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Daisy Sisters

Titel: Daisy Sisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Wenn sie nur wüsste, warum er nicht gekommen ist, dann könnte sie sich damit abfinden. Dass sie es nicht weiß, ist schlimmer, als gesagt zu bekommen, sie sei eine verdammt langweilige Schnepfe, die nicht mal als Begleitung für einen miesen deutschen Film taugt.
    Der Bus ist weg, es dauert eine halbe Stunde, bis der nächste kommt. Um in der Kälte nicht festzufrieren, läuft sie los, und ohne dass sie es beabsichtigt hat, steht sie plötzlich da und schaut auf das große Algots-Schild vor einem roten Ziegelgebäude. Obwohl Sonntag ist, wird gearbeitet, Eivor sieht Schatten, die sich hinter den Fenstern bewegen.
    Hier möchte sie arbeiten, denkt sie. Hier und nirgendwo anders. Hier werden Kleider hergestellt, nicht Fäden für Gummireifen. Hier kann sie ihre Geschicklichkeit an der Nähmaschine beweisen, vielleicht irgendwann in der Zukunft sogar Kleider entwerfen.
    Sie beeilt sich, zum Busbahnhof zurückzukommen, um den Bus nicht wieder zu verpassen. Es ist der letzte für heute.
    Tom hat sie versetzt, der Film war schlecht, aber sie hat Algots gefunden. Und morgen ist wieder Montag. Sie wird Liisa um Rat fragen. Und warum schuftet Liisa bei Konstsilke? Kann sie nicht nähen? Will sie nichts aus ihrem Leben machen? Schnaps und Limonade am Samstagabend, das kann doch nicht genug sein, nicht einmal für eine Finnin mit großer Klappe …
    Nach einer weiteren Woche sollen Eivor und Liisa zur Schichtarbeit, das hat Vorarbeiter Svanslös ihnen mitteilen lassen. Da werden sie dann besser verdienen, aber sie müssen auch in regelmäßigen Abständen mitten in der Nacht aufstehen.
    Auch der Montag nimmt schließlich ein Ende, und heute will Eivor ins Kaufhaus. Ihr erster Einkaufsbummel. Tempo an der Ecke zum Marktplatz, Epa an der einen Längsseite, Domus weiter unten an der Brogata. Sie beginnt bei Tempo, sieht sich die Kleider und Schuhe an, bleibt etwas länger in der Parfümerieabteilung. Es gibt so vieles, was sie gern hätte, die Schuhe da, die Hose, vielleicht auch den Pulli … Mal sehen, ob Epa konkurrieren kann, eine Krone Erspartes hier oder da … Bei Epa gibt es auch viel Verlockendes, obwohl das meiste dem gleicht, was sie bei Tempo gesehen hat.
    »Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
    Die Verkäuferin ist in ihrem Alter, freundlich, aber gelangweilt.
    »Ich schaue bloß«, murmelt Eivor.
    »Bitte sehr …«
    Zweiundvierzig Kronen für den gelben Pulli mit den eingewebten Silberfäden!
    Domus steht noch aus, vorher wird kein Entschluss gefasst! Und natürlich gibt es auch da viel, was sie lockt. Aber der Pulli … Sie geht zurück zu Epa, die Verkäuferin scheint sich nicht an sie zu erinnern.
    »Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
    »Haben Sie den in meiner Größe?«
    »Ja, sicher. Wollen sie ihn anprobieren?«
    Er passt perfekt, sie findet sogar, dass sie darin ein bisschen älter aussieht. Wer weiß, ob sie nicht sogar Alkohol kaufen könnte, wenn sie diesen Pulli hier trägt. Für nur zweiundvierzig Kronen …
    Die Verkäuferin steckt den Kopf herein. »Der passt ja prima.«
    »Ja … Ich nehme ihn.«
    Sie bezahlt, bekommt ihn in einer Einkaufstüte, und dann beendet sie diesen überwältigenden Nachmittag damit, essen zu gehen. Im Restaurant von Tempo, um die Konkurrenz zu unterstützen. Beefsteak, Milch und Brot inklusive. Auf dem Weg zum Bus tritt sie kurz in ein Tabakwarengeschäft und kauft Briefpapier, Kuverts, Briefmarken – und eine Zeitschrift. Die Zeitschrift für sich selbst, das Briefpapier für Hallsberg. Die wundern sich gewiss schon, warum sie nichts von sich hören lässt …
    Als sie durchliest, was sie da, auf dem Bett hockend, zusammengeschrieben hat, findet sie den Brief beinahe peinlich. Alles ist so gut, die Arbeit, die Unterkunft, Liisa, die Stadt, die Geschäfte. Ganz so ist es zwar nicht, aber es ist auch nicht gelogen. Jedenfalls werden sie beruhigt sein. Sie kommt zurecht, das ist die Hauptsache. Und warum soll sie über Branntwein und Limonade und einen Tom, der sie versetzthat, schreiben? So, wie der Brief ist, wird sie ihn abschicken. Grüße an die Katze. Eivor.
    Dienstag. Neuer Arbeitstag; an der Stempeluhr steht Vorarbeiter Svanslös und gestikuliert durch den Lärm, dass es ein Versagen in der Spinnerei gegeben hat. Heute wird also Stundenlohn gezahlt, vielleicht morgen auch, die ganze Woche …
    Ehe es Proteste hagelt, kehrt er in seinen Glaskasten zurück. Aber Liisa folgt ihm, mit einem Ruck zieht sie Eivor mit sich, und danach kommen mehr, der magere Evald Larsson,

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