniert, aber dann hatte sie das Mädchen aus dem Hutgeschäft auf den Schul
tern eines Polizisten entdeckt, pfeifend und winkend, und die Begeisterung des
Mädchens hatte sie aufgemuntert. Diese Menschen waren ihretwegen hier, warum
sollte sie sich schuldig fühlen? Als sie durch den Gang auf den Altar zuschritt,
konnte sie durch ihren Schleier nur Ivos Hinterkopf erkennen. Sie dachte daran,
wie sie sich zum ersten Mal begegnet waren und er ihr seinen Hals gezeigt
hatte, damit sie ihn inspizierte. Sie wollte unbedingt, dass er sich nach ihr
umsah, aber er sah die ganze Zeit nach vorn. Sie erinnerte sich an den Moment
in der Galerie von Lulworth, als er sie gesehen, aber so getan hatte, als wäre
dies nicht der Fall. Als sie auf derselben Höhe war wie er, konnte sie endlich
sein Gesicht sehen. Sein Profil wirkte streng und bestimmt, und Cora fragte
sich einen Augenblick lang, ob all dies ein schrecklicher Fehler war. Dann
nahm ihr Vater ihre Hand und legte sie in Ivos, und sie spürte, wie er sie
drückte. Seine Berührung beruhigte sie, wie immer. Sie musste ihn nur
festhalten.
Der Gong zum Dinner erklang. Cora
streckte die Hand aus, um die Perlen entgegenzunehmen. Bertha zog sie aus ihrem
Mieder, wo sie sie angewärmt hatte, damit sie so schön schimmerten wie möglich.
Es war ein Trick, den sie von der Zofe der doppelten Herzogin hatte, die über
Berthas Ahnungslosigkeit erstaunt gewesen war. «Die Damen frieren immer in
ihren Abendsachen, also musst du die Perlen anwärmen, damit sie glänzen. Kalte
Perlen auf kalter Haut – wie Spucke auf einem Truthahnhals.»
Bertha
legte die Kette um den langen weißen Hals ihrer Herrin. Der Herzog hatte sie
Cora auf ihrer Hochzeitsreise in Venedig geschenkt, und Cora hatte sie seitdem
jeden Abend getragen.
Cora
berührte die Perlen. Sie liebte ihr glattes Gewicht auf ihrer Haut. Sie wusste, dass
weiße Perlen zu ihrem Kleid passender gewesen wären, aber ihr gefiel der
Kontrast von Weiß und
Schwarz, dadurch fühlte sie sich weltgewandt, ja fast schamlos. Jedes Mal, wenn
sie sie anlegte, erinnerte sie sich daran, wie sie sie zum ersten Mal getragen
hatte: nackt bis auf die Kette, unter den Laken ihres Himmelbetts im Palazzo
Mocenigo. Es war in der vierten Woche ihrer Flitterwochen gewesen, und sie
waren seit drei Tagen in Venedig. Cora hatte nicht gewusst, was sie vom
Eheleben erwarten sollte. In körperlicher Hinsicht hatten Ivos feurigere Umarmungen
ihr eine Ahnung vermittelt, aber ihr war nicht klar
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