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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Schöttle
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Bränden, Unfällen oder auch Prominenten« an die Zeitung zu schicken, mit dem vielsagenden Zusatz »je schneller, desto besser«. Als Entlohnung winkten bis zu 1.000 Euro, falls es das Foto auf die Titelseite schaffen sollte.
    Vogel nahm der Zeternden die Zeitung aus der Hand und ging damit zum Fenster, wo bessere Lichtverhältnisse herrschten.
    »Da schau, das ist doch tatsächlich ein VW, den der Fiedler fährt. Wenigstens hat er Sinn für Qualität. Immerhin war es einst ein Österreicher gewesen, der den ersten Volkswagen konstruiert hat, wenn auch im Auftrag eines anderen Österreichers!«
    »Auf wann hast du denn den Fiedler vorgeladen, Mimi?«, fragte Walz sachlich, der Vogels politisch nicht ganz korrekte Auslassungen geflissentlich überging.
    »Heute um vier soll er kommen.«
    »Na, dann sollten wir doch als Erstes in der Redaktion dieses Blättchens anrufen.«
    Sanft nahm er seinem Kollegen die Zeitung aus der Hand, der gerade im Begriff war, sich darin festzulesen.
    »Lass mich doch«, protestierte Vogel heftig, aber erfolglos, »so schlecht ist des gar nicht. Die Nackerte auf Seite drei … Für den Arsch braucht die eigentlich einen Waffenschein …«
    Nach einem kurzen Blick auf das wahrlich knackige Hinterteil der posierenden Schönen, blätterte Walz rasch weiter, bis er das Foto des Anstoßes fand.
    »Da steht kein Name des Fotokünstlers …, aber vielleicht haben die den nur vergessen. Schließlich sieht es jeder gern, wenn er in der Zeitung steht.«
    Entschlossen griff Vogel zum Telefon.
    Nachdem er einige Warteschleifen durchlitten hatte, wurde ihm mitgeteilt, dass der Chefredakteur leider derzeit nicht zu sprechen sei, später aber gerne zurückrufen würde.
    »In einem solchen Falle, o du mein Walz, sagt uns die Erfahrung, dass es am besten ist, dort selbst vorzusprechen, zumal sich die Redaktion ja in unserer unmittelbaren Nähe befindet. Wenn schon der Chef nicht da ist, gibt es dort doch sicherlich auch ein paar Unterläufer, die uns den Namen des Urhebers mitteilen können. Der kann uns dann sicherlich sagen, ob er gesehen hat, wie der Fiedler unsere Mimi zum Unfall eingeladen hat.«
    »Wie Du siehst, liebe Mimi, liegt uns dein Wohl so sehr am Herzen, dass wir sofort unsere geliebte Routinearbeit hintanstellen, wenn wir dieses gefährdet sehen.«
    Liebevoll tätschelte Walz der dankbar lächelnden Sekretärin zum Abschied eine ihrer feisten Wangen.
     
    Schon nach wenigen Minuten waren sie vor einem hässlichen Zweckbau aus den späten Siebzigerjahren angekommen, in dem die Redaktionsräume untergebracht waren.
    Immerhin war der Portier, ein gleichgültig wirkender Mann jüngeren Alters, der bei ihrer Ankunft von einem Buch aufsah und sich damit als ein Opfer der verfehlten Bildungspolitik darstellte, von ihren Dienstausweisen so beeindruckt, dass er sie sofort einließ.
    Auf die Frage nach der Lage der Chefredaktion, beschied er sie kurz, dass diese sich im dritten Stock befände, um sich sogleich wieder seiner Lektüre zuzuwenden.
    »Hast du gesehen, was der gelesen hat?«, fragte der sichtlich beeindruckte Walz seinen Begleiter, als sie vor dem Aufzug standen. »Ein literaturwissenschaftliches Buch über Doderer.«
    Verständnislos schaute ihn Vogel an.
    »Und was hat er von seiner Belesenheit? Sitzt in der Portierloge von einem Blatt, mit dem sich der Doderer wahrscheinlich nicht einmal seinen literarischen Hintern ausgewischt hätte … Das wäre wohl auch dein Schicksal gewesen, wenn du nicht deine wissenschaftliche Karriere zu Gunsten von etwas wirklich Nützlichem aufgegeben hättest.«
    »Immerhin könnten dir frisch gebackenem Hundebesitzer jetzt meine erworbenen Kenntnisse schon bald von Nutzen sein«, entgegnete Walz leicht säuerlich, der einst sein Studium der Veterinärmedizin wegen einer Allergie gegen Katzenhaare abgebrochen hatte. »Wenn man sich schon so etwas Empfindliches wie einen Windhund anschaffen muss, sollte man darauf bedacht sein, sich gut mit Tierärzten zu stellen.«
    Vogel war einer Entgegnung enthoben, da die beiden unterdessen in der Etage der Chefredaktion angekommen waren, wo sich zahlreiche Büroräume befanden, deren Türen allesamt offen standen.
    Etwas verloren wirkten sie schon, unsere beiden Kriminalisten, inmitten dieser regen Geschäftigkeit, die um sie herum herrschte.
    Es dauerte nicht lange, bis sich Vogel, der die Vorübereilenden eine Zeitlang einer genauen Musterung unterzogen hatte, entschlossen einer blonden Dame in den Weg stellte, die

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