Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
Leben eines arabischen Autors im deutschen Exil ist aber nicht nur wegen der Sprache kompliziert. Kaum hatte ich mich an der ersten Hürde der Sprache so recht und schlecht vorbeigemogelt, da türmte sich schon die nächste Hürde vor mir auf:
Das Leben als Ausländer
Beim Eintritt in ein fremdes Land bekommt ein Fremder einen für ihn unsichtbaren, doch für Einheimische faszinierenden Spiegel auf die Stirn geklebt, und so schauen sich alle, die an ihm vorbeigehen, ihre Gesichter in diesem Spiegel an, manche rücken die Haare zurecht und gehen ungerührt vorbei, andere sehen all das Hässliche an sich und hassen dafür den Spiegel samt Träger. Über die verschiedenen Aspekte des Lebens eines Fremden in Deutschland habe ich auch bereits geschrieben * und möchte aus den Ihnen und mir bekannten Gründen nichts wiederholen.
Nur ein gewisses Spezifikum, das ich noch nicht behandelt habe: Solange ich in Syrien gelebt habe, war ich ein Mitglied der christlichen Minderheit, und wenn einer den Islam angegriffen hat, hat mich das kaum interessiert, denn es waren viele, die ihm eine Antwort gaben, aber hier fühle ich mich angegriffen, wenn das Fernsehen rassistische Filme gegen den Orient und vor allem den Islam ausstrahlt und wenn jederdrittklassige Schreiberling sich gegen den Islam versucht. Er rechnet weder mit Strafe noch mit Verteidigern, und das ist es, was mich müde macht. Wollte ich all den Schwachsinn beantworten, der täglich produziert wird, so käme ich zu nichts anderem mehr. Also lasse ich es und beruhige meine Magenkrämpfe mit der Hoffnung, dass die für ihre Sensibilität berühmten deutschen Humanisten irgendwann einmal auch noch aufwachen und erkennen, dass der Hass gegen den Islam der Zwillingsbruder des Antisemitismus ist.
Mein Leben im Exil ist aber auch voller Überraschungen, und die angenehmste darunter ist die Freundschaft zu einigen Menschen, die mir seit über zwanzig Jahren zur Seite stehen.
Und hatte ich lange Misserfolg für eine lästige Hürde gehalten, so stellte sich mir der unerwartet große Erfolg als fast lebensgefährliche Hürde in den Weg.
Am Anfang meines literarischen Weges in Deutschland fragten mich Lektoren und Verleger, wenn sie meine Märchen überflogen hatten: »Wer soll denn so etwas lesen?«
Ich fing mit meinen gewaltigen Erzähltourneen an, und zu Anfang saßen vielleicht fünf Zuhörer da. Später bis zu fünfhundert.
Als die Märchen über Nacht Erfolg hatten und ihre Lesergemeinde bildeten, wollte mein Verleger nur noch Märchen. Ich bot ihm den Roman Eine Hand voller Sterne an, doch er winkte ab. »Zu spröde«, sagte er, ich solle den Roman in Form von Märchen aufbauen und keine Angst vor Wiederholung haben. Leser und Buchhändler vertragen das. Und er ermunterte mich mit Namen von Autoren, die das zehnte Buch mit demselben Thema und Schema machten.
»Ich darf mich nicht wiederholen«, antwortete ich und dachte an den Tod.
Eine Hand voller Sterne wurde zu einem Welterfolg. Baldfragten alle Freunde nach einem Nachfolger für Eine Hand voller Sterne, und ich sah den Tod.
Erzähler der Nacht wollte die Lektorin um die Hälfte kürzen, und ein Jugendlicher als Held sollte auch darin vorkommen. Sie war vernarrt in Eine Hand voller Sterne . Ich lehnte ab, nicht weil ich arrogant wurde, sondern weil ich nicht sterben wollte. Und nun schlug Erzähler der Nacht alle möglichen Rekorde und sicherte mich finanziell ab, doch bald wollte der Verleger einen Nachfolgeband. Ich versuchte zu erklären, dass ich weder für ihn noch für Jesus Christus eine Wiederholung machen würde.
Der ehrliche Lügner ist ein ziemlich einfaches Buch, das von Lüge und Wahrheit erzählt und eine Liebeserklärung an den Circus macht. Doch der Verleger war enttäuscht, dass es keine Fortsetzung von Erzähler der Nacht war, und wollte es dann mit Gewalt über den Umschlag zu einer solchen machen. Ich hatte fürchterliche Angst. Was, wenn der Tod beide Bücher nebeneinander sah und wütend meine Seele raubte, bevor ich ihm erklären konnte, dass das nur der Umschlag war. Deshalb widerstand ich vehement und drohte mit dem Zurückziehen des Manuskripts. Der Verlag gab nach, und das Buch erschien mit einem anderen Einband. Danach gab es nur noch Misstrauen auf beiden Seiten, und ich verließ den Verlag.
»Alle Achtung, Junge«, rief mir der Tod bei der nächsten Begegnung auf einer Autobahn aus einem sich überschlagenden Auto entgegen, das wie ein Geschoss Funken sprühend auf dem
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