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Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)

Titel: Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samarkand
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Gesicht geschleudert hat. Mein Gott, ich hatte doch gerade erst erfahren, dass ich sein Kind unter dem Herzen trage.“
    Ich hielt inne beim Lesen. Mir war es nie in den Sinn gekommen, dass meine Mutter meinen Vater liebte, und dass diese Liebe nicht erwidert wurde. Schnell las ich weiter. „Nie wieder hat er mich angerührt. Unsere Tochter wurde geboren. Ich habe ihn angefleht, wieder bei mir zu liegen. Ich habe ihm gesagt, dass er doch einen Stammhalter braucht. Wie habe ich mich erniedrigt. Sein Blick war so kalt, als er mir zur Antwort gab, dass er dieses Kind zu gegebener Zeit schon an die richtige Partie bringen würde. Eines Stammhalters bedurfte es in seinen Augen nicht.“
    Ich musste bei diesen Worten schwer schlucken. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, dass meine Mutter um etwas flehen würde. Begierig senkte ich den Kopf, um weiterzulesen. Meine Mutter schrieb weiter: „Meine verschmähte Liebe zu Matthias schmerzte am Anfang so sehr, dass ich kaum noch atmen konnte. Ich fing an, dieses Kind zu hassen. Sollte er sie doch später einmal verschachern. Dieses Kind hatte es nicht besser verdient. Wieso hatte es so früh einen Platz in meinem Bauch eingenommen? Wenn später, dann hätte Matthias öfter zu mir kommen müssen und irgendwann hätte es ihm vielleicht gefallen, von mir geliebt und verwöhnt zu werden. Dieses Kind ist schuld an allem. Dieses verdammte Kind.“
    Als ich diese Worte las, zuckte ich zusammen. Mir war es von frühester Kindheit an klar gewesen, dass ich nur irgendwie in dieses Haus gehörte, denn Liebe hatte ich nie kennengelernt. Es war für mich auch nicht gerade ernüchternd, festzustellen, dass er mich bestmöglich verheiratete. Das war mir immer irgendwie klar gewesen. Aber dass ich so gehasst wurde? Von meiner eigenen Mutter? Dass ich so gehasst wurde, nahm mir ein Stück mehr meines Selbstwertgefühls. Und davon besaß ich wahrlich nicht viel. Aber es erklärte auch vieles. Es erklärte die Kälte, die in diesem Haus herrschte. Es erklärte die Gleichgültigkeit, mit der man mir begegnete. Jetzt wusste ich Bescheid und ich kam zu dem Schluss, dass es jetzt nicht mehr wichtig war. Bald schon würde ich dieses Haus mit einem gleichgültigen Vater und einer Mutter, die mich hasste, verlassen und ein anderes Leben führen. So las ich weiter, gespannt darauf, was ich noch alles erfahren würde. Meine wunderschöne, aber so hasserfüllte Mutter schrieb: „Matthias ging seiner Wege. Er vergnügte sich mit so vielen anderen Frauen, dass ich irgendwann aufgehört habe, zu zählen. Nie hat mir irgendjemand etwas erzählt, aber ich habe die ganzen Parfüms gerochen, die an ihm hafteten wie Pech. Die billigen Düfte, die er aus den Freudenhäusern mit angeschleppt hat und die teuren Duftnoten vieler Damen, die auf unseren Gesellschaften ein- und ausgingen. Damen, die mir nicht in die Augen sehen konnten, mit Männern vermählt, die mich mit ihren Blicken genüsslich auszogen. Es war so offenkundig, dass ich es als meine letzte Chance wähnte. Als letzte Chance, dass es Matthias doch auffallen musste. Dass er wenigstens jetzt merken musste, was für eine schöne Frau er an seiner Seite hatte, die von so vielen Männern begehrt wurde und dass er alles hier zuhause haben konnte, es sich nicht irgendwo besorgen lassen musste. Aber er merkte nichts oder wollte auch nichts merken. So dachte ich damals. Und irgendwann hörte es auf, so furchtbar weh zu tun. Matthias kam eines Nachts ziemlich angetrunken nach Hause. Ich saß im Dunkeln im Salon neben der Eingangshalle und roch das billige Parfüm, dass er mit in dieses Haus brachte. Er bemerkte mich nicht. Ich sah ihn die Treppe hinaufgehen und schlich ihm im Dunklen hinterher. Ich weiß bis heute nicht, warum ich das tat. Vielleicht musste es sein, vielleicht musste in dieser Nacht die Entscheidung fallen. Ich weiß es nicht. Matthias ging weder in sein Schlafgemach noch in sein Herrenzimmer. Stattdessen ging er in Richtung der Räume unseres gemeinsamen Kindes, aber er ging, nein, er torkelte weiter, bis er hinter der Tür von Sonjas Zimmer verschwand. Im Moment konnte ich mich nicht rühren, selbst im eigenen Haus betrog er mich. Ob ich wollte oder nicht, ich blieb stehen, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Ich hörte die Geräusche, die aus dem Zimmer drangen und dann bewegte ich mich langsam vorwärts und lauschte. An der Art, wie Sonja und mein Mann miteinander umgingen, war mir sofort klar, dass diese Art des

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