Damaskus im Herzen.. - und Deutschland im Blick
wissenschaftlichen Begriffe. In der Übersetzung, vor allem von technischen Begriffen, herrscht das absolute Chaos.
Der Bedeutung der Sprache im Arabischen steht eine Schwäche der Malerei gegenüber. Man versteckt sich gern hinter dem Bilderverbot des Islam und verheimlicht die Tatsache, dass die Araber auch vor dem Islam keine bedeutende Malerei oder Bildhauerei zustande gebracht haben, dafür eine der reichsten Sprachen. Keine andere Sprache hat ein solch verspieltes Verhältnis zu den Dingen der Welt wie die arabische, die fast 30 Synonyme für den Löwen, 40 für Wein, 90 für das Kamel und fast soviel für die Liebe erfunden hat. Allein das Wort Gott besitzt 99 Synonyme.
Aber ein schneller Vergleich mit der göttlichen Bildhauerei Griechenlands und Roms lässt die historischen Fundstücke arabischer Völker wie Erzeugnisse eines VHS-Kurses erscheinen. Die unendliche Weite, der äußerst langsame Farbwechsel ließen die Neigung zur Malerei schon vor dem Islam verkümmern. Der Islam lehnte die Malerei aus der philosophischen Überlegung heraus ab, dass es unmöglich sei, das Unendliche, das Göttliche, auch in allen seinen Geschöpfen, mit den endlichen Mitteln der Farbe und Gestaltung darzustellen, ohne sie herabzusetzen, zu beleidigen.
Doch selbst durch strengste Verbote konnte der Islam vorhandene Neigungen und kulturell gewachsene Künste nicht austilgen. Persien war immer schon Zentrum des streng religiösen Schiismus, und trotzdem hat Persien der Welt die schönsten Miniaturen und Buchillustrationen geschenkt.
Und was hassten der Islam und sein Prophet Muhammad noch offener und direkter als die Dichtung? Eine große vernichtende Sure (Nr. 26) widmet der Koran den Dichtern und mahnt am Ende, die Dichter zu meiden, denn: »Die Dichter lügen und sagen, was sie nicht tun.« Keinen Beruf hat der Prophet Muhammad trotz der Verehrung des Wortes mehr verdammt als den des Dichters, und was hat das bewirkt? Die Araber haben in der islamischen Zeit Werke geschaffen, die zu den Dichtungen der Welt gehören. Ähnlich wie das Christentum hat der Islam eine zwiespältige Beziehung zur Sprache. Auf der einen Seite verehrte er die Schrift (Sure 96, al Alak ), und auf der anderen Seite warnte er vor ihren Verführern. Das war bei Paulus nicht anders: »Der Buchstabe tötet« (2. Brief an die Korinther 3,6).
Das Wort besaß also eine zentrale Stelle in der arabischen Kultur, die Araber pflegten auch seine künstlerische Gestaltung. Unter allen Völkern der Erde haben nur die Japaner eine ähnlich entwickelte Philosophie der Schriftkunst wie die Araber.
Die Kalligraphie zählte zu den angesehensten Künsten. Erst diente sie der Verbreitung von religiösen Sprüchen auf Moscheen und anderen Bauten, später verselbständigte sich diese Kunst und emanzipierte sich vom Zwang der Religion.
»Schrift« heißt auf Arabisch Chatt ; das Wort bedeutet zugleich Bartflaum, und beide werden verehrt. Sie ist kompliziert, weil jeder Buchstabe auf vier verschiedene Weisen geschrieben wird, je nachdem, ob er am Anfang, in der Mitte oder am Ende steht; die vierte Form hat ein Buchstabe, wenn er alleine steht. Arabisch wird gebunden geschrieben. Beit, geschrieben BIT , Haus, kann man bei richtiger Buchstabenfolge auf 64 Weisen schreiben, aber nur eine ist richtig. Beieinem Wort mit sechs Buchstaben sind das unzählige Möglichkeiten.
Aber die arabische Schrift wirkt allein durch ihre Form wie Musik für das Auge. Sie bietet Abstraktion, Ruhe, Eleganz, Rhythmus, Symmetrie, Reflexion und Wiederholung. Auch wirkt die Geometrie, die offensichtlich oder verborgen sein kann, beruhigend auf die Seele.
Das Buch
Das Wort Buch, arab. Kitab , stammt vom Verb Kataba , geschrieben ktb , ab. Die drei Buchstaben versammeln je nach Nuancen die Tätigkeit des Schreibens und die des Zusammenbindens.
Im Bewusstsein der Araber hat das Wort Buch seit Anfang der islamischen Zeitrechnung eine feste sakrale Bedeutung und bezeichnet den Koran. Die anderen Religionen wurden vom Islam in zwei Kategorien eingeteilt: diejenigen, die eine heilige Schrift, Ahl al Kitab , besitzen, also Juden und Christen, die allein dadurch weit höher standen als jene Religionen, die kein Buch besaßen.
Um die heutige Lage des arabischen Buchs und der arabischen Autoren zu verstehen, muss man die Anfänge der mündlichen Dichtung beachten. Und die liegen in Arabien lange vor der Erfindung der Schrift. Das Alphabet, das größte Geschenk der Mittelmeervölker an die
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