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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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bei einer Computerfirma.«
    »Weißt du, bei welcher?«
    Bauer blätterte in seinen Notizen. »Software Industries oder so ähnlich.«
    »Ruf da an und fahr hin. Rede mit Chef und Kollegen. Ich will wissen, was dieser Martinez für ein Typ ist.«
    »Okay.«
    »Hans, du bleibst hier. Wir vernehmen ihn gemeinsam.«
    Während Bauer den Raum verließ, zündete sich Mona eine Zigarette an, schon die vierte an diesem Tag, obwohl sie ihren Konsum eigentlich auf täglich sechs beschränken wollte. Fischer rauchte ebenfalls und starrte an ihr vorbei, wie immer wenn sie allein waren. Fischer redete nicht gern mit Frauen, hatte Mona mittlerweile herausgefunden, es sei denn, er versprach sich etwas davon: Sex oder Liebe oder beides. Andernfalls fand er einfach kein gemeinsames Thema. Es war nicht einmal böser Wille, es war eine besondere Form der Unfähigkeit, die ihn möglicherweise quälte, ihm möglicherweise aber auch gar nicht bewusst war. In seiner Gegenwart fühlte sich Mona manchmal wie seine Mutter (obwohl sie dafür viel zu jung war), deren renitenter Sohn bloß in Ruhe gelassen werden wollte. Vielleicht gab es ja für Fischer nur zwei Sorten von Frauen. Eine, von der er was wollte. Und eine, die was von ihm wollte, und schon deshalb in die Kategorie Nervensäge fiel.
    Da mit Fischer kein Gespräch möglich war, überlegte sich Mona, was sie Martinez eigentlich fragen wollte. In erster Linie ging es natürlich um die Verbindung Plessen – Plessens Sohn – Sonja Martinez. Wenn sie Glück hatte, war Robert Martinez das Bindeglied. Dann hatte er vielleicht einen Doppelmord begangen. Aus Motiven, die im Moment so völlig im Dunkeln lagen, dass man das Ganze eigentlich schon zu diesem Zeitpunkt ausschließen konnte.
    Sonja Martinez die Geliebte von Sam Plessen, der Mord ein Eifersuchtsdelikt ihres rasenden Mannes? Mona versuchte, der Idee irgendetwas abzugewinnen. Ohne Erfolg. Sie hatte Fotos von der lebenden Sonja Martinez gesehen. Eine nicht unattraktive Frau, aber trotzdem – die mit einem Sechzehnjährigen: niemals.
    »Wann kommt der eigentlich mal?«, bequemte sich Fischer, das Wort an sie zu richten.
    »Langweilst du dich?«, fragte Mona. Sie legte ihre Füße in den dünnen Turnschuhen auf den Tisch und zündete sich eine weitere Zigarette an. Etwas in ihr genoss die Situation: Fischer in einer seiner verhasstesten Lebenslagen. Allein mit einer Frau, von der er nichts wollte.

18
    Mittwoch, 16. 7., 15.25 Uhr
    Robert Martinez war zu Monas Überraschung blond und blauäugig. Wie Bauer gesagt hatte, sprach er fließend deutsch mit leichtem Akzent. Er wirkte verzweifelt und gebrochen. Nichts an seiner Aussage war widersprüchlich oder unglaubwürdig. Sie mussten die Vernehmung häufig unterbrechen, weil er weinte. Ja, natürlich hatte er einen Wohnungsschlüssel, aber keinen Hausschlüssel mehr, und niemand habe ihm aufgemacht. Daraufhin habe er sich vorgenommen, es am nächsten Abend, nach der Arbeit, noch einmal zu versuchen. Ja, er habe Sonja angerufen, aber der Anschluss sei gesperrt gewesen. Ja, er habe sich Sorgen gemacht. Ja, er habe Angst davor gehabt, was ihn in der Wohnung erwarten könnte. Ja, vielleicht sei das ein Grund gewesen, weshalb er es kein zweites Mal versucht habe, Sonja zu besuchen.
    Nein, er kenne Samuel Plessen nicht und seinen Vater nur aus den Erzählungen Sonjas, die bei ihm dieses verhängnisvolle Seminar absolviert habe. Nein, er hasse Plessen deswegen nicht, es sei doch nicht dessen Schuld gewesen, und er habe ihn doch überhaupt nicht gekannt. Nein, er habe auch Sonja nicht gehasst, sie habe ihm im Gegenteil viel bedeutet, aber er habe einfach nicht mehr mit ihr zusammenleben können.
    »Warum nicht?«, fragte Mona. Es war mittlerweile vier Uhr, furchtbar heiß, und sie hatte nun doch das getan, was man landläufig durchlüften nannte, was aber in dieser Gegend einen völlig anderen Namen verdiente. Nun stank es in ihrem Büro nicht mehr nur nach Rauch, sondern auch nach geschmolzenem Teer und Abgasen. Martinez schien nichts davon wahrzunehmen. Seine Augen waren geschwollen, sein Gesicht grau unter der an der Costa Blanca erworbenen Sonnenbräune.
    »Warum konnten Sie nicht mehr mit ihr leben?«, fragte Mona ein zweites Mal.
    »Es ging nicht mehr.«
    »Warum?«
    »Sie hat... mich fertig gemacht. Mich und Sara.«
    »Sara ist Ihre Tochter?«
    »Ja«. Martinez lächelte und schien plötzlich ein anderer Mensch zu sein. Dann fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht und begann wieder leise

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