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Damian

Damian

Titel: Damian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Caspary
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Schritte nach vorne. Sie schaut erneut auf die Einfahrt, versucht sich noch einmal zu vergewissern, dass es wirklich Cunningham war, aber die Einfahrt ist leer. Niemand ist mehr zu sehen. Was macht Cunningham wohl so spät noch draußen? Warum nimmt er nicht ein Auto, um in die Stadt zu fahren? Vielleicht macht er ja nur einen Spaziergang, redet sich Rachel ein,  als sie die Fenster schließt und sich auf das Bett setzt. Sie schüttelt den Kopf. Nein, das sah nicht wie ein gemütlicher Abendspaziergang aus. Es sah so aus, als müsse er dringend irgendwo hin, hätte eine wichtige  Verabredung, müsse noch etwas erledigen. Mit einem Seufzer steht Rachel auf: „Was machst du dir eigentlich für Gedanken um diesen Kerl?“ fragt sie sich selbst leise, bevor sie ins Bad geht, sich wäscht und die Zähne putzt. Warum interessiert es sie eigentlich, wo der Hausherr zu so später Stunde noch hingeht? Und warum in Gottes Namen hat sie versucht unentdeckt zu bleiben und sich wie ein törichter Teenager verhalten, als er sie bemerkte?
    Sie betrachtet ihr Spiegelbild und schüttelt den Kopf: „Dummes Huhn!“, schimpft sie sich selbst, trocknet sich die Hände und löscht das Licht im Bad. Als sie endlich im Bett liegt, geht ihr nochmal diese seltsame Berührung mit Cunningham durch den Kopf. Immer noch kann sie sich dieses seltsame Gefühl, das sie verspürte, nicht erklären. Mit einem tiefen Seufzer beschließt sie es auf sich beruhen zu lasen und fällt bald in einen traumlosen Schlaf.
     
     
    Die geschlossenen Fensterläden lassen kaum Licht in das Zimmer. So soll es auch sein, obwohl ihm die Sonne kaum noch etwas ausmacht. Durch einen winzigen Spalt schaut er hinunter. Rubins und seine Assistentin machen sich auf den Weg zur Ausgrabungsstelle. Sie werden nicht viel mehr vorfinden als ein paar leere Gräber. Sie verschwenden ihre Zeit, in dem sie glauben, dort irgendeine wichtige Entdeckung zu machen. Nur er weiß, welches Geheimnis diese Gräber oder besser dieses eine, bestimmte Grab in sich birgt. Aber er wird den Teufel tun etwas davon zu verraten. Inzwischen weiß er selbst nicht mehr genau, was ihn eigentlich dazu veranlasst hat, diese wahnwitzige Idee, die seit ein paar Jahren in seinem Kopf umher spukt, in die Tat umzusetzen: eine Ausstellung seiner privaten Schätze. In den letzten Tagen hat er sich oft gefragt, ob es nicht ein zu riskantes Unterfangen ist, all die wunderbaren Stücke der Öffentlichkeit preiszugeben. Sie sind von sehr privater Natur, gehören zu der Zeit, als er noch nicht das war, was er seit fast drei Jahrtausenden ist. Und dennoch ist es ihm ein Bedürfnis, all diese außergewöhnlichen Dinge längst vergangener Zeiten interessierten Menschen zugänglich zu machen. Tut er es vielleicht aus reiner Melancholie, weil er weiß, dass er stirbt? Will er seine Schätze in guten Händen wissen, wenn er längst zu Staub zerfallen ist? Ist es seine Pflicht als Ägypter, all die kostbaren Dinge der Nachwelt zu überlassen?
    Damian dreht sich weg vom Fenster und geht hinüber zu seinem Schreibtisch, um sich zu setzen. Seit so langer Zeit ist er auf der Suche nach Antworten. Was wäre wenn,…diese Frage hat er sich tausendfach gestellt. Was wäre, wenn er tatsächlich einen Hinweis darauf findet, warum er zu diesem verfluchten Leben verurteilt wurde. Aber jetzt nach dreitausend Jahren glaubt er nicht mehr daran jemals zu erfahren, warum er zu dem wurde, was er ist? Wird es jemals Antworten geben auf die Fragen, die ihn seit Jahrhunderten quälen? Jeder noch so kleine Hinweis, eine Scherbe mit einer Zeichnung oder ein Teil von einer Kartusche oder gar ein paar Hieroglyphen,…irgendetwas, jede winzige Kleinigkeit, die der Zeit zuzuordnen ist, in der er noch nicht verflucht war, könnte ihm helfen zu verstehen. Aber die Hoffnung auf dieses Wunder stirbt mit jedem weiteren Tag schneller. Er hat bereits aufgegeben zu hoffen. Die bittere Erkenntnis, dass er niemals wissen wird, warum er existiert, hat schon längst von ihm Besitz ergriffen. Wahrscheinlich war alles nur ein Zufall, eine unglückliche Fügung des Schicksals.
     Diese Frau, Rachel, hat ihn gestern Nacht gesehen. Er muss vorsichtiger sein, jetzt wo Gäste in seinem Haus wohnen. Aber er musste unbedingt hinunter ins Dorf. Es war wieder an der Zeit. Rachels Duft war zu verlockend! Er hört ihr Lachen, hell und klar. Warum konnte er sie nicht lesen? Es war, als würde er direkt in einen grauen Nebel schauen. Noch nie zuvor ist so etwas geschehen

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