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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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Martinez. Flughäfen etc.«
    Wenn Martinez seine Frau umgebracht hatte, hatte er logischerweise auch Samuel Plessen umgebracht. Eine Nachahmertat schied aus, weil der Mord an Sonja Martinez erst heute bekannt geworden war. Dann wäre Martinez also nicht nur einmal, sondern zweimal heimlich hin- und zurückgeflogen, während alle Welt glaubte, er mache durchgehend Urlaub in Spanien. Im Prinzip absurd, dachte Mona.
    Aber sie hatte schon ganz andere Sachen erlebt.

20
    Mittwoch, 16. 7., 18.10 Uhr
    »Wir müssen reden«, sagte Mona zu Bauer, der sofort zusammenzuckte, als wüsste er genau, worum es ging, was ja wahrscheinlich auch der Fall war. Sie standen im Stau, die Hitze hatte kaum nachgelassen, und trotzdem war es zehnmal angenehmer, sich bei offenen Fenstern den Benzingestank um die Nase wehen zu lassen, als im Dezernat zu sitzen und das Gefühl zu haben, das wahre Leben finde anderswo statt.
    »Du weißt schon, worüber«, fuhr Mona fort. Sie hielt vor einer roten Ampel – alle Ampeln schienen pausenlos rot zu sein – und wandte sich Bauer zu. Sie erinnerte sich an ein ähnliches Gespräch mit ihm, das schon länger her war und ebenfalls im Auto stattgefunden hatte und bei dem Bauer in Tränen ausgebrochen war. Von Tränen hatte sie für heute genug, aber diese Unterhaltung ließ sich nicht verschieben. Wenn Bauer nicht sicherer und weniger empfindlich wurde, musste er versetzt werden.
    Bauer sah aus dem Fenster und antwortete nicht.
    »Patrick!«
    Widerwillig wandte er seinen Kopf in ihre Richtung.
    »Wir müssen uns unterhalten. Über dich.«
    »Ja«, sagte Bauer mit schlaffer Stimme. Aber sein Blick klebte jetzt förmlich auf ihrem Gesicht, als wollte er sich daran festhalten.
    »Patrick, du bist bei uns nicht glücklich. Stimmt das?« Die Ampel wurde grün, Mona sah nach vorne, legte den ersten Gang ein und hielt es aus, dass Bauer sie weiterhin mit geradezu beängstigender Intensität anstarrte. Sie fuhren ein paar Meter, bis sie wieder anhalten mussten.
    »Bin ich wohl«, sagte Patrick schließlich und wandte sich ab. »Ich find alles echt cool.« Er nickte, wie zur Bekräftigung, ein paar Mal vor sich hin. Es sah bemitleidenswert aus.
    »Ich glaub dir nicht. Ehrlich gesagt.«
    »Ist aber so. Ehrlich.«
    »Die anderen...«
    »Die sind okay! Alle!«
    Mona seufzte. »Das stimmt doch nicht, Patrick. Du wirst laufend verarscht. Du hast komische Spitznamen. Es funktioniert nicht richtig, euer – äh – Kontakt.« Langsam arbeiteten sie sich zum Mittleren Ring Richtung Autobahn vor. Vor acht Uhr würden sie nicht bei den Plessens ankommen, der Verkehr stadtauswärts war um diese Zeit mörderisch. Mona zündete sich eine Zigarette an, die achte. Bevor sie losgefahren waren, hatte sie zu Hause angerufen – also bei Anton, dem Mann, dessen vermutlich illegale Geschäfte ihre Karriere ruinieren könnten – und erfahren, dass Lukas mit einem Freund auf der Terrasse saß und beide eine Magnum-Portion Eis löffelten. Es gab also zurzeit keinen Grund, sich Sorgen zu machen, auch dann nicht, wenn es spät werden sollte. Es gab keinen Grund... Es gab keinen...
    »Welche Spitznamen?«, unterbrach Bauer gnadenlos ihre Gedankenspirale, die sie wieder einmal weit weg führte vom Hier und Jetzt. Seine Stimme klang anders als vorhin, höher, beinahe hysterisch.
    »Vergiss es. Ist nicht wichtig.« Warum hatte sie nicht den Mund gehalten? So etwas erzählte man jemandem einfach nicht.
    »Ich will es aber wissen.«
    »Darum geht’s nicht, Patrick.« Andererseits: Vielleicht erteilte ihm die Wahrheit einen heilsamen Schock. Vielleicht brauchte er diese Ohrfeige, um endlich alle Kräfte in sich zu mobilisieren.
    »Ich will es wissen. Sag’s mir! Was sagen die andern über mich?«
    Mona zögerte. Dann sagte sie es ihm. Patrick das Mädchen Bauer.
     
    Bauer schwieg den Rest der Fahrt über nach Gersting. Mona hätte gern gefragt, was ihm durch den Kopf ging, aber sie wusste, er würde nicht antworten. Jetzt nicht mehr, nachdem er vor ihr sein Gesicht verloren hatte. Denn genauso würde er es empfinden. Nicht als gut gemeintes Hilfsangebot, sondern als perfide Strafe. Aber möglicherweise war das sogar besser. Monas Erfahrung nach hassten es Männer, sich helfen zu lassen – vor allem dann, wenn die Hilfe von einer Frau kam. Nun kam es darauf an, wie er auf diese schwere Kränkung reagierte: mit Kampfgeist oder Selbstaufgabe. Nur eins kam nicht mehr in Frage, diese Tür hatte sie zugeschlagen: einfach so weiterzumachen wie

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