Daisy Sisters
er und drückt sie fest ansich. »Viel Glück, und vergiss uns da oben in Sandviken nicht …«
»Ich komme euch besuchen«, sagt sie. »Grüß Oma …«
Und dann verschwinden sie und Jacob im Taxi.
In einer Hütte am See Hären, einige Meilen von Anderstorp entfernt, verbringen Eivor und Jacob Halvarsson ihre fünf freien Tage bei strömendem Regen und einer Feuchte und Kälte, der weder der zugige Ofen noch ihre Liebe richtig gewachsen ist. Es ist, als ob sie einander suchen müssten, und die Unsicherheit beginnt schon in der Hochzeitsnacht. Eivor ist müde, aber er fühlt sich aufgeräumt von all dem, was er während des Abends getrunken hat, und als sie ihm den Rücken kehrt, ist er nicht einverstanden. Eine Hochzeitsnacht, ohne zu bumsen? Was ist das denn? Aber das sagt er natürlich nicht, sondern versucht stattdessen, sie zu erweichen und umzudrehen. Aber – nein, sie hat gerade wirklich keine Lust, sie ist todmüde, und wie soll das enden, wenn sie sich schon zu Beginn seinen Wünschen unterwirft und nicht auf ihren eigenen Gefühlen besteht? Da soll er lieber sauer sein, und das wird er dann auch. Aber schließlich schläft er, und als sie sein Schnarchen hört, beginnt sie plötzlich zu weinen.
Die Hütte ist schön gelegen, an einem See, die nächsten Nachbarn sind ein Kleinbauernpaar, bei dem sie Milch kaufen können. Jacob steht unten auf den glatten Steinen am Ufer und angelt in dem dichten Regen, der wohl nie aufhören will. Eivor sitzt drinnen am Fenster und sieht ihn da unten stehen, einen Mann in dunklem Regenmantel und Südwester, und sie denkt, dass das ihr Mann ist, sie ist jetzt Frau Halvarsson, geborene Skoglund. Jacob und Eivor … mit Stempel und Siegel, Segen und gemeinsamer Wohnung. Frau Fåhreus hat nur mit den Schultern gezuckt und geantwortet,sie könne gerne heiraten, solange sie nur rechtzeitig ihre Miete bezahle. Allerdings sei zu erwarten, dass diese in nächster Zeit erhöht werde. Die Unkosten …
Manchmal streift sie auch durch das feuchte Gras, steht dann und wann völlig still, hebt das Gesicht und fühlt, wie die Regentropfen gegen ihre Haut prallen. Sie wundert sich, dass sie da ist, wo sie ist, dass alles sich weiterhin so ungewohnt und fremd anfühlt. Spannend, aber trotzdem …
Ohne dass einer von ihnen es ausspricht, können beide es kaum erwarten, nach Hause zu fahren. Ihr erstes Vertrauen in das gemeinsame Leben hat sich in Schweigen verwandelt.
Aber natürlich gibt es auch Augenblicke von Zärtlichkeit. Als sie in der engen Küche das Essen vorbereitet, steht er plötzlich in der Türöffnung und kann sich nicht losreißen, er lächelt … Die Dunkelheit der Nächte macht alles leichter, Berührungen, Gespräche, ein vorsichtiges Herantasten … Und gerade die Nächte sind ihre Zeit, da fühlen sie, dass die Ehe wirklich etwas bedeutet, abgesehen von allen Zeremonien, Telegrammen und Versprechen. Das Gefühl, zu zweit zu sein, eine Brücke mit zwei Pfeilern.
»Wenn es ein Junge wird«, sagt er plötzlich, als sie nebeneinander in der Sommernacht liegen.
»Wenn es ein Mädchen wird«, sagt sie.
Jan. Stefan. Magnus. Anette. Mia. Louise … Sie werfen sich die Namen wie Bälle zu, lachen, scheiden den Vorschlag des anderen aus, spielen …
In diesen kurzen Augenblicken ist Eivor glücklich. Es sind nicht viele, aber es gibt sie! Tag für Tag lernen sie sich besser kennen, kleine, kaum wahrnehmbare Schritte, sich einander zu nähern, die Reaktionen des anderen vorauszuahnen.
Es gibt dieses Glück, sagt sie zu sich selbst. Jacob ist der Beste für mich. Er ist ordentlich, er sieht gut aus, er ist … Wir zwei gehören jetzt zusammen, und was es Besseres hätte gebenkönnen, weiß man nicht. Dagegen viel, was hätte schlechter sein können …
Julitage am See Hären. Am letzten Abend machen sie ein kleines Feuer unten am Ufer und verbrennen ihren Abfall. Sie hocken eng zusammen unter einem Regenmantel, und Eivor erlebt plötzlich, wie gut es sein kann, neben einem anderen Menschen zu sitzen und zu schweigen.
»Morgen fahren wir nach Hause«, sagt er, und sie nickt und denkt an die Zwirnerei, in die sie nicht zurückkehren wird. Und Algots? Wird sie jemals eine von denen werden, die diese berühmten Kleider nähen?
Im Herbst und Winter denkt Eivor zurück an die glücklichen Zeiten im Sommer . Auch wenn sie naiv und ahnungslos war und wie mit verbundenen Augen lebte, so wollte sie doch glücklich sein, wollte für sie beide ein Heim schaffen und sagen
Weitere Kostenlose Bücher