Daisy Goodwin
ich fühle mich, als würde ich in die Schlacht ziehen.»
«So ist es, Cora, genau so ist es.»
Die doppelte Herzogin befand sich im
Chinesischen Salon. Conyers war in den sechziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts
erbaut worden, als Chinoiserien höchst modern waren. Das achteckige Zimmer mit
den lackierten Möbeln und handgezeichneten Seidentapeten war so berühmt, dass
es nie verändert worden war. Jedes Detail – von den unechten
Bambusfensterstäben über die vergoldeten Wandleuchter in Form von
Drachenköpfen bis zu den Pagoden auf dem achteckigen Seidenteppich – war in
höchster Vollkommenheit ausgeführt. Selbst Cora war von der Pracht
beeindruckt. An jeder Wand war eine andere Szene aus dem Leben am kaiserlichen
Hof zu sehen. Herzogin Fanny stand vor einer Wand, die eine Gruppe herrlich
gekleideter Höflinge zeigte, die sich um einen leeren Thron
scharten. Buckingham, ihr Mann, stand hinter ihr und wartete darauf, auf jede
Laune seiner Frau eingehen zu dürfen.
«Cora,
meine Liebe, wie frisch du aussiehst. Ist das dein umgearbeitetes Brautkleid?
Wie entzückend. Von Ivos Freunden waren ja so wenige bei der Hochzeit. Ich bin
sicher, sie werden erfreut sein, dich in deinem Brautputz zu sehen.»
Die
Herzogin sagte es freundlich, Cora konnte jedoch kaum überhören, dass es sich
nicht schickte, sein Brautkleid noch einmal zu tragen. Aber es war zu spät, um
sich umzuziehen.
Die
doppelte Herzogin stellte sie den versammelten Gästen vor. Alle waren
aufgefordert worden, sich um halb acht einzufinden, da der Prinz von Wales
pünktlich um Viertel vor acht erscheinen werde. Es gab kein schrecklicheres gesellschaftliches
Verbrechen, als nach dem Prinzen einzutreffen.
«Lord und
Lady Bessborough, meine Schwiegertochter, die Herzogin von Wareham. Colonel
Ferrers, meine Schwiegertochter, die Herzogin von Wareham, Ernest Cassel ... Sir
Odo und Lady Beauchamp, meine Schwiegertochter, die Herzogin von Wareham.»
«Oh, aber wir haben die Herzogin
bereits kennengelernt», sagte Sir Odo, dessen Gesicht rosa glänzte, mit vor
Häme funkelnden blauen Augen, «da war sie noch Miss Cash. Wir haben an der
Myddleton-Jagd teilgenommen, an jenem Tag, als Euer Gnaden Ihren Unfall hatten.
Wir fühlen uns geradezu verantwortlich für diese Partie.» Odo kicherte, und
Cora blickte sich nach Ivo um, aber er war am anderen Ende des Raumes und
sprach mit Ferrers, dem Stallmeister.
Sie wandte
sich Charlotte Beauchamp zu, die ihr schmal lippig zulächelte und eine
Andeutung von einem Knicks machte. «Euer Gnaden», sagte sie ebenso schmallippig
und neigte ihren blonden Kopf.
Cora nickte
und versuchte zu lächeln. Unbewusst legte sie eine Hand an den Hals, um sich
von den glänzenden Perlen beschwichtigen zu lassen.
Odo
bemerkte es. «Aber was für eine herrliche Kette, Herzogin Cora! Perlen von
dieser Farbe und Größe sieht man selten. Und was für ein entzückender Gegensatz
zu Ihrem Kleid.»
«Ivo hat sie mir geschenkt, als wir
auf unserer Hochzeitsreise in Venedig waren.»
«Hattest du nicht auch eine
Perlenkette in dieser Farbe, Charlotte, ein Geschenk deiner Tante? Du und
Herzogin Cora, ihr müsst aufpassen, dass ihr eure schwarzen Perlen nicht
gleichzeitig tragt, sonst denken die Leute noch, dass ihr derselben
Geheimgesellschaft angehört.» Odo quiekte fast vor Begeisterung über diese
Bemerkung. Aber Charlotte reagierte auf den Köder nicht. «Meine Kette ist
dieser weit unterlegen, Odo. Aber sie ist sowieso zerrissen, es besteht also
keine Gefahr.»
Cora war erstaunt, was für eine
Spannung zwischen dem Ehepaar herrschte. Plötzlich kam das Gemurmel zum Stillstand.
Cora drehte sich um und sah den Prinzen von Wales in der Tür stehen. Er war von
mittlerer Größe, aber nicht einmal der tadellose Schnitt seines Abendanzugs
konnte seinen enormen Umfang bemänteln; sie verstand jetzt, warum sein
Spitzname Tum Tum, Bäuchlein, war. Er sah älter aus als auf den Fotografien,
die sie von ihm gesehen hatte, und die Bilder hatten auch seine rötliche
Gesichtsfarbe und die Kälte seiner blauen Augen nicht vermittelt. Sie bemerkte,
dass im Raum angespannte Stille herrschte, und dann sah sie den
schockierten Blick ihrer Schwiegermutter, und ihr wurde klar, dass alle auf
ihren Knicks warteten. Aber ihre Knie weigerten sich. Erst als sie das böse
Lächeln auf dem Gesicht von Charlotte Beauchamp sah, war der Bann gebrochen.
Ihre Knie gehorchten ihr, und sie sank in den elegantesten Knicks, zu dem sie fähig
war.
«Eure Hoheit,
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