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Damals im Dezember

Damals im Dezember

Titel: Damals im Dezember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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Alkoholikern und nahm über ein Jahr lang gemeinsam mit mir daran teil. Er war da, bis ich stark genug war, für mich selbst zu sorgen. Ich stehe für immer in seiner Schuld.«
    »Wer war er?«, fragte ich.
    »Mein Vater.« Die Augen von Carlos füllten sich mit Tränen. »Selbst gute Menschen treffen zuweilen schlechte Entscheidungen. Jeder braucht manchmal Hilfe.«
    Ich sah ihn mit einem neuen Verständnis an. »Mein Vater ist auch so. Er hat sich stets um andere gekümmert. Und ich habe ihn dafür kritisiert, dass er sich zu sehr um andere sorgt. Immer wenn mein Vater eine wichtige Entscheidung gefällt hat, fragte er: ›Welche Auswirkungen wird das auf die Mitarbeiter haben?‹«
    »Was für ein Unternehmen betreibt dein Vater denn?«
    »Copyshops.«
    »Copyshops, ja? Ein paar Blocks weiter gibt es einen Copyshop von Crisp’s.« Plötzlich zog er die Verbindung. »Dein Nachname ist Crisp. Dein Vater ist doch nicht …«
    Ich nickte.
    »Heiliger Bimbam. Was hast du denn auf der Straße gemacht?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte ich. »Und ich kehre jetzt besser wieder an die Arbeit zurück. Harold wird wütend, wenn ich zu spät komme.«
    »Komm wieder bei mir vorbei, wenn du fertig bist«, sagte er. »Dann sprechen wir über die Werbung.«
    »Abgemacht, Amigo.«

Zweiunddreißigstes Kapitel
    Ich hatte die Chance bekommen, Carlos zu helfen. Es war ein wunderbares Gefühl für mich, zur Abwechslung mal der Gebende zu sein.
    Aus dem Tagebuch von Luke Crisp
    Nachdem ich den Bewohnern beim Essen geholfen und ihr Geschirr abgeräumt hatte, kehrte ich in Carlos’ Büro zurück, um mit ihm über Marketingideen zu sprechen.
    »Wir haben einen Leerstand von 30 Prozent«, sagte er. »Der nationale Durchschnitt liegt bei 13 Prozent. Irgendwas mache ich falsch.«
    »Wie stark ist denn der Konkurrenzkampf im Pflegegeschäft?«
    »Mörderisch«, erwiderte er und fuhr sich mit einem Finger über die Kehle. »Mörderisch.«
    »Welche Werbemaßnahmen hast du derzeit laufen?«
    »Ich schalte in einigen Blättern für Ruheständler Anzeigen.«
    »Kann ich sie mal sehen?«
    »Klar.« Er ging zu einem Schrank und holte ein paar Magazine hervor. Alle Anzeigen von Golden Age darin waren mit Haftnotizzetteln markiert.
    Ich sah mir die Anzeigen an. Sie waren jämmerlich formuliert und amateurhaft gestaltet. Ich blätterte die Magazine durch. »Diese Hefte richten sich an wohlhabende Menschen.«
    »Ja.«
    »Gestatte mir eine Frage: Wenn das Golden Age ein Hotel wäre, hätte es dann fünf Sterne? Vier Sterne?«
    »So hab ich das nie betrachtet«, antwortete er. »Die meisten unserer Bewohner haben nicht viel Geld.«
    »Dann bist du auf der falschen Veranstaltung. Es ist, als würdest du versuchen, Leuten einen Hyundai zu verkaufen, die nur Rolls-Royce fahren. Hast du mal ’nen Block?«
    »Hier.« Er gab mir Papier und einen Kugelschreiber mit dem Namen des Zentrums. »Solche Werbung machen wir auch«, sagte er. »Wir haben diese Schreiber bedrucken lassen.«
    Ich drückte die Mine des Kugelschreibers nach unten. »Sag mir, warum jemand in deiner Einrichtung statt in der deines Konkurrenten wohnen sollte.«
    »Wir sind billiger als die meisten.«
    Ich schrieb das auf. »Noch was?«
    »Unser Personal ist nett. Wir haben nicht so viel Schnickschnack wie die teureren Einrichtungen, aber wir achten genau darauf, wen wir einstellen. Wir führen spezielle Persönlichkeitstests durch.«
    »Mit mir hast du das nicht gemacht.«
    »Ich habe es auf meine eigene Art getan.«
    »Also seid ihr günstiger und habt bessere Mitarbeiter. Wie hoch ist dein Werbeetat?«
    »Rund tausend Dollar pro Monat.«
    Ich dachte darüber nach und fragte dann: »Wie seid ihr an die jetzigen Bewohner gekommen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ich machte mir eine Notiz auf dem Block. »Wir müssen das herausfinden. Ich kann eine Umfrage für dich machen. Wer trifft normalerweise die letzte Entscheidung darüber, hier herzukommen – der Bewohner oder jemand anderes?«
    »Normalerweise die Familie des Bewohners – die erwachsenen Kinder.«
    »Die, wie ich vermute, zwar das Beste für ihre Eltern wollen, aber – und das werden sie niemals zugeben – nicht bereit sind, so viel auszugeben, dass es ihr Erbe verschlingt. Wir sind da an einem wichtigen Punkt. In welchem Alter kommen deine Bewohner durchschnittlich hier rein?«
    »Ende siebzig.«
    »Dann sind ihre Kinder vermutlich Ende vierzig, Anfang fünfzig?«
    Er nickte.
    Ich dachte ein paar Minuten lang nach,

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