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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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frische, kühle Luft drang in das Zimmer. Es war vier Uhr morgens, noch war kein Verkehr. Mona genoss ein paar Augenblicke lang die Stille, dann machte sie das Fenster zu und ging wieder ins Bett.

30
    Donnerstag, 24. 7., 10.43 Uhr
    Die Exfrau des Arztes, den Berghammer für den Täter hielt, hieß Claudia Gianfranco. Sie war relativ groß, mindestens eins achtzig, und breitschultrig wie eine Leistungssportlerin. Sie hatte ein gebräuntes, für eine Frau recht kantiges Gesicht und einen geraden Blick: Mona musste zugeben, dass sie bestimmt kein Typ war, der sich wilde, fantastische Geschichten ausdachte, um sich wichtig zu machen. Vielleicht hatte Berghammer also tatsächlich Recht, was zur Folge hätte, dass Mona die Spur Helga Kayser und all ihre Erwägungen in diesem Zusammenhang vergessen konnte.
    Es war Donnerstag, der 24. Juli, Viertel vor elf Uhr morgens, Mona saß neben Berghammer und Fischer an Berghammers Schreibtisch, die Frau hatte davor Platz genommen. Sie wirkte weder nervös noch ängstlich, dafür in Maßen neugierig. Auch die Tatsache, dass dies bereits ihre zweite Vernehmung war, schien sie nicht aus der Ruhe zu bringen. Mona stellte sich als Leiterin der MK 1 vor und bat sie, ihre Geschichte ein weiteres Mal zu erzählen, da sie am Vortag nicht habe dabei sein können.
    »Das ist kein Problem«, sagte Claudia Gianfranco gelassen. Sie sprach reines Hochdeutsch mit einem leichten Schweizer Akzent. »Darf ich rauchen?«
    »Sicher«, sagte Mona und schob ihr einen Aschenbecher hin. Claudia Gianfranco zog ein silbernes Etui aus ihrer Handtasche, öffnete es und hielt es Mona hin. Verblüfft über diese höfliche Art, die man hier so gar nicht gewöhnt war, nahm Mona eine Zigarette heraus und ließ sich von der Frau Feuer geben.
    »Ihr Mann, ich meine, Ihr Exmann«, begann Mona.
    »Wir haben uns vor einem Jahr scheiden lassen«, unterbrach sie die Frau.
    »Ja. Wie ist es Ihrem Mann danach gegangen?«
    »Schlecht. Er wollte die Trennung nicht. Mir hat das sehr Leid für ihn getan, aber so ist das Leben, nicht wahr?« Claudia Gianfranco sah Mona mit einem Blick an, der die beiden anwesenden Männer auszuschließen schien. Mona lächelte unwillkürlich.
    »Wie schlecht?«, fragte sie weiter.
    »Na ja... So schlecht, dass er sich in Behandlung begeben musste.«
    »Sie meinen, dass er eine Therapie gemacht hat?«
    »Ja, das stimmt. Er fand, das sei nötig.«
    »Sie nicht?«
    »Ich halte davon gar nichts, um ehrlich zu sein. Ein Erwachsener muss in der Lage sein, seine Probleme selbst zu lösen. Ich meine, das macht ihn doch erst zu einem Erwachsenen.«
    »Das ist sicher Ansichtssache«, sagte Mona, erstaunt über diese dezidierte Äußerung.
    »Sicher«, sagte die Frau in einem Ton, als hätte sie diese Diskussion schon häufiger geführt und fände sie etwas langweilig.
    »War Fabian Plessen der erste Therapeut Ihres Mannes?«
    »Nein, der dritte. Die beiden ersten hat er zu Hause in Zürich aufgesucht. Ich glaube, er mochte das.«
    »Er mochte was?«
    »Na, in seiner Seele herumzustochern. Sich dauernd mit sich selbst zu beschäftigen und seinen kleinen Wehwehchen«, sagte die Frau lächelnd, und diesmal war ihre Verachtung keine Frage der Interpretation mehr. Eine kurze Pause trat ein.
    »Okay«, sagte Mona schließlich. »Mir wurde berichtet, dass Sie sich gestern bei der Mordkommission gemeldet haben.«
    »Ja, das stimmt. Ich habe mit einem Herrn...«
    »Fischer«, sagte Fischer mürrisch, garantiert beleidigt, weil sie sich an seinen Namen nicht erinnert hatte.
    »Richtig«, sagte die Frau, Fischers unfreundliche Art ignorierend. »Also ich habe mit Herrn Fischer gesprochen und ihm gesagt, dass ich meinen Mann verstorben in dieser Pension aufgefunden habe.«
    »Sie haben Ihren Mann tot aufgefunden, und dann gleich...«
    »Natürlich nicht«, unterbrach sie die Frau, diesmal ein Unterton von Ungeduld in ihrer Stimme. »Sie wissen doch selber wie das ist. Ich meine, es war natürlich furchtbar. Erst musste ich den Wirt verständigen, der rief dann bei der Polizei an und dann kamen diese Leute von der...«
    »Vom Dezernat für Todesermittlung«, half ihr Mona.
    »Ja, und ich musste dann das Zimmer verlassen und in ein leeres Nebenzimmer gehen und dort stundenlang auf einem Bett hocken, bis dann endlich einer von denen kam und mir diese Artikel unter die Nase hielt und mich fragte, ob ich eine Ahnung hätte, wieso mein Mann diese Artikel ausgeschnitten hätte, und dann sagte ich ihm, das ist gar nicht mehr

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