Dalamay (Mein Leben ging einen anderen Weg)
keine Antworten, ich wusste nur, dass ich eine viel bessere Mutter werden würde als die meinige. Mit all diesen Gedanken entglitt ich langsam in das Reich der Träume, um am nächsten Morgen doch recht erfrischt aufzuwachen. Es kribbelte immer mehr in meinem Bauch. Dieses Gefühl hatte begonnen sich in mir auszudehnen, als wir ungefähr die Hälfte der Reisestrecke hinter uns gelassen hatten. Als ich aus meinem Zimmerfenster schaute, erblickte ich einen strahlenden blauen Himmel und so entschied ich mich für mein hellblaues Reisekostüm. Dazu wählte ich eine beigefarbene Bluse, die ich auf dieser Reise noch gar nicht getragen hatte. Zierliche Stiefel aus dünnem Leder, die hervorragend zu der Bluse passten, vervollständigten das Bild. Ich bürstete mir meine Haare kräftig, um sie dann mit einem dunkelblauen Netz zu bändigen. Meine Erscheinung stellte mich zufrieden. Ich legte keinen weiteren Schmuck an, nur für eine Brosche mit einem großen ovalen blauen Stein entschied ich mich.
Heinrich, Alfred und Toby waren schon im Speisezimmer und noch einmal nahmen wir das Frühstück zusammen ein. Die drei waren so lieb und unterhielten mich mit kleinen lustigen Geschichten aus ihrer täglichen Welt und wieder einmal versank ich in diesem Netz aus Freundschaft.
Als Heinrich die Rechnung bezahlte hatte, die Pferde waren angespannt und das Gepäck verstaut, da holte ich aus meiner Rocktasche drei Ringe hervor. Es waren zierliche , recht einfache Ringe, doch sahen sie entzückend aus. Ich hatte sie immer sehr gern getragen. Es waren schmale Goldringe, einer versehen mit einem kleinen glutroten Rubin, der andere mit einem wunderschönen Lapislazuli und der dritte mit einem herrlich funkelnden Smaragd. Heinrich überreichte ich den Rubin, Alfred den Lapislazuli und Toby legte ich den Smaragd in die Hand. Alle drei schauten mich ganz verdutzt an. „Es ist ein kleines Geschenk von mir für Euch. Als Erinnerung sozusagen.“
Ich musste schlucken. „Ich habe diese Ringe immer gerne getragen und wenn Ihr sie anseht, dann denkt Ihr vielleicht das ein oder andere Mal an mich.“ Noch einmal musste ich schlucken, bevor ich weitersprechen konnte. „Schenkt den Ring Eurer Herzdame oder vielleicht auch einer Tochter.“
Mir fiel nichts mehr ein, was ich noch hätte sagen können. Uns allen standen die Tränen in den Augen. Einer nach dem anderen drückte mich an seine Brust. Toby sprach als erster. „Danke. Vielen Dank. Ich werde meiner Zukünftigen diesen wunderschönen Ring geben und ihr von der wundervollen Frau erzählen, die ihn uns geschenkt hat.“
Heinrich schaute auf den Rubinring in seiner Hand. „Meiner Frau werde ich den Ring nach unserer Rückkehr geben. Sie wird ihn in Ehren halten. Das verspreche ich.“
Als letzter sprach Alfred. „Wenn meine Tochter alt genug sein wird, will ich ihr den Ring geben.“ Auch er musste jetzt schwer schlucken. „Diese Ringe werden uns auf ewig verbinden, obwohl wir es in unseren Herzen schon sind.“
Jetzt kämpfte ich mit den Tränen, aber ich straffte die Schultern und nickte den Männern zu. „Lasst uns die letzte Etappe in Angriff nehmen. Irgendwann muss ich mich ja der Zukunft stellen, nicht wahr?“
Auch sie nickten und wir nahmen alle unsere Plätze in der Kutsche ein. Mir spukte der Gedanke im Kopf herum, den Weg zurückzufahren. Zurückzufahren bis zu maman Sofie. Ob es überhaupt jemandem auffallen würde, wenn ich nie in Pointe du Raz ankommen würde? Wenn ich einfach wie vom Erdboden verschluckt entschwinde? Aber es ging nicht. Ich war eine verheiratete Frau und hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wovon ich hätte leben sollen. Während dessen hatte ich gar nicht bemerkt, dass die Kutsche sich schon in Bewegung gesetzt hatte und so fuhr ich, allein mit meinen wirren Gedanken und dem Kribbeln im Bauch, meiner ungewissen Zukunft entgegen.
Nach einigen Stunden und einer kurzen Rast kamen wir gegen Mittag, viel zu früh meiner Meinung nach, in Pointe du Raz an. Wir fuhren durch den kleinen Ort und meine Neugier siegte. Ich sah die hübschen Häuser am Straßenrand, die kleinen Geschäfte mit Stoffen und Nippes, eine kleine Apotheke, eine Schneiderei, einen Bäckerladen, den Metzger. Für das täglich Benötigte war also gesorgt. Ich sog tief die salzige Luft ein, die vom Meer herüber wehte. So klar und rein. Hübsch war der Ort anzusehen, so ganz anders als Saarlouis. Dieser Ort wirkte so freundlich, ich sah all die Menschen dort draußen, die lächelten und
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