Damian
Gehirnerschütterung. Möchtest Du, dass ich einen Arzt hole?“, fragt er ernsthaft besorgt. Rachel schaut ihn verwirrt an, scheint sich aber mit der Erklärung zufrieden zu geben.
„Nein. Ich denke eine Schmerztablette reicht aus“, erklärt sie noch etwas benommen und reibt sich erneut die Schläfen.
„Ich kümmere mich darum.“ Damian greift nach dem hoteleigenen Telefon und redet in seiner unnachahmlich gebieterischen Art mit dem Service. Keine fünf Minuten später klopft es an der Tür zur Suite. Damian nimmt das Tablett mit den Medikamenten, einer Karaffe frischen Wassers und einem Eisbeutel entgegen und bringt es zu Rachel ins Zimmer. Nachdem sie zwei Tablette geschluckt hat, legt sie sich zurück in die Kissen und schließt die Augen.
„Hast Du auch schon einmal so einen intensiven Traum gehabt, dass Du davon überzeugt warst, das alles wirklich erlebt zu haben?“, fragt sie Damian leise. Er schaut auf sie herab, voller Zärtlichkeit und Sorge.
„Nein, ich habe schon lange nicht mehr geträumt“, antwortet er ehrlich. Es muss Jahre, Jahrzehnte her sein, dass er geträumt hat. Er kann sich nicht mehr genau an den Inhalt des Traumes erinnern, aber er ist sich sicher, dass Sie eine Rolle darin gespielt hat. In seinem Leben gab es in den letzten Jahrzehnten nichts, das ihn so sehr beschäftigt hätte, dass sein Unterbewusstsein es im Traum hätte verarbeiten müssen. Seinen ersten Traum nach so langer Zeit handelte vor nur ein paar Tagen von Rachel.
Rachel stöhnt kurz auf und Damian nimmt sofort den Eisbeutel und hält ihn ihr vorsichtig gegen die offensichtlich schmerzende Beule an ihrem Hinterkopf. Sterbliche sind so leicht verwundbar!
„Schlaf noch ein wenig. Wenn Du wieder aufwachst geht es Dir bestimmt besser“, flüstert Damian leise und küsst sacht ihre Stirn. Rachel hält die Augen weiter fest verschlossen und gibt nur ein müdes Mmmhh von sich. Damian bleibt bei ihr und betrachtet sie. Er beobachtet, wie sich ihre Augen unter den Lidern bewegen, wie sie das ein oder andere Mal kurz aufstöhnt, aber nach etwa zehn Minuten schläft sie tief und fest, ihre Atemzüge sind ruhig und regelmäßig.
„Schlaf mein Engel und vergiss, was Du gesehen hast“, flüstert er leise, als er ihr Zimmer verlässt.
Der sich langsam dem Ende zu neigende Tag taucht die Suite in ein Farbenmeer roter und oranger Töne. Damian sitzt am Schreibtisch, hat die Rollläden an dieser Seite der Suite herab gelassen und arbeitet am Computer. Er hat die Ereignisse der vergangenen Stunden noch einmal Revue passieren lassen. Khaled ist entkommen. Er wird seinem Schöpfer und Meister Aman das Scheitern seiner Mission mitteilen müssen. Damian und Rachel leben. Und Damian ist gewarnt. Er weiß, dass Aman hinter diesem feigen Anschlag steckt. Aber warum? Oder besser, warum jetzt? Kann es sein, dass Aman sich mit einem mächtigen Gegner gegen ihn verschworen hat? Hat er womöglich einen Pakt mit dem Orden geschlossen? Aber zu welchem Zweck? Khaleds Aufgabe war es Damian zu töten. Das wiederum würde heißen, dass der Teil des Ordens, der die Vampire endgültig vernichten will, die Oberhand gewonnen hat und bereits in Aktion tritt. Aber welchen Vorteil hätte Aman davon? Und was, verdammt, hat es mit dieser Phiole auf sich. Damian hat sich seit Stunden den Kopf zermartert, wie sein Blut in diese Phiole gekommen sein soll. Er kann sich nicht erinnern. Nun lebt er seit drei Jahrtausenden auf Erden und jetzt fehlen ihm vielleicht einige Minuten, an die er sich einfach nicht mehr erinnern kann. Es ist zum Verzweifeln. Damian schließt die Augen und lehnt sich zurück. Er versetzt sich zurück in die Zeit, in der er zu dem wurde, was er ist. Er denkt angestrengt nach, sucht nach Antworten und Hinweisen. Er versucht zu ergründen, was geschehen ist und welche Konsequenzen daraus resultieren.
Sie hat ihn gequält, gefoltert, gedemütigt, erniedrigt und vergewaltigt. Sie nahm ihm das Liebste auf der Welt: seine Frau und seine Kinder. Aber hat sie ihm auch sein Blut gestohlen? Und wenn ja, aus welchem Grund? Sie ist das ultimativ Böse, gewissenlos, kalt und unberechenbar. Aber Sie tut nie etwas ohne Grund. Sie ist eine manipulative, herrschsüchtige, machtgierige Ausgeburt der Hölle und wenn sie ihm das Blut abgenommen hat, dann zu einem ganz bestimmten Zweck. Wenn er nur wüsste wozu. Und wo war diese Phiole über die Jahrtausende versteckt? Damian öffnet die Augen, steht auf und geht zur Terrasse. Er blickt
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