Damals im Dezember
über die Arbeit erzählt?«, fragte sie.
»Nicht viel. Er sagte, dass ich vor allem bei den Mahlzeiten helfen würde.«
»Genau«, bestätigte sie. »Tammy hat mir gesagt, dass Sie Harold kennengelernt haben.«
Ich nickte. »Den Hunnen.«
Sylvia runzelte die Brauen. »Ich mag nicht, wenn man ihn so nennt. Er ist kein schlechter Kerl. Er hat Pankreatitis und dadurch ständig Schmerzen. Schmerzen machen jeden unleidlich.«
»Ich wollte nicht beleidigend sein«, sagte ich.
»Ich glaube, noch schmerzhafter für ihn ist, dass sein Sohn ihn nicht besucht. Er wohnt nur ein paar Kilometer von hier entfernt. Ich kann einfach nicht begreifen, wie diese Leute ihre Eltern vernachlässigen. Sie werden es Weihnachten sehen. Manche Bewohner sitzen dann herum und warten auf eine Familie, die niemals kommt. Muss man nicht immer und unter allen Umständen seinen Vater und seine Mutter ehren?«
Ich sagte nichts, spürte aber ein stechendes Schuldgefühl.
»Jedenfalls befindet sich Harold in unserem Flügel, und darum werden Sie ihm helfen. Normalerweise bleibt er einfach in seinem Zimmer.«
»Die Bewohner können das selbst entscheiden?«
»Ja, sie können tun, was sie wollen. Sie sind erwachsen. Dies ist eine Einrichtung, in der die Rechte der Bewohner gelten. Wir respektieren ihre Wünsche. Und jetzt zur Arbeit. Wir haben vierundfünfzig Betten mit einer durchschnittlichen Belegungsquote von 70 Prozent.«
»Rund achtunddreißig Bewohner«, bemerkte ich.
»Ja«, bestätigte sie. »Demnach sind Sie gut im Rechnen. Tatsächlich haben wir momentan einundvierzig. Sie und ich haben den Westflügel mit zweiundzwanzig Bewohnern. Unsere Frühstückszeiten sind von 7.15 bis 8.15 Uhr, Mittagessen gibt es von 12.15 bis 13.15 Uhr und Abendbrot von 17.15 bis 18.15 Uhr. Gewöhnlich essen etwa zehn unserer Bewohner auf ihren Zimmern, die übrigen bringen wir in den Speisesaal. Die meisten müssen eine bestimmte Diät einhalten. Die Küche bekommt ihre Essensbestellungen. Ich zeige Ihnen, wie es funktioniert.«
Ich folgte ihr in den Speisesaal, dann in die Küche, wo drei Frauen mit Haarnetzen dabei waren, das Abendessen vorzubereiten. Als wir in der Küche waren, nahm Sylvia einen Zettel von der metallenen Speisezubereitungstheke.
»Die Küchenleiterin druckt für jeden Bewohner eine Liste aus und gibt sie der Küche, wo man dann die Speisen dieser Auflistung entsprechend zubereitet.
Nachdem Sie den einen Teil der Bewohner in den Speisesaal gebracht haben, servieren Sie denjenigen Essen, die in ihrem Zimmer geblieben sind. Es ist wichtig, dass Sie das jeweilige Essen mit der Liste vergleichen, um sicherzugehen, dass beides miteinander übereinstimmt.« Sie gab mir eine Liste, auf der die Namen der Bewohner und die Zimmernummern standen. »Wie Sie sehen, steht auf diesem Zettel auch, wohin das Essen gebracht werden soll.« Sie zeigte auf ein Feld auf der Liste, wo stand: SPEISESAAL T9. »Das bedeutet, dass dieser Bewohner im Speisesaal an Tisch neun isst. Hier rechts steht, welche Getränke sie trinken dürfen.«
»Was heißt Kostko?«
»Kostkonsistenz. Manche der Bewohner können normale Speisen nicht kauen, daher haben wir normales, weiches und püriertes Essen. Sagen wir mal, Sie würden mittags Schinken bekommen. Normal wäre so, wie Sie oder ich ihn zu uns nehmen würden. Weich hieße, dass er in winzige Stückchen gemahlen oder geschnitten werden würde. Püriert wäre …«
»Brei«, kam ich ihr zuvor.
»Genau. Wie Babynahrung.«
»Was bedeutet RZm?«
»Reduzierte Zuckermenge«, erklärte Sylvia. »Das bedeutet, dass sie Diabetes hat.«
»Um wie viel Uhr fangen wir an?«
»Wir beginnen zur vollen Stunde, die Bewohner in den Speisesaal zu bringen. Laut staatlicher Vorgaben dürfen Bewohner nicht mehr als eine halbe Stunde vorher reingebracht werden. Ich vermute, dass früher manche Einrichtungen ihre Bewohner ein paar Stunden vor ihren Mahlzeiten an ihren Tischen abgestellt haben. Das ist grausam, aber es sparte Personalkosten.
Nachdem Sie also die betreffenden Bewohner in den Speisesaal gebracht haben, versorgen Sie die Leute in den Zimmern mit Essen. Dann gehen Sie wieder in den Speisesaal und helfen mir bei der Versorgung der Bewohner. Nachdem sie gegessen und wir alle wieder zurück in ihre Zimmer gebracht haben, sammeln Sie das Geschirr in den Zimmern ein und bringen es in die Küche.«
»Haben Sie all das allein gemacht?«, fragte ich.
»Und die Medikation überwacht, die Bewohner gebadet und angezogen und
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