Damian
Volk errichtet. Der Pharao sah sich also gezwungen dafür sorgen, dass es seinen Leuten gut ging, damit sie die anstrengenden Arbeiten zu seiner Zufriedenheit bis zur Fertigstellung auszuführen konnten.
Rachel kann es immer noch nicht fassen, dass sie tatsächlich hier ist. Schon immer wollte sie das Land der Pharaonen sehen und plötzlich wurde ihr diese Gelegenheit gegeben. Professor Rubins arbeitet seit Jahren an der Akademie für Altertumsforschung in Washington und ist beauftragt worden, die private Sammlung Cunninghams zu begutachten und die Artefakte zu katalogisieren, damit die Akademie über eine öffentliche Ausstellung in verschiedenen wissenschaftlichen Fakultäten entscheiden kann. Der Professor ist ein absoluter Fachmann auf dem Gebiet der Ägyptologie und obwohl er in seiner langen, wissenschaftlichen Tätigkeit schon einige private Sammlungen unter die Lupe genommen hat, erschienen ihm die von Cunningham beschriebenen Artefakte fast schon sensationell. Aber bevor ihr Gastgeber ihnen seine Schätze offenbart, will sich der Professor einen Überblick verschaffen über die Siedlung und vor allem die Gräber, aus denen ein Teil der gefundenen Gegenstände stammen soll. Es ist nicht das erste Mal, dass Rubins und Rachel zusammen arbeiten. Er schätzt ihre überaus zielstrebige und professionelle Arbeit als Fotografin, ihre Sensibilität für das Motiv und ihren Blick für das Wesentliche. Deswegen hat er keinen Augenblick gezögert, sie hierher mitzunehmen, als seine Assistentin. Kennengelernt haben sie sich nicht erst am College, als Rachel bei ihm einen Kurs in Ägyptologie belegte. Dort erkannte er ihre Gabe Hieroglyphen erstaunlich schnell zu verstehen und zu interpretieren. Er gab ihr sogar privaten Unterricht. Nach ihrem Abschluss am College blieben sie weiter in Kontakt. Sie arbeitet inzwischen für eine große Verlagsgesellschaft als Fotografin und Rubins hält neben seiner Arbeit an der Akademie zeitweise Vorlesungen an der Universität, an denen Rachel, wenn immer es ihre Zeit ermöglicht, gerne teilnimmt. Die beiden verbindet nicht nur eine tiefe gegenseitige Bewunderung, Achtung und Respekt, vor der Arbeit des anderen, sondern auch eine herzliche Freundschaft.
Rachel blinzelt gegen die grelle Sonne. Sie atmet die warme, trockene Wüstenluft tief ein. Das Gebiet, auf dem sich die Überreste der Siedlung und die Gräber befinden erstreckt sich auf mehrere Kilometer. Sie hat keine Ahnung, wo man da am besten anfängt.
„Rachel!“, hört sie plötzlich den Professor rufen, der in der Tür des Wohnwagens steht und ihr winkend zu verstehen gibt, zu ihm zu kommen. Es ist bereits Mittag und die Sonne brennt unbarmherzig heiß auf sie herab, als sie die wenigen Meter bis zum Wohnwagen zurücklegt. Sie erklimmt die zwei rostigen Stufen und klettert in das klapprige Gefährt. Die Luft hier drinnen ist heiß und stickig. Ein winziger, mit einem Kabel an die Decke geknoteter Ventilator bemüht sich tapfer die abgestandene Luft in Bewegung zu bringen. Professor Rubins breitet soeben die ersten Rollen Papier vor sich auf dem ausgeklappten Campingtisch aus. Rachel tritt näher heran, um sich ebenfalls einen Überblick zu verschaffen.
„Also, hier ist das Tal der Könige, hier Deir el-Medina und hier“, er deutet mit dem Zeigefinger auf einen unmarkierten Bereich, „befindet sich die Siedlung, die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde. Leider war die Entdeckung der Siedlung auch das einzige, was aufregend war.“ Rachel hebt den Kopf und sieht den Professor interessiert an.
„Aber ich denke, Cunningham hat genau aus dieser Siedlung und den angrenzenden Gräbern seine Sammlung zusammengestellt.“ Rubins zieht die Augenbrauen zusammen.
„Ja…“, antwortet er gedankenverloren, „und genau das macht mich auch so misstrauisch. Es ergibt keinen Sinn“, murmelt er, während er weiter auf das Papier vor ihm starrt. Rachel versteht nun überhaupt nichts mehr.
„Als die Siedlung und die Gräber vor sieben Jahren entdeckt wurden“, erläutert ihr der Professor, „da waren sie fast unversehrt. Ein Jubelschrei ging durch die wissenschaftliche Welt. Eine weitere Arbeitersiedlung und dazu auch noch Gräber. Man erhoffte sich, wie schon bei Deir el-Medina Fundstücke, die das damalige Leben der Menschen aufzeigten und insgeheim hoffte man natürlich auch auf Mumien in den Gräbern und vielleicht die ein oder andere kostbare Beigabe, die dem Verstorbenen den Weg in die Unterwelt erleichtert. Immerhin
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