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Damals warst du still

Titel: Damals warst du still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa von Bernuth
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bestimmt kein alter Mann.
    Warum denn eigentlich nicht? Es war doch keine kräftezehrende Leistung, jemandem eine Heroinspritze zu verpassen, wenn das Opfer sich nicht einmal wehrte. Das konnte doch jeder, selbst ein alter Mann, selbst ein kleines Mädchen.
    Aber sechzig Jahre später? Wer tat das schon? Und warum gerade jetzt?
    Vielleicht war etwas passiert, das den Mörder aus der Reserve gelockt hatte.
    Aber was könnte das gewesen sein?
    Mona griff nach ihrem Telefon und rief Berghammer an, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, was sie ihm sagen sollte. Aber das machte nichts, denn Berghammer ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. »Tolle Neuigkeiten«, rief er in Monas Ohr.
    »Was?«
    »Wir haben ihn.«
    »Was? Wen?«
    »Mona. Den Täter. Wir haben ihn – also sagen wir, ziemlich sicher.«
    Mona hätte am liebsten den Hörer in die Zimmerecke geworfen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Sie unternahm einen anstrengenden Trip ins Nirgendwo, ließ sich von einer alten Frau an der Nase herumführen (denn so empfand Mona es mittlerweile), und zu Hause passierten die wesentlichen Dinge.
    »Wer ist es?«, fragte sie mit schwacher Stimme.
    »Ein Arzt. Klinikarzt. Er ist Schweizer und hatte Zugang zu Heroin als verschreibungspflichtigem Mittel für Schwerstabhängige.«
    »Ja und?«
    »Er war früher Patient – Klient – von Plessen. Er hat sich gestern mit Heroin umgebracht und sich vorher eine Message auf den Arm geritzt. Seine Exfrau hat ihn gefunden. In einer Pension hier in der Stadt. Sie hat uns benachrichtigt.«
    »Also...«
    »Kein Mensch weiß, was er hier wollte. Er war in der Pension eingecheckt, die ganze Zeit, während die Morde passierten. Die ganze Zeit. Er war immer hier. Alibis Fehlanzeige. Und: Der hat sich jeden Artikel zum Fall ausgeschnitten. Lagen alle in seinem Zimmer, abgeheftet in einem Ordner.«
    »Was steht auf seinem Arm?«
    » Kann nicht mehr . Fein säuberlich mit einem scharfen Messer eingeritzt.«
    »Wie bei den Opfern?«
    »Fast. Die Buchstaben auf den Opfern waren größer. Aber gut, bei sich selbst kann man das eben nicht so praktizieren.«
    »Martin. Hast du nicht daran gedacht, dass er das Tatmuster nur nachgeahmt haben könnte? Ich meine, die ganzen Artikel...«
    »Ja, ja. Theoretisch ist das möglich, und wir haben die Ermittlungen auch noch nicht eingestellt. Aber ich denke, er ist es.«
    »Martin...«
    »Ja?«
    »Hast du… den Termin mit Plessen abgesagt? Den um neun?«
    »Ja, sicher, Mona. Das hier ist jetzt wichtiger. Wir können diesen Plessen immer noch vorladen.«
    »Sicher.«
    »Komm nach Hause, Mona. Wann geht dein Flug?«
    »Um acht.« Der Gedanke, wieder in den Helikopter zu steigen, verursachte ihr jetzt schon Übelkeit. Als sie aufgelegt hatte, klingelte ihr Handy in der Tasche. Sie sah auf das Display: eine unbekannte Mobilnummer
    »Seiler«, sagte sie müde.
    »David Gerulaitis. Störe ich Sie gerade?«
    Etwas an seiner Stimme alarmierte sie. »Nein, nein gar nicht. Ich wollte Sie selber gerade anrufen.«
    »Ja.«
    »David – äh – Herr Gerulaitis. Was ist passiert?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Sie wissen was nicht?«
    »Könnten Sie...«
    »Ja?«
    »Könnten wir uns vielleicht treffen? Jetzt gleich irgendwo? Ich bin etwas..., also...«
    »Ich bin leider nicht in der Stadt. Können wir nicht jetzt reden, und Sie sagen mir einfach, was los ist?« Seine Stimme. Sie klang so... verwirrt. Als wäre er nicht mehr ganz bei sich. »Bitte, Herr Gerulaitis. Wir können jetzt reden, ich hab Zeit.«
    »Ich habe... keine Neuigkeiten. In dem Sinn.«
    »Aber etwas ist vorgefallen, das höre ich doch!«
    »Fabian Plessen. Er ist – ein Magier. Schwarze Magie.«
    »Was?«
    »Er holt alles aus den Leuten raus. Und dann lässt er sie fallen. Wie leere Hüllen.«
    Mona verstand. »Er hat Sie – äh – behandelt?«
    »Wenn man so will.«
    Mona schloss die Augen. Sie hatte Gerulaitis zwar gewarnt, aber letztlich war er ihr doch stabil und erfahren genug für diesen Job erschienen. Ein intelligenter junger Mann, der undercover bei der Drogenfahndung arbeitete und so cool und selbstbewusst auftrat, als könnte ihm niemand etwas anhaben: Was hatte Plessen mit ihm angestellt? Wut überkam sie. Dieser Mann war in einem Maße undurchsichtig, dass sie sich schon viel früher und viel intensiver mit seiner Person hätten beschäftigen müssen.
    »Ganz ruhig, Herr Gerulaitis. Wo sind Sie jetzt?«
    »Ich... In einem Lokal.«
    »Warum fahren Sie nicht nach Hause? Zu ihrer

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